Ratgeber

Ohne Ticket in Bus und Bahn Zehn Fragen zum Schwarzfahren

Wer vergisst, den Fahrausweis zu entwerten, fährt schwarz.

Wer vergisst, den Fahrausweis zu entwerten, fährt schwarz.

(Foto: imago stock&people)

60 Euro erhöhtes Beförderungsentgelt werden fällig, wenn man sich beim Schwarzfahren erwischen lässt. Wie weit dürfen Kontrolleure gehen? Wann kann Schwarzfahren ins Gefängnis führen? Und darf man Menschen ohne Ticket mit dem eigenen Fahrschein "retten"?

Geübte Schwarzfahrer haben die Zusteigenden an jeder Station genau im Blick. Bauchtasche, ein mehr oder weniger gut verborgenes Dateneingabegerät, eher lässige Kleidung und meist zu zweit unterwegs – das sind die klassischen Merkmale, die bei ihnen Fluchtreflexe auslösen. Doch längst nicht jeder, der im öffentlichen Nahverkehr ohne Ticket erwischt wird, fährt absichtlich schwarz. Manchmal sind es auch nur Unwissenheit oder Schusseligkeit, die Fahrgäste in die Bredouille bringen. Wird das erhöhte Beförderungsentgelt von 60 Euro wirklich immer fällig? Darf man Personen, die man vorher nicht kannte, mit dem eigenen Gruppenticket "retten"? Die wichtigsten Fragen rund ums Schwarzfahren.

Werden immer alle Fahrgäste im Abteil kontrolliert?

Zwar kommt es gelegentlich zu anlassbezogenen Kontrollen, doch grundsätzlich sind vor dem Fahrausweisprüfer alle Fahrgäste gleich. Bei der Rheinbahn etwa heißt es dazu ausdrücklich: "Bei der Kontrolle wird grundsätzlich nicht nach Geschlecht, Alter oder Herkunft unterschieden, alle Fahrgäste müssen den Fahrschein zeigen". Das klappt in der Praxis aber nicht immer. Wenn ein Fahrgast besonders lange nach dem Ticket kramt, ist der nächste Bahnhof womöglich schon erreicht, bevor die Kontrolleure fertig sind. Und wenn die Prüfer einen Schwarzfahrer erwischt haben, steigen sie gemeinsam mit ihm aus – auch dann, wenn einige Fahrgäste noch keine Fahrkarte vorgezeigt haben.

Muss man dem Kontrolleur den Ausweis zeigen?

Dass man grundsätzlich den Personalausweis mit sich führen müsste, ist ein Irrtum. Doch im ÖPNV kann das ganz sinnvoll sein. Zumindest wenn man ein personengebundenes Ticket ohne eigenes Lichtbild benutzt, sollte man ein amtliches Ausweisdokument dabei haben. Ansonsten muss die Polizei die Personalien verifizieren. Auch ertappte Schwarzfahrer müssen damit rechnen, dass die Polizei hinzugerufen wird, wenn sie sich nicht ausweisen können.

Dürfen Kontrolleure Schwarzfahrer festhalten?

Wer andere mit seinem Ticket mitnehmen will, sollte das spätestens auf dem Bahnsteig klären.

Wer andere mit seinem Ticket mitnehmen will, sollte das spätestens auf dem Bahnsteig klären.

(Foto: imago/Ralph Peters)

Wer ohne gültiges Ticket erwischt wird, muss an der nächsten Station mit den Kontrolleuren aussteigen. Bei manchen greift dann der Fluchtreflex. Wenn ein Schwarzfahrer nicht kooperiert und versucht, wegzulaufen, oder seinen Ausweis nicht herausrückt, dürfen die Kontrolleure ihn festhalten, bis die Polizei eintrifft. Das ist durch das sogenannte Jedermannsrecht legitimiert. Gewalt dürfen sie dabei aber nicht anwenden, außer es handelt sich um Notwehr. Auch die Taschendurchsuchung ist der Polizei vorbehalten.

Ich habe ja einen Fahrschein – aber mein Hund nicht!

Für Hunde gilt das Gleiche wie für Fahrräder: Werden sie eingepackt, fahren sie kostenlos mit. Bei Schoßhunden oder Falträdern dürfte das kein Problem sein. Ansonsten ist ein extra Fahrausweis nötig. Ausnahme: Bei Tages- und Zeitkarten ist in vielen Verkehrsverbünden ein Hund "inklusive".

Wer zwar für sich selbst einen Fahrschein gelöst hat, aber nicht für Hund oder Fahrrad, muss das komplette erhöhte Beförderungsentgelt von 60 Euro zahlen. Dass die Tickets günstiger sind, spielt dabei keine Rolle.

Müssen auch minderjährige Schwarzfahrer zahlen?

