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Skandal in Hessen: Stadt blamiert sich mit falschen Blitzer-Messungen
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  • FOCUS-online-Redakteur (München)

Schildbürgerstreich in Kassel: Die Stadtverwaltung blamierte sich mit „Bastel-Blitzern“ und sieht sich Manipulations-Vorwürfen ausgesetzt. Die geblitzten Autofahrer bleiben wohl trotzdem auf ihren Kosten sitzen.

Wer zu schnell fährt und geblitzt wird, der muss zahlen – wenn er sich nicht dagegen wehrt. Denn bei den Messungen gibt es zahlreiche Fehlerquellen. Die Verkehrsüberwacher, das sollte man als Autofahrer jedenfalls erwarten dürfen, sind deshalb um akkurate und wasserdichte Messungen bemüht. Was in der nordhessischen Stadt Kassel passiert ist, kann man allerdings nur als Schildbürgerstreich bezeichnen. Die Stadt blamiert sich seit Monaten mit „Bastel-Blitzern“. Die von einem externen Dienstleister aufgestellten und betriebenen fünf stationären Messegeräte sollen erhebliche Mängel aufweisen und falsche Messungen produziert haben. Selbst als die Probleme bekannt wurden, ließ die Stadt erst noch weiter blitzen.

Mittlerweile hat ein Kasseler Verkehrsrechtsanwalt Strafanzeige wegen des Verdachts auf gewerbsmäßigen Betrug gestellt. Die Anwaltskanzlei zeigte sich auf Anfrage von FOCUS-Online befremdet darüber, dass die Vorgänge zunächst nur intern vom Revisionsamt der Stadt geprüft würden. Eine Bestätigung für den Eingang der Strafanzeige habe man erst auf Nachfrage erhalten, was ebenfalls ungewöhnlich sei. Wie die Zeitung „HNA“ schreibt, hat die Staatsanwaltschaft nun den Bericht des Revisionsamtes eingefordert. Laut HNA stehen zudem weitere Vorwürfe im Raum. So sollen Messbeamte bei den Protokollen zur Aufstellung der Geräte getrickst haben. Dabei sollten die Beamten eigentlich überwachen, dass die beauftragte Blitzer-Firma ordnungsgemäß arbeitet. Die Firma wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Thema äußern.

Stadt muss „erhebliche Mängel“ einräumen


Die Stadt Kassel bemüht sich derweil um maximale Transparenz. „Bei der Überprüfung der Abläufe zur Einrichtung und zum Betrieb der fünf teilstationären Geschwindigkeitsmessanlagen in Kassel hatte das Revisionsamt der Stadt zum Teil erhebliche Mängel festgestellt“, musste die Verwaltung in einer Presseerklärung zugeben. Im Internet veröffentlichte sie eine Chronologie der Ereignisse und informiert nun einmal wöchentlich die Bürger über den Fortgang der Ermittlungen. 16 000 Messbilder wurden überprüft und erneut gesichtet, darunter auch 47 bislang bekannte Bilder mit Problemen bei der Dateneinblendung. Dabei wurden nach Informationen der Zeitschrift „AutoBild“ zum Beispiel die auf dem Protokoll abgeschnittenen Ziffern „0EE“ als „066“ gedeutet, also als Tempo 66 – dabei steht 0EE für eine annullierte, also unbrauchbare Messung. Die Ursache für fehlerhafte Dateneinblendungen sei „vermutlich ein Justierungsfehler in der Anlage“, heißt es bei der Stadt Kassel.

Zahlreichen geblitzten Autofahrern nützt die Aufdeckung des Skandals allerdings wenig. Für eine Rückzahlung von 260 000 Euro Verwarngeld sieht die Stadt nämlich keine Rechtsgrundlage. „Die Verwarngeldverfahren sind durch die Zustimmung der Kraftfahrer und Zahlung des Verwarngeldes rechtskräftig abgeschlossen. Würde die Stadt das Geld ohne Rechtsgrundlage zurückzahlen, würden sich die Entscheider, in diesem Fall Stadtverordnete, Magistrat und der Dezernent, der Gefahr einer Strafverfolgung wegen Untreue aussetzen“, so die Stadt. Mit anderen Worten: Wer bereits gezahlt hat, schaut wohl in die Röhre – ohne zu wissen, ob die Messung korrekt war oder nicht.

Führerscheinentzug trotz falscher Messungen?


Dabei geht es nicht nur um Geld, sondern bei einigen Fällen auch um den Führerschein. So hat die Kasseler Anwaltskanzlei erreicht, dass ein eigentlich schon abgeschlossener Fall jetzt wieder aufgerollt wird. „Unser Mandant soll erheblich zu schnell gefahren sein. Es gibt nun einen Termin für das Wiederaufnahmeverfahren“, heißt es aus der Kanzlei. Dabei könnten sowohl Kassels Bürgermeister Jürgen Kaiser als auch die mit den Messungen beauftragte Firma als Zeugen geladen werden. Es bleibt also weiter spannend in der nordhessischen Blitzer-Metropole.
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