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Nach Daimler-Rückruf: Renault, Fiat und Co. dürfen weiterfahren: Der Diesel-Skandal ist kein deutsches Problem
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Das Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen hat Real-Abgasmessungen verschiedener Quellen ausgewertet (Kraftfahrt-Bundesamt / KBA, Auto Motor & Sport (AMS), ADAC und Deutsche Umwelthilfe (DUH). Ergebnis bei den Stickoxid-Werten: Deutsche Hersteller haben mit großem Abstand die saubersten Dieselmodelle im Programm
CAR Das Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen hat Real-Abgasmessungen verschiedener Quellen ausgewertet (Kraftfahrt-Bundesamt / KBA, Auto Motor & Sport (AMS), ADAC und Deutsche Umwelthilfe (DUH)). Ergebnis bei den Stickoxid-Werten: Deutsche Hersteller haben mit großem Abstand die saubersten Dieselmodelle im Programm
  • FOCUS-online-Redakteur (München)

Daimler muss über 700.000 Autos zurückrufen. Der Hersteller will sich gerichtlich dagegen wehren. Tatsächlich zeigen Zahlen aus dem Realverkehr: Es gibt dutzende Diesel-Sünder - nur werden die nicht belangt, auch nicht in ihrer Heimat. Ein Kommentar.

Das Statement war knapp, aber eindeutig: "Daimler bestätigt den Rückruf. Offene Rechtsfragen werden noch im Widerspruchsverfahren geklärt", so die offizielle Mitteilung aus Daimlers Konzernzentrale zum Rückruf von mehr als 700.000 Dieselfahrzeugen, den Verkehrsminister Scheuer gestern anordnete . Betroffen sind neben dem Transporter Vito nun auch die C-Klasse und Daimlers SUV-Verkaufsschlager GLC. Für die Marke Mercedes ist der Rückruf ein Desaster, der auch Konzernchef Dieter Zetsche in den Abgrund reißen könnte: Er hatte immer behauptet, bei Daimler würden keine Abgassysteme manipuliert. Nun hat er es schwarz auf weiß: Doch, werden sie.

Klar ist: Scheuer hatte gar keine andere Wahl. Seit dem Beginn des Abgas-Skandals muss sich die Bundesregierung immer wieder vorwerfen lassen, dass sie die Autohersteller mit Samthandschuhen anfasst. Denn genau das machte ja den Abgas-Skandal überhaupt erst möglich . Die Rückruf-Anordnung war das lang erwartete Signal, dass die deutschen Behörden nicht wieder - wie im VW-Skandal - erst auf neue Enthüllungen aus den USA warten, bis sie handeln.

Opposition fordert bundesweite Diesel-Fahrverbote

Natürlich geht der Opposition das alles nicht weit genug. Grünen-Chef Hofreiter forderte eine "andere Verkehrspolitik" mit Hardware-Nachrüstungen auf Kosten der Autoindustrie, die Einführung der "Blauen Plakette" (was gleichbedeutend ist mit einem bundesweiten Fahrverbot für Millionen Dieselautos, was die Grünen immer gerne verschweigen) und "Rückenwind" für den Öffentlichen Personennahverkehr. Zudem müsse Scheuer "sämtliche Manipulationen und sämtliche Absprachen zwischen Ministerium und Autoindustrie" veröffentlichen. "Die Mauscheleien müssen endlich ein Ende haben", sagte Hofreiter der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Zudem fordert die Opposition, der deutschen Autoindustrie endlich Milliarden-Strafzahlungen aufzubrummen.

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Im Abgas-Skandal kann es nur Verlierer geben

Das ist natürlich ihr gutes Recht. Der Abgas-Skandal ist längst zur Spielweise geworden, auf dem sich die Große Koalition intern bekriegt: Die SPD-geführten Ministerien pumpen Millionen an Fördermitteln in die "Deutsche Umwelthilfe" , die deutsche Städte mit Klagen überzieht, um die sogenannte Verkehrswende zu erzwingen. Das Ziel: Fahrverbote für nahezu alle Dieselfahrzeuge sowie Millionen Benziner. CDU und CSU dagegen wollen genau das verhindern und kämpfen um Arbeitsplätze in der Autoindustrie - laufen dabei aber stets Gefahr, sich von der Industrie mit eben diesen Druckmitteln am Nasenring durch die Manege führen zu lassen und weiter Mauscheleien zuzulassen. Scheuer versucht nun, in dieser ideologisch aufgeheizten Debatte einen Mittelweg zu finden, in dem alle Seiten wenigstens ein bisschen ihren Willen kriegen. Na dann: Viel Glück.

Dogma Klimaziele: Es ging immer um CO2-Reduzierung

Immer noch steht aber der eigentliche Elefant mitten im Raum: Beim Diesel-Skandal handelt es sich nicht um Verfehlungen einiger Hersteller, sondern um einen flächendeckenden Betrug, in dem kein Autohersteller eine wirklich weiße Weste vorweisen kann. Die Betriebsstrategie der Autohersteller wurde schon im Jahr 2005 (!) durch ein Gutachten des TÜV Nord beschrieben: "Ein Fahrzeug war mit einem Dieselmotor ausgerüstet. Bei diesem Fahrzeug waren die CO- und HC-Emissionen bei allen Zyklen nahe Null. Andererseits scheint die Strategie der NOx-Reduzierung auf den Prüfzyklus zur Typgenehmigung optimiert zu sein", hieß es dort zu einem Emissions-Feldtest.

