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Eine Mann wird am Bahnhof Seubersdorf in Bayern abgeführt.

© Fabian Schreiner/dpa

Update

27-Jähriger wohl nicht schuldfähig: Das sagen die Ermittler über den Messerangriff im ICE

Auf der Bahnfahrt von Regensburg nach Nürnberg attackiert ein Mann Fahrgäste unvermittelt mit einem Klappmesser. Das sind die ersten Erkenntnisse in dem Fall.

Nach der Messerattacke im ICE Passau-Hamburg sind die Hintergründe der Tat weiterhin unklar. Bekannt ist bisher, dass der Angreifer völlig unvermittelt und wahllos im ICE 928 auf Mitreisende eingestochen hat. Behördenangaben zufolge hat der Tatverdächtige – ein 27-jähriger Syrer, der 2014 nach Deutschland kam – am Tag zuvor seinen Arbeitsplatz verloren. Einen terroristischen Hintergrund schließen die Ermittler derzeit aus. Der Mann war zur Tatzeit offenbar nicht schuldfähig.

Wie die Polizei am Sonntag bei einer Pressekonferenz mitteilte, hat der Täter vier Männer verletzt. Er habe kurz nach Regensburg im Wagen 4 unvermittelt einen 26-jährigen Mann angegriffen und schwer am Kopf verletzt, sagte Polizeivizepräsident Thomas Schöniger in Neumarkt in der Oberpfalz. Danach habe er einem 60-jährigen Fahrgast Schnittwunden an Kopf und Rumpf und einem weiteren 60-Jährigen ebenfalls Verletzungen zugefügt. Danach sei er in Wagen 4 gewechselt und habe einem 39-Jährigen in den Körper gestochen.

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Nach dem Halt des Zugs in Seubersdorf seien Streifenbeamte in den Zug gekommen und hätten den mutmaßlichen Tatverdächtigen unter Vorhalt von Schusswaffen auf den Boden dirigiert. Er habe sich dann widerstandslos festnehmen lassen. In seiner Hose habe er ein blutverschmiertes rund acht Zentimeter langes Klappmesser gehabt. Die beiden jüngeren Opfer seien am Sonntagmittag noch im Krankenhaus gewesen, sagte Schöniger.

Staatsanwalt Gerhard Neuhof sagte, ein psychiatrischer Gutachter habe den Angreifer noch am Samstag untersucht. Dabei habe der Angreifer gesagt, er fühle sich "verfolgt", etwa von der Polizei. Er habe das Gefühl gehabt, das erste Opfer habe ihn töten wollen. Der Gutachter sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Täter zur Tatzeit nicht schuldfähig gewesen sei. Ein Richter habe vor etwa einer halben Stunde einen Unterbringungsbefehl gegen den Beschuldigten erlassen.

Zum Motiv gab es am Sonntagmorgen noch keine gesicherten Erkenntnisse. Kriminaldirektorin Sabine Nagel sagte, 2020 sei der Verdächtige mit einem "kleineren Betrugsdelikt" polizeilich aufgefallen. Einen Tag vor der Tat habe er seinen Job verloren. 2015 habe er einen Asylantrag gestellt, der 2016 anerkannt wurde. Seitdem habe er eine Aufenthaltserlaubnis.

Die bisherigen Durchsuchungen und Ermittlungen hätten "keinerlei Anhaltspunkte" für weitere Täter oder Mitwisser ergeben, so Nagel. Ebenso gebe es keine Hinweise darauf, dass der Angreifer seine Tat geplant habe. Zu weiteren Untersuchungen in Passau und auch in Nordrhein-Westfalen wollten die Behördenvertreter keine Details bekanntgeben..

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Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte am Samstag: „Die Polizei arbeitet mit Hochdruck daran, die Hintergründe der schrecklichen Tat und die Motivlage des Täters schnellstmöglich aufzuklären.“ Die Kripo Regensburg und die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth ermitteln.

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Kurz nach 9 Uhr am Samstag waren Notrufe bei Polizei und Rettungsdiensten eingegangen. Der ICE hatte auf halbem Weg zwischen Regensburg und Nürnberg außerplanmäßig an dem kleinen Bahnhof Seubersdorf nahe Neumarkt in der Oberpfalz gehalten. Weil die Lage zunächst völlig unklar war, rückte die Polizei mit einem Großaufgebot an und räumte den Zug.

„Ein Messerstecher! Rennt nach hinten zum Zugende!“

Etwa 200 Fahrgäste wurden laut Rotem Kreuz bis zum späten Nachmittag in einem Gasthaussaal betreut und verpflegt. Die ICE-Strecke zwischen Regensburg und Nürnberg wurde erst am Abend wieder freigegeben.

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Plötzlich sei die Tür des Abteils aufgerissen worden, es habe eine fast panikartige Flucht in den hinteren Bereich des Zuges gegeben, berichtete ein 77 Jahre alter Fahrgast, der zum Zeitpunkt des Angriffs in einem anderen Waggon saß. „Ein Messerstecher! Rennt nach hinten zum Zugende!“, sei gerufen worden. Dann habe er abgewartet, es sei Gott sei Dank aber nichts passiert. Angst habe er nicht gehabt.

Laut einem Bericht der "Mittelbayerischen Zeitung" habe sich eine Frau mit Haarspray gegen den Angreifer wehren wollen, ein Zugführer habe sich mit einem Feuerlöscher den Messerstecher entgegengestellt.

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Das Bayerische Rote Kreuz versorgte die drei Schwerverletzten vor Ort und transportierte sie in Kliniken. Zuvor hatten Ärzte, die unter den Fahrgästen waren, im Zug Erste Hilfe geleistet, wie Passagiere berichteten. „Jeder war irgendwo geschockt. Der eine mehr, der andere weniger“, sagte ein 68 Jahre alter Fahrgast. Nur die wenigsten hätten die Attacke direkt mitbekommen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) drückte sein Entsetzen aus und rief zur Besonnenheit auf. Eine Bewertung sei erst nach Aufklärung der Hintergründe möglich. (Tsp, dpa, AFP)

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