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Jeden Tag Toast: Wie mir das bayerische Ladenschlussgesetz das Leben erschwert
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  • FOCUS-online-Redakteurin
Dienstag, 12.07.2016, 17:13

Wenn ich von der Arbeit komme, habe ich Hunger. In Bayern ist das ein Problem, denn wenn ich abends vor dem Supermarkt stehe, lässt der mich meistens nicht mehr rein. Schuld ist ein Gesetz, das nirgendwo in Deutschland so streng greift wie hier.

Oh Bayern, wie machst du mir das Leben schwer! Ja, ich weiß, hier im Süden ticken die Uhren anders. Ja, ich weiß, Ruhe und Gelassenheit sind heilig. Ja, ich weiß, das gilt vor allem am Sonntag.

Trotzdem: Seit knapp einem halben Jahr wohne ich in München und ich muss sagen, eines macht mir das Leben hier gewaltig schwer. Mir und vielen anderen bleibt die tägliche Lebensmittel-Versorgung verwehrt.

Um halb acht eile ich aus dem Büro, stürme hungrig in die S-Bahn und erreiche den Supermarkt. Doch es ist zu spät, die Glas-Türen schließen sich langsam vor meinen Augen. Hier werde ich heute nicht mehr bedient. Wieder hat mir das Bayerische Ladenschlussgesetz einen Strich durch die Rechnung gemacht. Himme, Oarsch und Zwian - wieder nur Toast zur Brotzeit.

Toast, Toast, Toast

München will eine weltoffene Metropole sein. Bayern will Besucher freundlich empfangen und Zugereisten ein neues Zuhause sein. Doch was die flexiblen Öffnungszeiten angeht, stellt man sich im Südosten stur wie manch‘ eine oberbayerische Milchkuh. Nach 20 Uhr einkaufen gehen – dieser Wunsch ist fast so absurd wie der unmögliche Einfall, am Sonntag den Staubsauger anzuschmeißen.

"Verkaufsstellen (Ladengeschäfte aller Art sowie sonstige Verkaufsstände) müssen an Sonn- und Feiertagen und montags bis samstags bis 6.00 Uhr und ab 20.00 Uhr geschlossen sein." - In der Politik wurde über dieses eingestaubte Bundesgesetz von 2003 schon viel diskutiert. Obwohl die FDP eine Lockerung forderte, hielt die CSU Änderungen für nicht notwendig. Man kam zu dem Schluss, dass die zusätzliche Belastung für Arbeitnehmer und Familien nicht hinnehmbar sei. Doch was ist mit den Arbeitnehmern, die den ganzen Tag im Büro verbringen? Um 20 Uhr sind die Münchner S-Bahnen noch immer überfüllt, nicht wenige Menschen arbeiten nun mal länger als bis 17 Uhr. Sie müssen auf teure Lieferdienste oder Restaurants ausweichen. Oder eben auf Toast.

Ein Blick über die bayerischen Grenzen

Samstagabend 21.30 Uhr - Valencia: Wenn ich in Valencia oder Madrid abends einkaufen gehen will, empfangen mich die großen Supermärkte mit offenen Armen bzw. Türen. Und wenn ich nach 22 Uhr immer noch Hunger oder Durst habe, versorgen mich zahlreiche "Kioscos".

Sonntagnachmittag 13.40 Uhr - Scharbeutz Ostseestrand: Auch die Läden an der Lübecker Bucht stellen sich auf die Bedürfnisse ihrer Kunden ein. Wer vergessen hat, sich mit genügend Wasser, Fisch oder Gemüse einzudecken, kann sogar am Sonntag bis 17 Uhr alles nachkaufen.

Donnerstagnacht 0.20 Uhr – Berlin Mitte: Um kurz nach Mitternacht noch Lust auf ein kühles Helles? Ein Lernmarathon steht an und die Schokolade ist alle? Kein Problem: Der florierenden Späti-Kultur sei Dank, werde ich in Großstädten wie Berlin, Köln oder Hamburg tagein, tagaus von den Kioskbesitzern meines Vertrauens mit Krams versorgt.

Mehr Zeit, mehr Arbeit!

Eine Online-Petition, die sich 2015 an Oberbürgermeister Reiter richtete und flexible Öffnungszeiten in München forderte, erhielt etwa 12.600 Unterstützer. Gebracht hat das nichts. Bayern klammert sich als einziges Bundesland nach wie vor an das knallharte Gesetz.  

Meine Meinung: Jeder Ladenbesitzer sollte selbst entscheiden können, wann er seine Türen schließt und öffnet. Ohne das strenge Ladenschlussgesetz hätten auch kleinere Märkte und Kioske bessere Chancen, sich gegen die großen Ketten durchzusetzen. Sie könnten dann öffnen, wen die Filialen geschlossen bleiben. Und natürlich dürfen verlängerte Öffnungszeiten nicht auf Kosten der Mitarbeiter entstehen. Doch Schichtbetrieb gibt es schließlich auch in anderen Branchen. Und außerdem: Gegen neue Arbeitsplätze, die längere Öffnungszeiten mit sich bringen würden, dürfte doch niemand etwas einzuwenden haben, oder?

Ja, ich bin ich bereit, Kompromisse einzugehen. Bereits zwischen 1989 und 1996 gab es in Deutschland am Donnerstag den sogenannten "Dienstleistungsabend". Damals durften Geschäfte an diesem Tag zwei Stunden länger ihre Waren verkaufen. Geöffnet bis 22 Uhr – das wäre doch ein Anfang. Bitte liebe Bayern, überlegt es euch doch noch mal! Damit ich nicht schon wieder Toast essen muss.

Im Video: Wer steckt hinter den Kult-Tweets der Münchner Polizei?

mkr
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