Mit anderen Worten: Schon 10 Jahre vor dem Abgas-Skandal war klar, dass die Hersteller für den Prüfstand optimieren. Gestört hat es offenbar niemanden. Denn das wichtigste für die EU und ihre Klima-Ziele war immer: Den CO2-Ausstoß reduzieren - koste es, was es wolle. Da kam der Dieselmotor mit seiner besseren CO2-Bilanz gerade recht. Selbst bei den nun festgestellten Manipulationen der Daimler-Fahrzeuge war das übrigens der Knackpunkt. Im Zielkonflikt zwischen NOx auf der einen und CO2 und Verbrauch auf der anderen Seite entschied man sich für die CO2-Reduzierung - das ging aber nur durch Betrug . Genau das könnte übrigens durchaus ein Argument sein, mit dem Daimler vor Gericht punkten könnte - nach dem Motto: Alle haben es gemacht, alles wussten es - und jetzt stört es euch plötzlich?

Reale Abgasmessungen per Remote Sensing: Dieselfahrzeuge stoßen im Verkehr mehr Stickoxide aus als Benziner. Auffällig: Die größen Dreckschleudern kommen von japanischen, koreanischen und französischen Autobauern
FIA Foundation / ICCT Reale Abgasmessungen per Remote Sensing: Dieselfahrzeuge stoßen im Verkehr mehr Stickoxide aus als Benziner. Auffällig: Die größen "Dreckschleudern" kommen von japanischen, koreanischen und französischen Autobauern

Die größten Diesel-Dreckschleudern kamen nicht von deutschen Autobauern

Während Deutschland jetzt endlich in die Pötte kommt und mit der Aufklärung beginnt - Rückrufe bei Daimler, Ermittlungen gegen Audi-Chef Stadler - passierte in anderen Ländern: Nichts. Renault wurde offiziell des massiven Abgasbetrugs überführt - Strafen gab es keine, Fahrverbote schon gar nicht; die Diesel-Verbote in einigen Städten wie Paris waren als Teil eines Gesamtkonzepts schon lange geplant und haben keine wirkliche Verbindung zum Abgas-Skandal. Die Ermittlungen gegen Fiat-Chrysler in den USA sind einfach im Sande verlaufen, seit US-Präsident Trump die Spitze der Umweltbehörde EPA umbesetzt hat. Die noch unter Ex-Verkehrsminister Dobrindt an Italien geschickte Beschwerde über Fiat-Dieselmotoren wurde elegant beantwortet: Betrug? Bei uns doch nicht - ciao! Konsequenzen für Fiat im Heimatland: Keine.

Video: Kommentar zu Diesel-Nachrüstungen

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Welche Hersteller übrigens bei ihren Dieselmotoren (bis zur Abgnasnorm Euro 6c, also vor den verpflichtenden Real-Tests im Straßenverkehr) am meisten die Sau rauslassen, zeigte erst kürzlich eine umfassende Auswertung von Real-Emissionen, die das Forschungsinstitut ICCT mit mehreren Partnern durchführte :

  • Einen extrem hohen NOx-Ausstoß im Verhältnis zu den für die Zulassung ausreichenden Labor-Grenzwerten haben bei ihren Dieselmotoren die Hersteller Suzuki, Subaru, Renault-Nissan und Fiat-Chrysler.
  • Auch Mazda und - ausgerechnet - Saubermann Toyota schneiden bei Dieselmotoren eher mies ab.
  • Die - relativ betrachtet - saubersten Diesel-Fahrzeuge kann man dagegen den Marken BMW, VW und Land Rover sowie der PSA-Gruppe (Peugeot und Citroen) zuordnen.
  • Und Daimler? Schneidet bei den Grenzwert-Überschreitungen sogar noch etwas besser ab - oder sollten wir lieber sagen: weniger schlecht - als Volvo und Toyota.

Deutschland sperrt 800 Meter Straße für den Diesel

Die Aufklärung des Diesel-Skandals wäre also eigentlich keine nationale Aufgabe, sondern müsste auf EU-Ebene erfolgen - wenn nicht sogar weltweit. Offenbar hat sich aber in anderen Ländern die Erkenntnis durchgesetzt, dass es auch beim Thema Verkehr drängendere Probleme gibt als die Jagd nach dem letzten Mikrogramm Stickoxid .  Nur Deutschland gefällt sich in seinem ideologischen Kleinkrieg, erlässt Diesel-Fahrverbote für 800 Meter lange Straßenzüge und rechnet nach, ob es Sinn machen könnte, veraltete Dieselmotoren mit einem Milliarden-Aufwand auf eine neue Abgasnorm zu bringen ,  um vielleicht noch für ein paar Autos die von einem staatlich finanzierten Abmahnverein durchgepeitschten Diesel-Verbote zu verhindern. Gleichzeitig weigern sich hochbezahlte Top-Manager aus der Autoindustrie, Klartext zu reden und die Wahrheit auf den Tisch zu legen. Was für ein Armutszeugnis für alle Beteiligten.

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