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Deutschland Raubtiere

Warum unser Umgang mit Wölfen extrem gefährlich ist

Neugierig und ohne Scheu: Wölfe kommen näher

Die Rückkehr der Wölfe versetzt Schaf- und Pferdezüchter, Jäger und Landbewohner zunehmend in Unruhe. Amateurvideos zeigen: Die Tiere wagen sich immer näher an den Menschen heran.

Quelle: N24-Dokumentation

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Die Wölfe kehren nach Deutschland zurück. Die Tiere dürfen nicht gejagt werden, die Population wächst rasch. Naturschützer sind begeistert. Doch sind Angriffe auf den Menschen wirklich ausgeschlossen?

Die Videos kursieren im Netz, verbreitet von Freund und Feind. Für die einen Triumph der Willkommens-Natur. Für die anderen Beleg für den kompletten Irrsinn einer wölfischen Ansiedlungspolitik. Es geht um den Wolf, das räuberische Symbol deutscher Vergangenheit - von Rotkäppchen bis Adolf Hitler, den seine Freunde "Wolf" nannten. Sie sind wieder da, als Zuwanderer aus dem Osten oder - wie manche auch behaupten - als Ausrücker oder Freigelassene aus deutschen Wolfsgehegen. Dokumentiert ist allerdings bisher nur ein einziger Fall.

Gut dreihundert Wölfe sollen es in Deutschland inzwischen sein, mit erheblichen Zuwachsraten. Es ist kein Märchen, dass sich inzwischen Begegnungen zwischen Wolf und Mensch häufen. Im Land und auf der Heide, aber auch mitten im Dorf. Waren es vor kurzem noch einzelne Wölfe, so treten sie inzwischen auch rudelweise auf, wie ein Video aus der Lüneburger Heide dokumentiert. Fünf Wölfen traben an einem Trecker vorbei, ohne sich vom Lärm des Motors oder dem Geklapper der Tür der aus der Ruhe bringen zu lassen. Sie bilden geschickt eine Kette, da freut sich der Bauer, dass er hoch und sicher in der Kabine seines Traktor sitzt - und ein Smartphone dabei hat.

Nahe Cuxhaven läuft Isegrim am helllichten Tag über eine Landstraße, völlig unbeeindruckt vom Auto, das neben ihm fährt. Auf einem anderen Amateurvideo ist zu sehen, wie ein Wolf in Schleswig-Holstein sogar einem amtlich bestellten Wolfsberater mit Missachtung begegnet. Erst treibt das Tier eine Schafherde vor sich her, als der Amtsmann lautstark und Knüppelschwingend eingreift, lässt der Wolf zwar von den Schafen ab, zeigt sich aber sonst wenig eingeschüchtert. Szenen aus dem Alltag der norddeutschen Landbevölkerung, inzwischen Gesprächsthema Nummer eins auf den Bauernhöfen zwischen Elbe und Weser und in der Heide. Zuweilen streifen auch Abgesandte von Naturschutzbünden wie dem Nabu durch die Wälder und passen auf, ob nicht ein Jäger dem Wolf auflauert, was unter strengster Strafe steht.

Deutschland, soviel steht fest, ist Einwanderungsland - zumindest wenn es um Wölfe geht. Politik und Umweltverbände fordern eine Willkommenskultur für die großen Beutegreifer, wie die Raubtiere im politisch korrekten Sprachgebrauch heißen. So wie das Auftauchen von Lachs oder Stör in Elbe und Rhein - zu Recht - als Zeichen für die verbesserte Wasserqualität und die Renaturierung der Flüsse gilt, so betrachtet der städtische Naturschützer gern die Ansiedlung der Wölfe als Zeichen für die Rückkehr der Natur - auch wenn Meister Isegrim sich zwischen flächendeckenden Maisfeldern und Windrädern bewegt und sich gern an die wenigen noch freilaufenden Herden von Nutztieren wie Jungrindern, Schafen und gelegentlich auch Pferden heranschleicht.

