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Kameraüberwachung im Auto: Sind Dashcams jetzt eigentlich erlaubt?
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Dashcam
dpa/Rene Ruprecht/Symbolbild Dashcams laufen während der Fahrt und können so Unfälle und Verkehrsverstöße dokumentieren.
  • FOCUS-online-Experte

Bei Armaturenbrett-Kameras steht ein Aufklärungsinteresse - zum Beispiel nach Unfällen - gegen den Schutz von Persönlichkeitsrechten. Noch fehlt eine gesetzliche Regelung. Was Autofahrer wissen müssen, wenn Sie eine Dashcam verwenden wollen.

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Viele Autofahrer überlegen, ob sie sich eine Armaturenbrett-Kamera kaufen sollten. Aber darf man diese überhaupt einsetzen - und wenn ja, wie? Beim deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar befasste sich ein eigener Arbeitskreis mit dem Thema Dashcam. Man kam dort zu folgenden Ergebnissen:

  • Die Video-Aufzeichnung von Verkehrsvorgängen mithilfe von Dashcams kann einen Beitrag zur Aufklärung von Unfallhergängen und Straftaten leisten, aber auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten führen.
  • Der Arbeitskreis beklagt, dass weder in Deutschland noch in den Nachbarländern eine klare Rechtslage zur Verwendung derartiger Kameras und zur Verwertung damit erzeugter Aufnahmen vor Gericht besteht.
  • Der Arbeitskreis empfiehlt daher eine gesetzliche Regelung, die auf der Basis des europäischen Datenschutzrechts möglichst ein einheitliches Schutzniveau innerhalb der EU gewährleistet. Dabei wurde schon ziemlich genau beschrieben, was eine Regelung enthalten müsste.

Wie könnte eine gesetzliche Regelung aussehen?

  1. Anstelle eines generellen Verbotes oder einer generellen Zulassung derartiger Aufzeichnungen ist ein sachgerechter Ausgleich zwischen Beweisinteresse und Persönlichkeitsrecht durch den Gesetzgeber geboten.
  2. Dieser Ausgleich könnte darin bestehen, dass die Aufzeichnung mittels derartiger Geräte dann zulässig ist, wenn die Aufzeichnung anlassbezogen, insbesondere bei einem (drohenden) Unfall, erfolgt oder bei ausbleibendem Anlass kurzfristig überschrieben wird.
  3. Die Verwertung von rechtswidrigen Dashcam-Aufnahmen im Gerichtsverfahren richtet sich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu den Beweisverwertungsverboten.
  4. Die Verfolgung von Verkehrsverstößen ohne schwerwiegende Gefährdung oder Folgen soll weiterhin nicht auf die Aufzeichnungen von Dashcams gestützt werden können.
  5. Der Missbrauch von Aufzeichnungen mit personenbezogenen Daten, z. B. eine Veröffentlichung im Internet, sollte mit Sanktionen bedroht werden. Ob und wann sich diese durchaus sinnvollen Empfehlungen in die Tat umsetzen lassen, vermag ich noch nicht zu beurteilen. Auf alle Fälle ist es ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung.
Eine „Dashcam“ filmt aus einem Auto
dpa/Wolfgang Kumm Eine sogenannte Dash-Cam, befestigt an der Windschutzschreibe.

Auch die Rechtsprechung macht Fortschritte. So hat beispielsweise das Landgericht Landshut am 1. Dezember 2015 einen Hinweisbeschluss erlassen, wonach Kameraaufnahmen im Rahmen eines Schadensersatzprozesses nach einem Verkehrsunfall verwendet werden dürfen. Das Landgericht geht davon aus, dass das Kunsturhebergesetzes (dieses schützt unter anderem das Recht am eigenen Bild) auf solche Fälle nicht anzuwenden ist.

Auch das Bundesdatenschutzgesetz wurde für unanwendbar erklärt - der Gesetzgeber habe hier fest installierte Kameras gemeint, die den Verkehr auf einer genau definierten Straße oder einem bestimmten Platz überwachen sollen.

