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Gesundheit Wechseljahre

Probleme im Mund? Es könnten die Hormone sein

Wenn nach der Menopause der Östrogenspiegel sinkt, nimmt auch die Knochendichte in den Kieferknochen ab. Durch die verminderte Knochenmasse und gleichzeitig bestehenden Vitamin-D-Mangel können die Zähne locker werden Wenn nach der Menopause der Östrogenspiegel sinkt, nimmt auch die Knochendichte in den Kieferknochen ab. Durch die verminderte Knochenmasse und gleichzeitig bestehenden Vitamin-D-Mangel können die Zähne locker werden
Wenn nach der Menopause der Östrogenspiegel sinkt, nimmt auch die Knochendichte in den Kieferknochen ab. Durch die verminderte Knochenmasse und gleichzeitig bestehenden Vitamin-D-M...angel können die Zähne locker werden
Quelle: Getty Images
Störungen des hormonellen Gleichgewichts während und nach den Wechseljahren können auch Mund und Zähne betreffen. Oft wird dieser Zusammenhang nicht erkannt – und die Patientin falsch behandelt.

Wenn der Hormonhaushalt zwischen etwa 49 und 54 Jahren aus dem Gleichgewicht gerät, werden viele Frauen mit unliebsamen Reaktionen ihres Körpers konfrontiert: plötzliche Hitzewallungen, nassgeschwitzte Bettlaken, quälende Kopfschmerzen ohne Grund. Und auch die Psyche leidet: Viele Frauen sind schlecht gelaunt, fühlen sich niedergeschlagen, reagieren übersensibel. Das ist alles nicht neu. Wenig bekannt ist dagegen, dass durch die Hormonumstellung oft auch Mund und Zähne betroffen sind, sagt Corinna Bruckmann, Spezialistin für Zahnerhaltung und Parodontologie an der Universitätszahnklinik Wien. Die Oberärztin setzt sich für eine engere Zusammenarbeit zwischen den medizinischen Fachdisziplinen ein.

In den Wechseljahren stellen die Eierstöcke nach den Jahren der Fortpflanzungsfähigkeit ihre Tätigkeit allmählich ein. Sie sprechen auf die sogenannten gonadotropen Hormone der Hirnanhangdrüse nicht mehr an und produzieren immer weniger Östrogene. Der Mangel an diesem weiblichen Geschlechtshormon hat unterschiedliche Auswirkungen: etwa 30 Prozent der Frauen haben überhaupt keine Beschwerden, 35 Prozent geben leichte Probleme an, 20 Prozent klagen über starke und 13 Prozent über sehr starke Störungen.

Der Ausfall der Östrogene löst auch Störungen im Gleichgewicht der anderen hormonbildenden Organe aus. Das kann zu vermehrtem Auftreten von Schilddrüsenvergrößerungen, Diabetes, Gicht, Gelenkerkrankungen oder Fettsucht führen.

Auch die Elastizität der Blutgefäße leidet unter dem Mangel an diesem Hormon. Ebenfalls dem Sinken des Östrogenspiegels schreiben die Mediziner das Brüchigwerden der Knochen und die Schrumpfung der Genitalien zu. Die Haut wird dünner und runzeliger.

Orale Probleme durch die Wechseljahre

„Es ist indes viel zu wenig bekannt, dass im Klimakterium auch orale Probleme häufiger auftreten“, sagt Bruckmann. Obwohl viele Mund- und Zahnbeschwerden der Frauen der 50-plus-Generation mit den Wechseljahren im Zusammenhang stehen, werden sie von den behandelnden Ärzten nicht als solche erkannt und fachgerecht behandelt. Viele Patientinnen haben bereits eine Leidensgeschichte durch viele Arztpraxen und erfolglose Behandlungsversuche mit Mundspülungen, Antibiotika und Antipilzmittel hinter sich, bevor sie in der Mundschleimhautsprechstunde der Universitätszahnklinik Wien an die richtigen Ansprechpartner geraten.

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Die Zellen in der obersten Zellschicht des Schleimhautgewebes der Scheide und der Wangenschleimhaut haben große Ähnlichkeiten. „Sowohl in den oralen Schleimhäuten als auch in den Speicheldrüsen werden Sexualhormonrezeptoren nachgewiesen“, schreibt Bruckmann im Fachblatt „Gynäkologische Endokrinologie“. Auch die Schmerzempfindung im Mund und die Besiedelung der Schleimhäute mit Mikroben unterliegen hormonellen Einflüssen.

Störungen des hormonellen Gleichgewichts während und nach den Wechseljahren können deshalb auch den Mund betreffen und zu Erkrankungen der Schleimhäute (Gingivitis) und des Zahnhalteapparates (Parodontitis) führen. Die Mundschleimhaut wird dünner und trockener. Trägerinnen von Zahnprothesen können Schwierigkeiten bekommen, bedingt durch den Druck der Prothese, der nicht mehr ausreichend gepuffert wird.

Mundgeruch und andere Folgen

Die hormonell bedingte oberflächliche Zahnfleischentzündung (Gingivitis) zeigt sich als geschwollenes, oft auch gerötetes Zahnfleisch, das leicht blutet. Aus Sorge vor weiterem Bluten putzen viele Patientinnen ihre Zähne seltener und weniger gründlich, wodurch verstärkt Zahnbeläge gebildet werden, auf die das Zahnfleisch wiederum mit Entzündung reagiert.