Das ist deutlich leichter, als hinter einem schnellen Reh herzulaufen, das am Ende auch nur 15 Kilo Nahrung verspricht. Wolfsaffine Tierschützer verweisen gern auf eine sich mit Hilfe des Wolfes selbst regulierende Natur. Ohne Jäger - und wohl am besten auch ohne Spaziergänger im Wald. Doch die friedliche Koexistenz ist zunehmend in Gefahr, denn auch unter den Wölfen gibt es schwarze Schafe, die sich - ganz gegen die ihnen zugewiesene Natur - immer wieder dem Menschen nähern. Dann ist Fachwissen gefragt.

Förster brauchte den Knuppel, um seinen Hund zu befreien

Christian Lohmeyer war Wolfsberater in Niedersachsen. Die Ausbildung zum Experten in Sachen Canis lupus dauerte ein ganzes Wochenende. Dann war er amtlich bestellter Vermittler zwischen Wolf und Mensch. Die Aufgabe, Frieden zu stiften zwischen Raubtier und Landvolk reizte den Bauern und Naturfreund. Acht Monate später hat er frustriert hingeschmissen. Die Politik, so beklagt er, hat das Ehrenamt völlig überfordert. Die Menschen, würden mit ihrer Angst vor dem Wolf allein gelassen und die Verantwortung auf die Wolfsberater abgeschoben. „Wo“, so fragt er, „ist denn die Sicherheit des Menschen, wenn man akzeptiert, dass Wölfe am helllichten Tag in den Siedlungen die Menschen anlaufen. Da hört für mich das Wolfsmonitoring und auch der Natur- und Artenschutz auf. Das ist ein Fall der öffentlichen Sicherheit und nicht des Naturschutzes.“

Tatsächlich sind mittlerweile zahlreiche Fälle von Nahbegegnungen mit dem Wolf dokumentiert und sogar Gegenstand polizeilicher Ermittlungen geworden. In Soltau etwa wurde der 21-jähriger Berufsreiter Dominik Brüggemann kurz vor zehn Uhr morgens von zwei Wölfen verfolgt, als er mit dem Fahrrad unterwegs war und seinen Hund, einen Rhodesian Ridgeback, an der Leine führte. Als er den Wolf sah, war der noch 200 Meter entfernt. Brüggemann – eher begeistert, als erschrocken – blieb stehen und zückte sein Handy für ein Foto. Erst da bemerkte er den zweiten Wolf, der sich neben ihm aus dem hohen Gras erhoben hatte.

„Dann“, erzählt Brüggemann, „sind beide Wölfe losgelaufen, nacheinander und haben mir quasi den Weg abgeschnitten.“ Der jungen Mann und mehr noch, sein junger Hund, bekamen es mit der Angst und ergriffen die Flucht. Die Wölfe folgten ihnen. Am Schluss, kurz vor der Siedlung, waren sie auf 20 Meter herangekommen. Dominik Brüggemann weiß sehr wohl, dass die Wölfe, hätten sie angreifen wollen, keine Mühe gehabt hätten, ihn einzuholen. Trotzdem ist er und sind die Nachbarn beunruhigt: „Wir sind schon ziemlich eingeschränkt hier“ sagt Brüggemann. Sorglose Spaziergänge mit dem Hund gehörten für ihn der Vergangenheit an, sagt er, auch seine Pferde müsse er nachts einsperren und sogar tagsüber bewachen. Bekannt geworden ist auch der Fall eines Försters in Brandenburg, der seinen Hund nur mit Mühe und Einsatz eines Knüppels aus dem Maul des Wolfes befreien konnte.