Minderjährige sind nur beschränkt geschäftsfähig. Deshalb können sie auch keinen Beförderungsbedingungen zustimmen, die ein erhöhtes Beförderungsentgelt für Schwarzfahrer vorsehen. So sah das jedenfalls das Amtsgericht Bonn, das im Jahr 2010 einen minderjährigen Schwarzfahrer von der Strafzahlung freigesprochen hat (Az.: 4 C 521/08). Daraus nun abzuleiten, dass Minderjährige grundsätzlich um die 60 Euro herumkommen, wäre aber zu weit gegriffen und war vom Gericht auch nicht beabsichtig.

Ein Schwarzfahrer haftet nämlich nicht nur aufgrund der Tarifbestimmungen, sondern auch nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Und danach können Minderjährige sehr wohl zur Verantwortung gezogen werden, wenn "die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht" vorhanden ist. Kurz: Wenn ein Jugendlicher weiß, dass das Fahren ohne Ticket verboten ist, haftet er fürs Schwarzfahren.

Kann man für Schwarzfahren ins Gefängnis kommen?

Wer bewusst schwarzfährt, macht sich des Erschleichens von Leistungen schuldig. Darauf stehen laut Strafgesetzbuch Geldstrafen oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Nun zeigen die Verkehrsverbünde normalerweise nicht jede Leistungserschleichung an, sondern belassen es erstmal beim erhöhten Beförderungsentgelt, zumindest bei Ersttätern.

Spätestens wenn ein Schwarzfahrer zum dritten Mal auffliegt, muss er aber mit einer Anzeige rechnen. Für eine Gefängnisstrafe müssen normalerweise aber weitere Straftatbestände hinzukommen. Eine Ausnahme: Der Delinquent zahlt die Geldstrafe nicht. Dann kann Ersatzhaft angeordnet werden, was auch recht häufig vorkommt. In der Regel ist man aber nach einigen Tagen oder Wochen wieder auf freiem Fuß.

Was ist mit Schwarzfahren aus Versehen?

Manchmal ist ein Fahrschein nicht genug. Personengebundene Tickets müssen beschriftet werden, damit sie nicht einfach weitergegeben werden können. Und einfache Fahrscheine müssen oft noch entwertet werden. Wer das vergisst, ist ohne gültiges Ticket unterwegs und muss das erhöhte Beförderungsentgelt zahlen.

Wenn die Monatskarte zu Hause in der falschen Jackentasche steckt, gibt es Hoffnung. Je nach Verkehrsverbund bleiben 7 bis 14 Tage Zeit, um die Zeitkarte im Kundenbüro vorzulegen. Dann wird nur eine einstellige Bearbeitungsgebühr berechnet. Das funktioniert aber nur bei Zeitkarten, die nicht übertragbar sind. Pech dagegen, wenn man zwar ein Ticket gekauft hat, es aber bei der Kontrolle nicht mehr findet. Dann werden 60 Euro fällig, auch wenn man das gesuchte Papier später noch im Geldbeutel entdeckt.

Dürfen die Kontrolleure auch am Ausstieg warten?

Sie dürfen. Deshalb sollte man das Ticket immer behalten, solange man in der Bahn sitzt und auch darüber hinaus. In den meisten Verkehrsverbünden darf man nämlich eigentlich nur mit gültigem Fahrschein den Bahnsteig betreten. Sogenannte Vollkontrollen sind zwar selten, aber nicht ausgeschlossen.

Muss man noch ein Ticket lösen, nachdem man erwischt wurde?

Das hängt davon ab, wo man unterwegs ist, die Verkehrsverbünde haben unterschiedliche Regelungen. "Die Zahlungsaufforderung oder die Quittung über die Zahlung eines erhöhten Beförderungsentgelts ist keine Fahrkarte für die Weiterfahrt", heißt es etwa in den Beförderungsbedingungen des Mitteldeutschen Verkehrsverbunds. Die Kölner Verkehrsbetriebe sind großzügiger. "Hat der Fahrgast ein erhöhtes Beförderungsentgelt gezahlt beziehungsweise eine entsprechende Zahlungsaufforderung erhalten, kann er noch bis zum Ausstiegshaltepunkt weiterfahren." In Berlin dürfen Schwarzfahrer weiterfahren, wenn sie die 60 Euro vor Ort zumindest angezahlt haben. Ansonsten müssen sie einen Fahrschein lösen.

Darf man Schwarzfahrer "retten"?

"Der fährt mit meinem Ticket mit", sagt die Frau zum Kontrolleur, als ein anderer Fahrgast mit Schweißperlen auf der Stirn nach seinem Fahrschein kramt. Doch der Prüfer lässt das nicht gelten. Muss er auch nicht: Zwar gibt es Gruppentickets und Karten, die zur Mitnahme von Personen berechtigen. Allerdings muss dann schon bei Fahrtantritt klar sein, wer mitfährt. Wer einem Menschen ohne Fahrschein eine Gratisfahrt spendieren möchte, muss das also schon auf dem Gleis abmachen.

Quelle: ntv.de

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