Diesel-Debatte :
Bund schreibt neuen Grenzwert fest, um Fahrverbote zu vermeiden

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Die Luftreinhaltung ist ein Thema in deutschen Städten.
Diesel-Fahrverbote in deutschen Städten beuteln die Autofahrer. Die Regierung will ihnen jetzt helfen – indem sie einen höheren Grenzwert festschreibt. Ob sie das darf, ist umstritten.

Die Bundesregierung hat beschlossen, Diesel-Fahrverbote in Städten zu vermeiden, indem sie einen neuen und höheren Grenzwert festschreibt. Das Kabinett beschloss am Donnerstag eine Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes, wonach Fahrverbote in Städten mit einer Stickoxid-Belastung von unter 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft als unverhältnismäßig gelten. Die Änderung ist umstritten, weil der Wert um ein Viertel höher ist, als die von der EU festgelegte Grenze von 40 Mikrogramm.

Darüber hinaus sollen Fahrverbote weder für Autos der neuen Norm Euro 6, noch für solche mit einem Ausstoß unter 270 Milligramm Stickoxid pro Kilometer gelten. Der Umweltverband Deutsche Umwelthilfe (DUH), der Fahrverbote schon in mehreren Städten durchgesetzt hat, sprach von einem skandalösen und rechtswidrigen Vorhaben. Gerichte werde dies aber nicht von Fahrverboten abhalten, da die EU-Grenzwerte bindend seien. Zudem werde man ein neues Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland anstoßen.

„Ignoriert geltendes Recht“

Die DUH argumentiert, das Recht der Europäischen Union mit der 40-Mikrogramm-Schwelle sei eindeutig. Eine Änderung „ignoriert geltendes Recht und ist letztlich willkürlich“ schrieb die Organisation in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf. Das Vorhaben sollte eigentlich schon vergangene Woche im Kabinett beschlossen worden. Wegen Uneinigkeit zwischen Umwelt- und Verkehrsministerium über Einzelheiten der Regelung wurde es aber verschoben.

Mit der Gesetzesänderung setzt die Regierung auch weitere Beschlüsse des Koalitionsgipfels aus dem Oktober um. Die Spitzen von Union und SPD hatten beschlossen, etwa Behördenfahrzeuge und Lieferwagen mit Katalysatoren nachrüsten zu lassen. Zudem sollten Prämien der Hersteller Dieselfahrer zum Umstieg auf saubere Autos in Regionen mit besonders hoher Belastung bewegen. Dort soll eine Nachrüstung für bestimmte Autos ebenfalls möglich sein.

Volkswagen und Daimler haben auf Druck der Regierung dafür zuletzt zwar Hilfen bis zu 3000 Euro in Aussicht gestellt, BMW lehnt dies aber weiter ab, ebenso wie die ausländischen Hersteller. Zudem werden Nachrüstungen aufgrund von Zulassungsverfahren laut Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) erst ab 2021 möglich sein. Dann könnten die Grenzwerte aber in fast allen Städten wieder unter die kritische Marke gesunken sein.

Schon an diesem Donnerstag könnten aber weitere Fahrverbote verhängt werden. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entscheidet nach Klagen der DUH über ein Fahrverbot in Essen und Gelsenkirchen.