„Das Glück gehört denen, die sich selbst genügen“, sagte Arthur Schopenhauer. Damit mag er zumindest einer neuen Studie zufolge recht behalten. Demnach sind zumindest intelligente Menschen nicht auf zahlreiche soziale Beziehungen angewiesen. Kurzum: Wer weniger Freunde hat, ist glücklicher.
Die Ergebnisse ihrer Forschungen haben die Evolutionspsychologen Satoshi Kanazawa von der London School of Economics und Norman Li von der Singapore Management University im „British Journal of Psychology“ veröffentlicht. Sie waren der Frage nachgegangen, was das Leben für Menschen lebenswert macht, und interviewten 15.000 Menschen im Alter von 18 bis 28 Jahren.
Dabei sind zwei Erkenntnisse von wesentlicher Bedeutung. Zum einen leben Menschen in weniger dicht besiedelten Gebieten zufriedener als jene in denen mit hoher Bevölkerungsdichte. Zum anderen stellten sie fest, dass das empfundene Glück höher ist, je mehr soziale Beziehungen ein Mensch hat. Doch es gibt eine signifikante Ausnahme: Bei besonders intelligenten Menschen wurde dieser Zusammenhang aufgehoben oder sogar umgekehrt.
Auf ein längerfristiges Ziel ausgerichtet
Die Forscher legten zugrunde, dass der Lebensstil unserer Vorfahren, der Jäger und Sammler, die Grundlage bildet für das, was uns heute glücklich macht. Bei intelligenten Menschen war demnach der Einfluss der Bevölkerungsdichte auf das Lebensglück deutlich geringer als bei Menschen mit niedrigerem IQ. „Intelligente Menschen waren tatsächlich weniger zufrieden, je mehr sie in sozialen Beziehungen standen“, so die Forscher.
Die „Washington Post“ analysierte die Ergebnisse gemeinsam mit der Glücksforscherin Carol Graham. „Mich überrascht das nicht“, sagte sie, „intelligente Menschen verbringen weniger Zeit in Gesellschaft, weil sie auf ein anderes, längerfristiges Ziel ausgerichtet sind.“ Soziale Interaktion, so erklärte sie, behindere die Verfolgung ihrer Ziele und mache somit unzufrieden.
Gehirn auf andere Bedingungen ausgelegt
Kanazawa und Li bieten aber noch eine weitere Erklärung. Ihnen zufolge gibt es eine Diskrepanz zwischen den heutigen Anforderungen und dem, auf was unser Gehirn ausgelegt ist. In Bezug auf die Bevölkerungsdichte bedeutet das: Das Gehirn ist darauf ausgerichtet, mit wenigen Menschen in einem großen Gebiet zu leben. Heutzutage aber leben viele Menschen mit vielen Menschen in einem relativ kleinen Gebiet.
Ebenso verhalte es sich mit den Freundschaften. Der Mensch sei ausgerichtet auf ein Leben in Gruppen von lebenslangen Freunden und Verbündeten. Doch genauso wie die Bevölkerungsdichte hat sich auch unser Leben an sich verändert – technischer Fortschritt, Digitalisierung, Industrialisierung. Auch hier bestehe folglich eine Diskrepanz. Diese wiederum sei für intelligente Menschen besser zu handhaben und zu verarbeiten – ihnen gelingt es eher, ihre evolutionäre Prädisposition mit der modernen Welt in Einklang zu bringen.