Forscher sehen Alte und Kinder bedroht

Das Verhalten der niedersächsischen Wölfe ist für den Verhaltensforscher Valerius Geist keineswegs ungewöhnlich. Es gebe keinen vernünftigen Grund, warum der Mensch als Beute für den Wolf auszuschließen sei. Wenn es nach Geist ginge, hätte der Wolf in besiedelten Gebieten gar nichts zu suchen. Der Deutsche mit ukrainischen Wurzeln lebt seit 25 Jahren auf Vancouver Island, einer Insel vor der Kanadischen Westküste. Dort hat er die Verhaltensmuster der Wölfe über Jahre in seinem Vorgarten studiert. Er hatte mehrfach Wolfsabdrücke auf der Terrasse gesichtet, seine Frau begegnete einem Tier vor der Haustür. Und ein Nachbar wurde von einem Rudel angegriffen. Die neugierigen Annäherungen, wie im Fall von Dominik Brüggemann, beschreibt Geist als Testphase: „Der Wolf wird die Menschen auskundschaften. Es wird eine Zeit dauern, und dann wird schließlich doch ein Angriff passieren.“ Immer suche er nach der leichtesten Beute: „Es sind Menschen, die humpeln, also am Stock gehen, und es sind Kinder“.

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Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) hält rein gar nichts von derartigen Warnungen. Für ihn sind das reine Schauermärchen und die Wolfsansiedlung in der Lüneburger Heide und anderswo ein Glücksfall für Mensch und Natur. Mit dem Projekt „Willkommen Wolf“ wirbt der Nabu seit zehn Jahren für mehr Akzeptanz in der Bevölkerung. Für 15, 30 oder einen wahlweise höheren Betrag bekommt man eine Urkunde, ein Poster und selbstverständlich eine Spendenquittung. Die konkurrierende Naturschutzorganisation BUND sammelt mit Hilfe einer Wildkatzen-Kampagne - man hat sich den lukrativen Spenden-Markt praktisch geteilt.

Wolf folgt Kindern bis in die Siedlung

Allein der Nabu mit seinen 540.000 Mitgliedern nahm im Jahr 2014 insgesamt 32,2 Millionen Euro an Mitgliedseinnahmen, Spenden und auch öffentlichen Zuschüssen ein, ein beträchtlicher Teil davon dürfte er dem Märchentier zu verdanken haben. Unter der Wolfs adäquaten Überschrift „Ahuuu - willkommen Wolf!“ feierte der Nabu seinen 10jährigen Einsatz an der Front - mit 450 NABU-Wolfsbotschaftern vor Ort.

Für die Naturschützer steht fest: der Mensch, solange er sich richtig verhält, ist durch den Canis lupus niemals in Gefahr. „Ich rate den Leuten, dass man die Tiere wissen lässt, dass man da ist. Man geht mit dem Wind, man geht nicht lautlos“, meint etwa der niedersächsische Nabu-Wolfsexperte Heiko Drawe. Oberstes Gebot: sollte man einen Wolf sehen, darf man auf keinen Fall flüchten. Er könnte das missverstehen, schlimmer noch man würde womöglich seinen Jagdinstinkt auslösen. Dumm nur, wenn etwa Kinder nicht dem NABU folgen, sondern ihrem eigenen Instinkt.

Ein Lappenzaun gegen den bösen Wolf

Nachdem ein Wolf in der Nähe eines Kindergartens gesichtet wurde, reagierte die Landesregierung sofort: Bunte Fähnchen sollen die Raubtiere nun fern halten.

Quelle: N24-Dokumentation

Im Heideort Breloh waren zwei Jungen mit ihren Fahrrädern unterwegs, als sie einen Wolf sahen. Ihr erster Gedanke war „Panik, weg hier, einfach nur Gas geben. Alles, aber nicht anhalten“, erzählt der dreizehnjährige Finn. Die Jungen flüchteten etwa dreihundert Meter, in die Siedlung. Der Wolf blieb ihnen auf den Fersen. Auch wenn die Begegnungen bisher nie aggressiv verliefen, ist es deren Häufigkeit, die zunehmend an den Nerven der Menschen zerrt. Und wer will schon freiwillig den Präzedenzfall für die Gefährlichkeit von Meister Lupus spielen? Immerhin sind schon Dutzende von Schafen und sogar mindestens zwei mittelgroße Rinder in Niedersachsen von Wölfen getötet worden, obwohl auch die angeblich nicht zum Beuteschema gehörten.

Fünf Schafe auf einer Weide getötet

„Das hat sich der Wolf auch anders vorgestellt“

Die Schafe von Werner Olschewski im niedersächsischen Goldenstedt werden artgerecht im Freien gehalten. Die Kehrseite der Naturverbundenheit: Mehrere Tiere wurden von Wölfen angegriffen.