Für die Mundgesundheit spielt Speichel die wichtigste Rolle. „Eine verminderte Speichelmenge sowie eine veränderte Zusammensetzung des Speichels haben dementsprechend negative Auswirkungen, sowohl auf die Zähne als auch auf die Schleimhäute“, so Zahnärztin Bruckmann. „Die Zähne sind durch eine mangelnde Remineralisierung und ein daher steigendes Kariesrisiko beeinträchtigt, die Schleimhäute sind durch Austrocknung gefährdet.“ Die Folgen seien eine verminderte Abwehr gegenüber krank machenden Keimen, ein Überwuchern mit Candida-Pilzen und Mundgeruch.

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Eine besonders schwere Belastung geht mit dem Auftreten eines „Burning-Mouth-Syndroms“ einher. Von dieser, auch „Zungenbrennen“ oder Glossodynie bezeichneten Krankheit sind dreimal mehr Frauen als Männer betroffen. Das Syndrom tritt meistens im Alter zwischen 50 und 60 Jahren auf und gilt als extrem unangenehm. Die Frauen berichten von einem brennenden, wunden Gefühl im Bereich der Zunge und der umgebenden Schleimhäute. Ihre Ärzte fahnden jedoch meist erfolglos nach einer sichtbaren Ursache. „Die Beschwerden reichen von leichtem Prickeln bis zu starken Schmerzen“, beschreibt Corinna Bruckmann die Situation. „Weitere Symptome sind Mundtrockenheit, ein Pelzigkeitsgefühl und Störungen des Geschmackssinns. Die Beschwerden können dauerhaft oder nur phasenweise auftreten und verstärken sich in der Regel im Laufe des Tages.“

Psychische Probleme verstärken Symptome

Am häufigsten sind die seitlichen Zungenränder und die Zungenspitze betroffen, gefolgt von Zungengrund, Gaumen-, Wangen- und Lippenschleimhaut. Die Schmerzen sind meist beidseitig und dumpf brennend. Sie sind morgens noch verhältnismäßig gering, nehmen aber im Laufe des Tages zu und können abends unerträglich sein.

Über die Ursachen des Burning-Mouth-Syndroms weiß man wenig. Möglicherweise verbergen sich dahinter verschiedene Probleme, die zu dem gemeinsamen Symptom führen.

Die Krankheit ist leicht zu diagnostizieren, aber schwer zu behandeln. Häufiges Trinken und Kaugummikauen können helfen, den Mund feucht zu halten. Die behandelnden Ärzte vermuten nicht selten psychische Ursachen hinter den quälenden Symptomen. Tatsächlich berichten einige Frauen, die unter dem Burning-Mouth-Syndrom leiden, häufiger über einschneidende Lebensereignisse und psychische Belastungen.

Depressionen und andere psychische Belastungen können das Burning-Mouth-Syndrom verstärken
Depressionen und andere psychische Belastungen können das Burning-Mouth-Syndrom verstärken
Quelle: pa/empics/PA Wire

Die Verordnung von Antidepressiva und angstlösenden Mitteln kann zwar hilfreich sein, doch diese Medikamente können das eigentliche Problem noch verschlimmern, weil sie den Mund trocken machen.

Im schlimmsten Fall droht Zahnlosigkeit

Auch die juckende, chronisch-entzündliche Erkrankung der Mundschleimhaut, oraler Lichen planus (OLP) tritt am häufigsten im Alter zwischen 50 und 60 Jahren auf und betrifft Frauen etwa doppelt so oft wie Männer. Mit etwa vier Prozent aller Menschen stellt er eine der am weitesten verbreiteten Erkrankungen der Mundhöhle dar.

Die Entstehungsweise von OLP ist weitgehend unbekannt. Es wird als eine Autoimmunreaktion angesehen, bei der aber auch psychischer Stress, vor allem ausgeprägte Ängstlichkeit und eine erhöhte Neigung zu Depressionen, eine Rolle spielen. Andererseits können die starken Schmerzen zu erheblichem emotionalem Stress und damit zu einer Somatisierung führen. Als Somatisierung bezeichnet man den Prozess, bei dem sich seelische und meist unbewusste Konflikte, die nicht verarbeitet werden können, als körperliche Symptome ausdrücken.

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Als Folge der hormonellen Umstellung im Klimakterium können neben den Weichgeweben im Mund auch die Zähne und der Kiefer betroffen sein. Wenn nach der Menopause der Östrogenspiegel sinkt, nimmt auch die Knochendichte in den Kieferknochen ab. Diese sogenannte Osteopenie ist die Vorstufe zum Knochenschwund (Osteoporose). Durch die verminderte Knochenmasse und gleichzeitig bestehenden Vitamin-D-Mangel können die Zähne locker werden, Zahnlosigkeit droht.

„Auch wenn noch nicht alle Aspekte des hormonellen Einflusses oder der Hormonersatztherapie auf den Mund geklärt sind, könnte eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit bereits jetzt die umfassende Betreuung von Patientinnen sicherstellen“, betont Bruckmann. Dadurch könnte eine sinnlose übertriebene Diagnostik und eine konzeptlose Behandlung mit zahlreichen teuren Maßnahmen vermieden werden.

Fast jedes sechste Kind hat schlechte Zähne

Die gute Nachricht ist: Immer weniger Kinder haben Karies. Dennoch, fast jedes sechste Kind im Vorschulalter hat faule Zähne. Vor allem Kinder aus sozialschwachen Familien sind betroffen.

Quelle: N24

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