„Im Juni sind Schneepflüge gefahren – das ist unvorstellbar“, sagt Feuerwehrkommandant Uwe Vogl. Am ersten Tag schlugen Hagelkörner so groß wie Golf- oder Tennisbälle alles zusammen. Am zweiten Tag kam das Wasser. „Die Straßen sind nur noch eine Flusslandschaft gewesen.“ 

Ganz Bayern wurde in den vergangenen zwei Wochen von einem schweren Gewitter nach dem anderen heimgesucht. In Neukirchen am Inn war es besonders schlimm, wie der Feuerwehrkommandant inFranken.de mitteilte. „Das war eine Unwetter-Lage, die haben wir hier so noch nie erlebt“, sagt Vogl, der nun schon seit 24 Jahren bei der Feuerwehr ist. Selbst über 90-jährige Mitbürger hätten sich nicht an solch ein Unwetter erinnern können. „Alles, was im Freien stand, war kaputt: sämtliche Autos, Dächer, Abdeckungen. Die hat es zusammengehauen, als seien sie mit Zeitungspapier abgedeckt worden.“

Ärger trotz enormem Einsatz der Feuerwehr

Trotz sommerlicher Temperaturen über 25 Grad seien die Hagelkörner an manchen Stellen bis zum nächsten Tag noch nicht geschmolzen. Sie verstopften gemeinsam mit abgefallen Ästen, Blättern und Dreck die Leitungen. Dann kam das nächste Unwetter und mit ihm sehr, sehr viel Wasser. Es sei nicht möglich gewesen, in dieser kurzen Zeit sämtliche Abflüsse und Durchlässe wieder freizumachen, sagt Vogl. Das Wasser lief in die Häuser und Keller.

Die freiwillige Feuerwehr rückte aus und pumpte Keller leer. „Man probiert schon alles, hat Tag und Nacht durchgearbeitet, man macht das bis zum Verlust sämtlicher Kräfte“, sagt Vogl. Ein Großteil der Bevölkerung äußere riesige Dankbarkeit. Trotzdem „muss man sich einiges anhören“, sagt Uwe Vogl. „Das tut weh, wenn man eh schon drei Tage nicht geschlafen hat.“

Das enorme freiwillige Engagement der Feuerwehr wird von manchen Menschen nicht gesehen. Sie rufen unter der 112 an und beschweren sich, „dass der Keller nur ausgepumpt wurde und nicht auf den letzten Wassertropfen ausgewischt“, berichtet Vogl.

Drei Tage nicht geschlafen

Die Feuerwehr sei nicht schnell genug, heiße es manchmal. „Wir haben in jedem Fahrzeug nur eine Pumpe und einen Sauger und eine begrenzte Anzahl an Fahrzeugen“, sagt Vogl. Wenn in einem Keller das Wasser 50 bis 60 Zentimeter stehe, in einem anderen Keller aber „nur“ zwei Zentimeter, dann habe der Keller mit mehr Wasser Priorität. Manche Leute forderten sogar, dass die Feuerwehr ihre privaten Parkplätze wasche oder die Terrassen säubere.  Das Argument: Sie hätten selbst keinen Gartenschlauch. „Es ist brutal. Dieses Anspruchsdenken der Leute wird immer mehr.“

Besonders frustrierend findet es Vogl, wenn die Eigentümer „auf ihrem Bankerl“ rumsitzen und der Feuerwehr bei der Arbeit zuschauen. Teils geschehe das auch mit belehrendem Ton. Der Feuerwehr werde erklärt, was alles falsch gemacht werde.  „Jeder Feuerwehrmann verliert seine Freude und sein Engagement bei sowas. Da fragt man sich schon: Warum tue ich mir das an?“

Die Freiwillige Feuerwehr sei vor allem dafür da, Gefahr für Leib und Leben für Menschen und Tiere abzuwenden. Sie leiste auch technische Hilfe, aber eben nicht, wenn es nur darum gehe, dass den Leuten ein Gartenschlauch fehle. Rückt die freiwillige Feuerwehr aus, muss ihr normaler Arbeitgeber auf sie verzichten. Das erfordert Verständnis des Arbeitgebers, zumal die Einsätze schwer einplanbar sind.

Fehlende Wertschätzung für Freiwillige Feuerwehr

Vogl sagt: „Ich denke, es ist nicht mal die fehlende Wertschätzung, sondern eher die Unwissenheit, wie das bei uns bei der Feuerwehr läuft. Wir haben keine Berufsfeuerwehr, wir sind alle ehrenamtlich und berufstätig. Aber das ist in manchen Köpfen nicht drin.“ 

Vorschaubild: © Ronald Rinklef