Wirtschaft in Gefahr : Alle wollen Trump gefallen
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So sieht sich Donald Trump gerne: Als Dealmaker zu Besuch in der Werkshalle Bild: AP
Kaum ist Donald Trump Präsident, biedern sich reihenweise Unternehmen bei ihm an. Das mag sie vor seinen Twitter-Tiraden schützen. Langfristig aber schadet es allen. Ein Kommentar.
Der Trump Tower war in den vergangenen Wochen eine Pilgerstätte für Top-Manager. Ein Vorstandsvorsitzender nach dem anderen ging durch die goldenen Fahrstuhltüren des New Yorker Wolkenkratzers, um Donald Trump seine Aufwartung zu machen. Manchmal kam der Hausherr hinterher selbst mit seinen Gästen hinab in die Lobby, strahlte in die dort stationierten Fernsehkameras und erzählte von den gerade ausgehandelten „Deals“ und den damit verbundenen Arbeitsplätzen.
Trumps Gesprächspartner machten bereitwillig gute Miene zum bösen Spiel und ließen ihn den Eindruck erwecken, diese Zusagen nur seinetwegen gemacht zu haben. Auch wenn es sich um Vorhaben handelte, die schon lange vor Trumps Wahl zum Präsidenten feststanden.
Es ist ein unwürdiges Spektakel. Seit der Wahl lassen sich reihenweise Unternehmen zu vermeintlich großen Ankündigungen hinreißen, um dem neuen Präsidenten zu gefallen. Trumps vorzugsweise über Twitter verbreitete Drohungen, Strafzölle auf in Mexiko produzierte Waren zu verhängen oder Regierungsaufträge zu stornieren, haben die Unternehmenswelt aufgescheucht, und nun jagt eine Nachricht die andere.
Alle wollen Trump gefallen
Der Autohersteller Ford gibt Pläne für ein Werk in Mexiko auf, die Handelskonzerne Wal-Mart und Amazon versprechen Abertausende von Arbeitsplätzen in Amerika, der Rüstungsspezialist Lockheed Martin sagt nicht nur neue Stellen zu, sondern auch niedrigere Kosten für ein Militärflugzeug. Auch ausländische Unternehmen wie die asiatischen Autohersteller Toyota und Hyundai oder die deutsche Bayer AG stellen Milliardeninvestitionen in Amerika in Aussicht.
Schlagzeilenträchtige Verlautbarungen, die ihn in ein gutes Licht rücken, sind Trump offensichtlich wichtiger als die weniger glamouröse Arbeit an einer Wirtschaftspolitik, die auf lange Sicht die besten Rahmenbedingungen für alle schafft. In gewisser Weise ist es Unternehmen nicht zu verübeln, wenn sie bei dieser traurigen Show mitmachen. Wer will schon von seinem Präsidenten öffentlich als Vaterlandsverräter hingestellt werden? Und eine vermeintlich unwirtschaftliche Entscheidung, Kapazitäten doch nicht nach Mexiko zu verlagern, kann sich unter dem Strich lohnen, wenn es hilft, Geschäfte mit der amerikanischen Regierung nicht zu gefährden.
Viele der Ankündigungen verlangen den Unternehmen zudem gar nicht so große Zugeständnisse ab, wie es auf den ersten Blick scheint. Ford zum Beispiel braucht das gestrichene Werk in Mexiko vielleicht ohnehin nicht, weil sich das Auto, das dort produziert werden sollte, nicht mehr so gut verkauft. Und die jetzt hinausposaunten Investitionszusagen gehen oft kaum oder gar nicht über Pläne hinaus, die Unternehmen schon vorher hatten.
Langfristig schadet die Schmeichelei allen
Das macht die Sache aber nicht besser. Wenn sich Unternehmen jetzt für Fototermine und irreführende Meldungen hergeben, lassen sie sich von Trump instrumentalisieren, die Öffentlichkeit zu täuschen. Sie nehmen es in Kauf, dass er ihre Zusagen als Ergebnis seines Verhandlungsgeschicks darstellt, auch wenn es nicht stimmt. Sie helfen ihm, Twitter-Interventionismus als erfolgreiche Wirtschaftspolitik erscheinen zu lassen.
Sie lassen sich vor den Karren eines Präsidenten spannen, der in seiner Antrittsrede ein Zeitalter des neuen Protektionismus ausgerufen hat, was für alle global agierenden Unternehmen katastrophal wäre, auch für amerikanische. Wer sich nun mit patriotischen Versprechungen bei Trump einschmeichelt, mag sich selbst unmittelbar einen Vorteil verschaffen, aber langfristig schadet es allen.
Mit seinen unberechenbaren Twitter-Attacken nach der Wahl erweckte Trump oft den Eindruck, dass auf manche Unternehmen und auf ganze Branchen harte Zeiten zukommen. Neben Autoherstellern, die er wegen ihrer Werke in Mexiko in die Zange nahm, griff er Pharma- und Rüstungskonzerne an und warf ihnen vor, überhöhte Preise zu verlangen.
Unternehmen sind keineswegs nur Trumps Opfer,
Zudem hat Trump Unternehmen mit seinen Positionen zu Einwanderung oder Klimawandel alarmiert. Andererseits weckt Trump Hoffnungen auf eine Steuerreform und Deregulierung. Es wird zum Beispiel vermutet, dass er einen gnädigeren Blick auf Großfusionen haben wird als sein Vorgänger Barack Obama. Das würde dem Bayer-Konzern helfen, der für seine geplante Übernahme des amerikanischen Wettbewerbers Monsanto noch die kartellrechtliche Genehmigung braucht.
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Auch Umweltvorschriften könnten unter Trump gelockert werden. Nachdem die amerikanische Umweltbehörde kürzlich dem Autohersteller Fiat Chrysler Abgasbetrügereien vorwarf, klang dessen Vorstandschef Sergio Marchionne auf einmal so, als könne er den Regierungswechsel kaum erwarten. Dabei hatte er sich noch wenige Tage vorher auf der Automesse in Detroit frustriert von Trumps Twitter-Tiraden gezeigt.
Unternehmen sind also keineswegs nur Trumps Opfer, es gibt für sie unter dem neuen Präsidenten auch einiges zu gewinnen. Aber das heißt nicht, dass sie sich mit fadenscheinigen Ankündigungen bei ihm anbiedern sollten, um ihn versöhnlich zu stimmen oder sich gar nicht erst seinen Zorn zuzuziehen. Denn damit machen sie sich zu seinem Komplizen.