Quelle: N24-Dokumentation

Die 10.000 Seelen-Gemeinde Goldenstedt im Süden des Naturparks Wildeshauser Geest ist landesweit in die Schlagzeilen geraten. Mehrfach innerhalb weniger Wochen schlug Isegrim hier bei Nutztierhaltern zu. Wolfssichtungen gehören fast zum Alltag. Bürgermeister Willibald Meyer stellt klar: „In unserer Region ist kein Platz für den Wolf.“ Auf der Weide von Werner Olschewski hat sich der Wolf ausgetobt: fünf Schafe wurden getötet, eins davon ein trächtiges Mutterschaf. Immerhin, das Land Niedersachsen gesteht dem professionellen Schäfer eine Entschädigung zu. Als Billigkeits-, sprich freiwillige, Leistung. Nun soll er – ebenfalls gefördert aus der Landeskasse – seine Tiere schützen. Doch das Geld reicht nicht. „Das kann so nicht sein,“ sagt der 25-jährige, „wer den Wolf will, der muss das auch zahlen. Es kann nicht sein, dass etwas staatlich gewollt ist und andere Menschen zwangsenteignet werden.“

Das Gefühl, die Obrigkeit versage, wenn die Wölfe nicht kurz gehalten werden, ist keineswegs neu. „Seit Karl dem Großen gehörte die Bekämpfung der Wölfe, genauso wie die Bekämpfung der äußeren Feinde zu den zentralen Staatsaufgaben“, erklärt Eckhard Fuhr, Autor des Buches „Die Rückkehr der Wölfe“. Wölfe nahmen immer nach Kriegen Krisen und Katastrophen überhand. „Das Wiederauftauchen der Wölfe war ein Zeichen dafür, dass die gute Ordnung zerbrochen war.“ Die Ausrottung der Wölfe war schlicht Staatsraison. Jetzt scheint seine Ansiedlung zum politischen Ziel so mancher Landesregierung zu werden. Vor allem Rot-Grün tut sich da – beispielsweise in Niedersachsen – heftig hervor. Auch der Volkswagen-Konzern in Wolfsburg macht seiner Herkunft alle Ehre, in dem er fleißig für die Wolfs-Propagandisten spendet.

Warum die Raubtiere ausgerottet wurden

Wer die Wölfe unter Kontrolle brachte, herrschte auch über den Menschen: Eckhard Fuhr über die historische Bedeutung einer jahrhundertealten Jagd.

Quelle: N24-Dokumentation

Mitte des 19. Jahrhunderts war Deutschland weitgehend wolfsfrei. Immer wieder tauchten danach einzelne Tiere auf, eines der letzten wurde 1904 in Sachsen geschossen. Und ausgerechnet hier, in der Lausitz, gründete sich vor 15 Jahren das erste Rudel. Besser hätten die Vorraussetzungen nicht sein können: Nahrung satt, menschenleere Truppenübungsplätze und eine Gesetzeslage, die den Wolf durch strengste Artenschutzbestimmungen zur heiligen Kuh erklärte. Mit dem Wolf kamen die Wolfsexperten, die Wolfsberater, die Wolfsbiologen, Wolfsmanager, die Wolfshasser und Wolfsschützer.

Jäger warnt: „Da rollt eine Welle auf uns zu“

Helmut Dammann-Tamke, Präsident der Landesjägerschaft in Niedersachsen, warnt vor einer schnell wachsenden Wolfspopulation.

Quelle: N24-Dokumentation

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Eine ganze Wolfsindustrie ist entstanden mit dem einzigen Ziel, ein möglichst genaues Bild von unserem Lieblingsfeind und Lieblingsfreund zu zeichnen. Wolfsmonitoring heißt das Zauberwort. Seit fünfzehn Jahren werden alle verfügbaren Daten und Spuren zum Wolf gesammelt. Bewegungsprofile werden erstellt, Kotproben und Haaranalysen ausgewertet. Zur Unterstützung der wenigen hauptamtlichen Kräfte, gibt es ein Heer von Ehrenamtlichen. Allein in den drei Bundesländern, in denen die meisten Rudel leben – Sachsen, Brandenburg und Niedersachsen – sind rund 240 Wolfsberater im Einsatz auf den Spuren des Canis lupus. Das ist fast einer pro Wolf. Ob sie sich genauso schnell vermehren wie ihr Beobachtungsobjekt ist bisher unklar. Sie sind unter anderem behilflich beim Sammeln von Proben zum Wolfsnachweis.