Das Gericht hat sich auch mit der längst bekannten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach auseinandergesetzt und mitgeteilt, dort sei ein anderer Sachverhalt behandelt worden, da der damalige Kläger gezielt und systematisch Verkehrsraum überwacht habe um Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten zu erstatten.

Die Dashcam (dashboard = englisch für Armaturenbrett) filmt die Fahrzeugumgebung und zeichnet auch kurzzeitig auf
Automobil-Club Verkehr Die Dashcam (dashboard = englisch für Armaturenbrett) filmt die Fahrzeugumgebung und zeichnet auch kurzzeitig auf

Was sagen Gerichte zum Datenschutz?

Weiter argumentierte das Gericht: Selbst wenn das Bundesdatenschutzgesetz einschlägig sei, ziehe ein Verstoß hiergegen noch kein so genanntes “Beweisverwertungsverbot“ nach sich. Mit dem laufenden Filmen des Verkehrsgeschehens durch eine Onboard-Kamera sei kein gravierender Grundrechtseingriff verbunden. Das Filmen erfolge ohne bestimmte Absicht und wahllos. Gerade eine systematische Erfassung anderer Verkehrsteilnehmer (beispielsweise zur Erstellung von Bewegungsprofilen) finde nicht statt. Eventuell abgebildete Personen blieben völlig anonym.

Und: Ein Autofahrer müsse im übrigen immer damit rechnen, dass andere seine Fahrweise beobachten.

Filmaufnahmen von Unfällen

Sicherlich besäßen Filmaufnahmen nach einem Unfall eine gewisse Relevanz - es sei aber zu beachten, dass nach einem solchen Ereignis heutzutage ständig Fahrzeuge, Unfallspuren und umstehende Beteilige zwecks Beweissicherung fotografiert würden.

Das Landgericht ging auch auf die Frage ein, ob durch die zunehmende Datenerhebung seitens Privater eine Gefahr bestehe. Es führte aus, dass man dieser sicherlich nicht dadurch begegnen können, indem man in Zivilprozessen Videoaufnahmen von Dashcams ohne Rücksicht auf den Einzelfall nicht zur Kenntnis nehme. Würde man dies tun, bestünde nämlich die begründete Gefahr, dass Unfallopfer „auf ihrem Schaden sitzenblieben“.

Tendenz: Pro Dashcam-Einsatz

Auch müsse man berücksichtigen, dass das Interesse des Unfallverursachers in der Regel nur darin bestehe, das zu seinen Gunsten der streitige Unfallhergang nicht aufgeklärt werden könne - ein solches Interesse sei jedoch gerade nicht schützenswert!

Den Ausführungen kann ich mich nicht nur inhaltlich, sondern auch im Hinblick auf das, was Tag für Tag auf unseren Straßen passiert, anschließen. Ich teste gerade selbst eine Dashcam-App, an deren Entwicklung ich beteiligt bin, und werde berichten, ob sich diese im Straßenverkehr bewährt.

Über den Experten

Rechtsanwalt Michael Winter studierte in Tübingen Jura und ist seit 1989 auf verkehrsrechtlichem Gebiet tätig. Als Lehrbeauftragter an der dualen Hochschule Baden-Württemberg vermittelt er seine Erfahrung auch im wissenschaftlichen Bereich. Das von ihm gegründete Unternehmen “WHW Seminar & Service” bildete seit 2001 durch interaktive Seminare eine vierstellige Zahl von Verkehrsteilnehmern unter dem Firmenmotto: “Wissen Hilft Weiter“ in den Bereichen „Verkehrssicherheit und Verkehrsrecht“ weiter. Seit Beginn der Dieselskandale klagt Winter zudem zusammen mit seinen Kooperationspartnern gegen mehrere deutsche Automobilhersteller, darunter auch Volkswagen.Hier geht’s zur FOCUS-Online-Expertenwelt

Video: Neue Dashcam-App aus England

sola/opt/pxt
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