Gewalt-Welle in Bus und Bahn! : Warum wird unser Nahverkehr nicht besser geschützt? 

In der Berliner U-Bahn passieren die meisten Gewalttaten. 2016 waren es 2167 Fälle. Sechs an jedem Tag!

In der Berliner U-Bahn passieren die meisten Gewalttaten. 2016 waren es 2167 Fälle. Sechs an jedem Tag! Und obwohl BVG und Polizei bessere Technik und viel Personal einsetzen, bleibt die Angst 

Foto: Timo Beurich
Von: H. BRUNS, M. WITTGE und A. LIER

Berlin – Rund drei Millionen Fahrgäste sind tagtäglich auf dem 2000 Kilometer langen Liniennetz der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) unterwegs. Laut Statistik der Berliner Polizei ist es 2016 zu 39 651 Straftaten gekommen. 3750 Fälle mehr als noch im Jahr zuvor!

DIE GEWALT-WELLE IN BUS UND BAHN. WARUM WIRD UNSER NAHVERKEHR NICHT BESSER GESCHÜTZT? 

„Inzwischen sind auch alle U-Bahnhöfe und Busse mit Überwachungskameras ausgestattet“, sagt BVG-Sprecherin Petra Reetz

„Inzwischen sind auch alle U-Bahnhöfe und Busse mit Überwachungskameras ausgestattet“, sagt BVG-Sprecherin Petra Reetz

Foto: Timo Beurich

Die Fakten: Seit Anfang vergangenen Jahres kontrollieren Doppelstreifen von BVG und Polizei die Bahnhöfe, zusätzlich sind 220 BVG-Sicherheitsmitarbeiter 24 Stunden am Tag im Einsatz. Der Schwerpunkt liegt bei der U-Bahn. Denn dort passieren die meisten Gewalttaten. 2016 waren es 2167 Fälle. Sechs an jedem Tag! „Inzwischen sind auch alle U-Bahnhöfe und Busse mit Überwachungskameras ausgestattet“, sagt BVG-Sprecherin Petra Reetz. In Trams sind es etwa 88 Prozent. Und: Die Qualität der Bilder ist besser geworden.

Trotzdem hören die Übergriffe nicht auf!

► Am 15. Oktober vergangenen Jahres schlagen drei Männer um 2.15 Uhr an der Haltestelle Binzstraße (Pankow) einen 20- und einen 21-Jährigen brutal zusammen. Beim Aussteigen aus dem Nachtbus der Linie N50 sind sie in Streit geraten. Ein Opfer erleidet einen Schädelbruch, dem anderen wird der Kiefer gebrochen. Seit Montag – mehr als drei Monate später – fahndet die Polizei endlich mit den Bildern aus der Überwachungskamera öffentlich nach den Tätern!

► Am vergangenen Samstag ist ein BVG-Mitarbeiter (49) in Hellersdorf das Opfer. Am U-Bahnhof Louis-Lewin-Straße greift ihn ein Mann an. Das Opfer erleidet schwere Kopf- und Augenverletzungen, wäre fast auf einem Auge erblindet. Mit den Bildern aus der Überwachungskamera wird nach dem Täter noch nicht gesucht! Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) verurteilte die Gewalt auf BVG-Angestellte am Dienstag. „Die zunehmende Brutalität macht mich fassungslos“, teilte sie mit. „Es kann nicht sein, dass diejenigen, die uns Tag und Nacht sicher durch die Stadt bringen, zur Zielscheibe von Gewalt werden. Der öffentliche Nahverkehr ist kein rechtsfreier Raum.“

An dieser U-Bahnstation wurde ein BVG-Mitarbeiter (49) angegriffen und schwer an Kopf und Augen verletzt 

An dieser U-Bahnstation wurde ein BVG-Mitarbeiter (49) angegriffen und schwer an Kopf und Augen verletzt 

Foto: Timo Beurich

► Am 1. November veröffentlicht die Polizei Videobilder, auf denen drei Jugendliche in der U2 einen 19-Jährigen zusammenschlagen. Erst einer der Täter ist gefasst.

6087-mal forderte die Polizei 2016 bei der BVG Überwachungsvideos an. Viele Berliner fühlen sich in Bussen und Bahnen trotzdem nicht mehr sicher. Die offizielle Polizei-Statistik für 2017 gibt es noch nicht. Nach BILD-Informationen soll die Gewalt dort im vergangenen Jahr wieder zurückgegangen sein. Die Angst allerdings nicht! Denn die Übergriffe werden immer brutaler.

„Auch auf den S-Bahnhöfen sind zivile und uniformierte Bundespolizisten unterwegs“, sagt Jens Schobranski, Sprecher der Bundespolizei. Auch die Haltestellen sind mit Überwachungskameras ausgestattet. „Belebung ist wichtig. Jede Streife hilft. Jeder Kiosk, der länger geöffnet ist. Jede ausgeleuchtete Ecke“, sagt Sicherheitsexperte Benedikt Lux (36, Grüne).

„Überwachungskameras erzeugen eine reine Scheinsicherheit. Es wichtiger und effektiver, mehr Personal und Polizei im ÖPNV einzusetzen“, sagt FDP-Innenexperte Marcel Luthe (40). Auch der SPD-Verkehrsexperte Sven Heinemann (39, SPD) fordert: „Mehr Personal auf den Bahnhöfen und noch mehr gemeinsame Streifen von Polizei und BVG-Sicherheitspersonal.“ 

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