Quelle: Infografik Die Welt

Im Senckenberg Institut in Gelnhausen werden Proben vom Wolf zentral analysiert, um ein genetisches Profil der Population zu erstellen. Es geht um lückenlose Erfassung – Datenschutz genießt der Wolf nicht. Carsten Nowak leitet die Abteilung für Naturschutz-Genetik. Mit seinem Team hat er den Stammbaum der deutschen Wölfe erstellt. Das ist eine wissenschaftliche und keine politische Aufgabe. Und doch: Entscheidend für den Schutzstatus und damit für die Frage – darf der Wolf bejagt werden? – ist die Größe einer Population. Bei Wölfen geht man davon aus, dass 1000 fortpflanzungsfähige Tiere das Überleben der Population garantieren, man spricht von einem „günstigen Erhaltungszustand“. Ob dieser Zustand erreicht ist oder nicht, ist eine Interpretationssache.

Betrachtet man nämlich die deutschen und westpolnischen Wölfe als eigene Population, so ist sie, mit gerade mal 300 Tieren, noch weit von diesem Limit entfernt, genießt also den höchsten Schutzstatus nach internationalem, nach EU und nach deutschen Recht. Jagen, Fangen, sogar den Wolf – etwa durch Fotografieren – in seiner Ruhe zu stören, ist strengstens untersagt. Doch über die Frage wie eng der deutsche Wolf mit dem Ostpolnisch-Baltischen verwandt ist, die beiden Populationen also zusammengezählt werden dürfen, tobt ein heftiger Streit. Zählt man die Ostpolnischen bis hin zu den sibirischen Wölfen dazu, ist die Populationsstärke allemal groß genug, um den Schutzstatus zu lockern. Fest steht: der Stammbaum, der mithilfe der DNA-Daten im Senckenberg-Institut gezeichnet wurde, zeigt ganz an der Spitze ein baltisches Wolfspaar. Und immer wieder mischen sich Verwandte aus dem Osten unter die West-Wölfe. Vom Aussterben ist der Wolf weit entfernt - er vermehrt sich munter, nicht anders als sein Abkömmling, der gemeine Haushund.

Seit fünf Jahren sind die Wölfe nun auch in Niedersachsen. Mittlerweile gibt es offiziell sieben Rudel, mit zügig steigender Tendenz. Hier, im Land der Viehzüchter, Pferdehalter und Milchbauern, macht der Wolf am meisten Ärger. Die Landesjägerschaft ist mit dem Wolfsmonitoring beauftragt und ernsthaft in Sorge. Helmut Damman-Tamke, Präsident der Landesjägerschaft und Mitglied des Landtages (CDU) rechnet vor: „Die Wolfspopulation in Niedersachsen, aber auch in Deutschland wird weiter sehr dynamisch wachsen. Wir können davon ausgehen mit einem Tempo von 30 bis 50 Prozent im Jahr. 50 Prozent Wachstum bedeutet alle zwei Jahre eine Verdopplung der Population. Da läuft eine Welle auf uns zu, die die wenigsten bisher in ihrer Intensität erkannt haben.“

Ein Großteil des Problems, das wir haben, ist die Ideologie, die hinter dem Wolf steckt. Die verhindert rationale Entscheidungen der politisch Handelnden
Christian Lohmeyer, Ehemaliger Wolfsberater

Wurde dieses Islandpferd vom Wolf gebissen?

Tierarzt Wolfram Steiner vermutet, dass Wölfe seine Island-Stute angegriffen haben. Die DNA-Analyse konnte den Verdacht nicht bestätigen. Doch die tiefen Bisswunden werfen Fragen auf.

