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„Angst vor Armut“: Quelle-Erbin erntet Hohn und Spott
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dpa Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz

Mit dem larmoyanten Bekenntnis zu ihrer angespannten Finanzlage hat sich Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz keinen Gefallen getan: Die Republik reagiert mit bissigen Kommentaren und Spott auf die Verarmungsängste der 65-Jährigen.

Der Bayerische Rundfunk beispielsweise startete spontan eine Sammelaktion für die Ex-Milliardärin und schwenkte in ihrem Heimatort Hersbruck vor laufender Kamera die Spendenbüchse: Schickedanz fühle sich inzwischen missverstanden, zeige sich erschüttert über die öffentlichen Reaktionen auf ihr Interview mit der „Bild am Sonntag“ und lehne jede weitere Äußerung dazu ab, wie es am Dienstag aus ihrem Umfeld hieß.

„Bekäme nicht mal eine Rente“


Dabei hatten es die in dem Blatt abgedruckten Äußerungen an Eindeutigkeit nicht fehlen lassen: „Wir leben von 500 bis 600 Euro im Monat. Wir kaufen auch beim Discounter. Gemüse, Obst und Kräuter haben wir im Garten“, berichtete sie in dem Interview von ihren persönlichen Einschränkungen seit der Quelle-Insolvenz. Begründet hatte sie ihren angeblich bescheideneren Lebensstil damit, dass sie mit dem möglichen Aus für Quelle ihr ganzes Vermögen verlieren würde – „Häuser, Aktien, Beteiligungen an anderen Firmen. Ich bekäme mit meinen 65 Jahren nicht mal eine Rente“, klagte sie und versuchte damit, das Bild in der Öffentlichkeit von der superreichen Milliardärin zu korrigieren.

Der Oberbürgermeister der eng mit der Familie Quelle verbundenen Stadt Fürth, Thomas Jung (SPD), bestätigt nach einem Treffen mit Madeleine Schickedanz kurz nach der Quelle-Insolvenz: „Frau Schickedanz wirkt sehr angegriffen.“ Dass ein solcher finanzieller Absturz Existenzängste bei der Quelle-Erbin auslöse, könne er gut verstehen. „Den Hartz-IV-Vergleich finde ich aber etwas überzogen“, stellt das Stadtoberhaupt klar. Dennoch: Madeleine Schickedanz hat nach seinem Wissen kaum etwas privat zur Seite gelegt. „Sie ist zur Rettung ihres elterlichen Erbes voll ins Risiko gegangen und hat verloren.“

Beim Nürnberger Obdachlosen-Magazin „Straßenkreuzer“, das monatlich über die Überlebensstrategien von Hartz-IV-Empfängern berichtet, lösen die jüngsten Schickedanz-Äußerungen hingegen nur ratloses Kopfschütteln aus: „Als ich das gehört habe, musste ich erschrocken auflachen“, berichtet „Straßenkreuzer“-Chefredakteurin Ilse Weiß. „Ich erlebe jeden Tag, wie es Menschen mit einer Art Bauernschläue schaffen, mit einem Hartz-IV-Satz von 359 Euro auszukommen. Ich habe den Eindruck, Frau Schickedanz ist von der Situation solcher Menschen ganz weit weg“, stellt sie fest.

Ver.di-Bezirkschef reagiert sarkastisch


Mit einer Mischung aus Verärgerung und Sarkasmus reagierte der mittelfränkische Bezirksvorsitzende des Ver.di- Erwerbslosenausschusses, Werner Schäfer, auf die Zukunftsängste der Quelle-Erbin: „Ich habe schon überlegt, ob ich ihr einen Antrag auf Hartz IV zuschicken und eine Beratung beim Ausfüllen des komplizierten Formulars anbieten soll. Bei bis zu 16 Seiten könnte Frau Schickedanz schon Probleme haben.“

Ansonsten muss sich Schäfer, der auch die Aktionsgemeinschaft Nürnberger Arbeitsloser (ANA) leitet, bei dem Thema zur Sachlichkeit zwingen; zu sehr fühle er sich von der „Profitsucht“ von Madeleine Schickedanz persönlich betroffen. Als früherer Lagerist bei Karstadt-Quelle in Nürnberg habe er 2003 seinen Job verloren. „Und das Ganze nur, weil Frau Schickedanz und die Karstadt-Quelle-Manager eine Kapitalrendite von 20 Prozent angestrebt haben“, schimpft er. Für die Zukunftsängste der 65 Jahre alten Millionärin hat Schäfer kein Verständnis: „Ob man nun von drei Milliarden oder nur noch von 27 Millionen Euro leben muss, ist ja nun egal.“

Ausgesprochen zurückhaltend gibt sich hingegen der Quelle- Gesamtbetriebsratsvorsitzende Ernst Sindel. Schon aus Respekt vor der Quelle-Erbin möchte er sich eigentlich nicht zu der Diskussion über die „Milliarden-Klagen“ von Schickedanz äußern. „Ich weiß nur eins: Wenn sich Frau Schickedanz nicht im vergangenen Herbst finanziell engagiert hätte, hätte das Unternehmen den vergangenen Winter nicht überstanden“. Die Mitarbeiter scherten sich um die Äußerungen wenig. „Denen geht es jetzt darum, die Geschäftsprozesse aufrechtzuerhalten und die Quelle-Kunden zufriedenzustellen, damit es mit Quelle weitergeht“, betonte der Arbeitnehmervertreter.
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mbe/dpa
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