Quelle: N24-Dokumentation

In manchen Wäldern entdecken Jäger inzwischen fast täglich sauber abgenagte Reh- oder Hirschrücken. Auch Dutzende Nutztier-Risse sind bereits vorgekommen. Geht es um eine Entschädigung, zählt nur eines: Der DNA Nachweis. Den Verdacht auszusprechen, ohne den Beweis zu erbringen, gilt als Majestätsbeleidigung für den Wolf und zieht sofort einen Shitstorm in den sozialen Netzwerken nach sich. Wer das wagt, wird übelst beschimpft. Die Gefährlichkeit der Wölfe wird nach Kräften heruntergespielt. Ein ausgewachsener Ministerialbeamter aus dem niedersächsischen Umweltministerium erklärte auf einer Veranstaltung zum Thema Wölfe in der Gemeinde Lamstedt etwa, bei einer unverhofften Begegnung solle man dem Wolf doch einfach gehörig in die Rippen treten. Er ließ offen, ob er das schon einmal versucht habe.

Seit Jahrhunderten dient der Wolf als Held und Antiheld. Er ist kräftig, geradezu majestätisch, er steht an der Spitze der Nahrungskette, der Herrenmensch unter den Tieren; kein Wunder, dass die Nazis den Wolf so vergötterten. Der Wolf bringt die Fantasie des Menschen zum Glühen. Das Internet ist voll von Bildern, die alle nur erdenklichen Variationen des Themas Wolf zeigen: vom pseudo-erotischen Rotkäppchen-Verführer bis zur blutrünstigen Bestie, von wild bis windelweich.

Hitler war dem Charme des Wolfes besonders erlegen

Von der Bestie zum Kuscheltier – ein Wolf wird ausgestopft

Im Naturkundemuseum Potsdam soll die Wölfin Bella aus Schönefeld ausgestellt werden. Präparator Christian Blumenstein erklärt, wie er dem Tier sein gutes oder böses Image verleiht.

Quelle: N24-Dokumentation

Einer, der dem wilden Charme der Bestie in besonderer Art erlegen war, ist Adolf Hitler. „Wenn man so will ist Hitler der Wolf und der Wolf ist Hitler“, sagt der Historiker Hans-Jörg Wohlfromm. In der Kampfzeit nutzte Hitler den Tarnnamen „Wolf“. Adolf ist die Kurzform vom althochdeutschen Namen Adalwolf und Adal Wolf bedeutet edler Wolf. Das muss ihm sehr geschmeichelt haben, denn „Hitler hatte sich mit der germanischen Mythologie beschäftigt, und in der germanischen Mythologie kommt auffallend häufig der Wolf vor.“ Der Allvater, der höchste germanische Gott Odin, hatte zwei Wölfe als ständige Begleiter. Sie hießen Geri und Freki, was soviel heißt, wie der Gierige und der Gefräßige. Geheime Führer-Hauptquartiere in ganz Europa waren mit Wolfsnamen versehen. In Belgien und Frankreich gab es die Wolfsschlucht 1 und 2. Die Wolfsschanze wurde durch das missglückte Attentat am 20. Juli bekannt und berühmt.

Gierig, gefräßig oder doch ganz scheu - beim Wolf geht es schon immer um mehr, als um ein beliebiges Wildtier in deutschen Wäldern. Für den ehemaligen Wolfsberater Lohmeyer ist es genau diese Überfrachtung, die einen normalen Umgang mit Isegrim verhindert: „Ein Großteil des Problems, das wir haben, ist die Ideologie die hinter dem Wolf steckt, die verhindert rationale Entscheidungen der politisch Handelnden.“

Doch genau diese sind mehr denn je gefragt. Wenn die Politik den Spuk nicht stoppt, wird das umhegte Kuscheltier wieder zum großen bösen Wolf, hungrig und damit gefährlich – wie es so seine Art ist.

Die Reportage „Hilfe – Hurra die Wölfe kommen: Die Rückkehr der Raubtiere nach Deutschland“ läuft am Sonntag um 20.05 Uhr in deutscher Erstausstrahlung auf N24

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