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Deutschland Sawsan Chebli

Staatssekretärin prangert Sexismus an

Cheblis Sexismus-Vorwurf sorgt für Diskussionen im Netz

Ein Facebook-Post der ehemaligen stellvertretenden Sprecherin des Auswärtigen Amtes Sawsan Chebli hat eine Diskussion im Internet ausgelöst. Die Berliner Staatssekretärin prangert darin Sexismus an.

Quelle: N24/Kevin Knauer

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Eine junge Frau und schön – so kündigte ein ehemaliger Botschafter die Berliner Staatssekretärin an. Die findet diese Aussage unpassend und muss sich nun im Netz rassistisch beschimpfen lassen.

Sexismus kennt sie. Aber so etwas habe sie noch nie erlebt, erklärt die Berliner Staatssekretärin für Internationales, Sawsan Chebli. Sie beschreibt einen Vorfall bei der Jahreshauptversammlung der Deutsch-Indischen Gesellschaft am Samstagvormittag in Berlin, bei der sie als Rednerin vorgesehen war. Chebli berichtet in einem Facebook-Post detailliert davon, was sich ereignet hat.

Demnach setzte sich Chebli auf den für sie reservierten Platz in der ersten Reihe des internationalen Forums, während vier Männer auf dem Podium saßen. Ihre Begrüßung übernahm der Vorsitzende der Deutsch-Indischen Gesellschaft, der ehemalige Botschafter Hans-Joachim Kiderlen. Der Theologe und Jurist war bis 2008 im Auswärtigen Dienst und ist seit 2009 Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Georgien.

Chebli berichtet, er habe Folgendes gesagt: „Die Staatssekretärin ist noch nicht da. Ich würde sagen, wir fangen mit den Reden dennoch an.“ Chebli antwortete aus der ersten Reihe: „Die Staatssekretärin ist da und sitzt vor Ihnen.“ Der Vorsitzende habe geantwortet: „Ich habe keine so junge Frau erwartet. Und dann sind Sie auch so schön.“

„So etwas wie heute habe auch ich noch nicht erlebt“

Sie sei „geschockt“ gewesen, erklärt Chebli, ging daraufhin ans Pult und hielt ihre Rede. Allerdings mit einem anderen Anfang als geplant. Sie sagte: „Sehr geehrter Herr Botschafter a.D., es ist schön, am Morgen mit so vielen Komplimenten behäuft zu werden.“ Im Saal habe Totenstille geherrscht, berichtet Chebli. Dann habe sie ihre Rede abwechselnd in Deutsch und Englisch frei gehalten. „Klar, ich erlebe immer wieder Sexismus. Aber so etwas wie heute habe auch ich noch nicht erlebt“, fasst Chebli zusammen.

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Die Version der Deutsch-Indischen Gesellschaft klingt etwas anders. Nach Aussagen von Teilnehmern soll sich Kiderlen bei der Begrüßung erfreut darüber gezeigt haben, dass „eine so junge und schöne Frau als Vertreter des Regierenden Bürgermeisters spricht“. Diese als Kompliment gemeinte, aber offenbar als Grenzüberschreitung gewertete Äußerung habe Chebli dann öffentlich gemacht. Kiderlen war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Bei Twitter verfasste Chebli am Samstag eine Kurzfassung des Vorfalls – und berichtete von ihrer Reaktion beim Paritätischen Wohlfahrtsverband in Berlin, ihrem nächsten Termin: „Gleich nächste Rede. Vorsichtshalber Pumps aus- und Turnschuhe angezogen.“

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Die Reaktionen im Netz gleichen einem Shitstorm. Mehr als 1400 Kommentare erntete sie zu ihrem Facebook-Post. Einige User äußern Unverständnis und schreiben, es habe sich um ein Kompliment und nicht um Sexismus gehandelt. Ein Großteil allerdings besteht aus Beleidigungen. Vergleiche mit Vergewaltigungen werden gezogen („Geschockt? Wie fühlen sich wohl vergewaltigte Frauen?“).

Rassistische Kommentare

Es folgt außerdem die Aufforderung, Chebli möge sich „schämen“ oder „besser zu Hause die Kinder hüten“. Ein Großteil der Bemerkungen hat einen rassistischen Hintergrund und spielt auf den Islam an, dem Chebli angehört. In Kommentaren wird ihr empfohlen, eine Burka oder einen Hidjab zu tragen. Die Häme, die sich über Chebli ergießt, kommt gleichermaßen von Frauen wie von Männern.

Weitere Kommentare gehen in eine andere Richtung. So schreibt Florian Thamm: „Der werte Komplimenteur hat indirekt gesagt: Staatssekretärin, das muss eine alte hässliche Frau sein. Das ist der Sexismus. Kein direkter Sexismus an Frau Cheblis Person, aber doch Sexismus.“

„Was hat mein Aussehen damit zu tun?“

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Chebli selbst äußerte sich im Gespräch mit der WELT über den Shitstorm, den ihre Aussage nach sich zog. „Unabhängig von den heftigen Reaktionen, die jede Debatte um Sexismus auslöst, erschüttert mich, wie schnell die Grenze zum Rassismus überschritten wird“, sagte die Staatssekretärin.

Eine Frau habe ein gutes Gespür dafür, was ein Kompliment und was Sexismus sei: „Nichts gegen schöne Komplimente. Ich kenne keine Frau, die sich nicht darüber freut“, stellte sie klar. Doch es komme eben auf den Kontext an: „Ich bin Staatssekretärin und ich sollte ein Grußwort halten. Was hat mein Aussehen damit zu tun?“ Es sei typisch für Sexismus-Debatten, dass einer Frau vorgeworfen werde, sie würde sich nur anstellen: „Das zeigt, wie dringend eine solche Debatte ist“, sagte Chebli.

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Die 39-Jährige ist studierte Politologin und Mitglied der SPD. Ab Anfang 2014 war Sawsan Chebli stellvertretende Sprecherin des Auswärtigen Amtes. Nach der Wiederwahl von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller wurde die 39-Jährige  Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales.

Sexismus-Debatte in der Berliner CDU

Der Vorfall erinnert an andere Sexismusdebatten in der Politik. Zuletzt an die vor einem Jahr, die in der Berliner CDU geführt wurde und bundesweit eine Diskussion auslöste. Die Bezirkspolitikerin Jenna Behrends hatte dem damaligen CDU-Innensenator Frank Henkel sexistische Sprüche vorgeworfen.

Henkel soll sie auf einem Parteitag der Berliner CDU in Gegenwart von mehreren Leuten als „große süße Maus“ bezeichnet haben. Diesen Vorfall hatte Behrends in einem Beitrag für das Portal „Edition F“ bekannt gemacht und dafür aus den Reihen der Union Unterstützung bekommen – bis hin zur Rückendeckung von CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Auch aus anderen Parteien bekam Behrends Zuspruch.

„Ähnliches bei SPD, FDP und sogar den Grünen“

Die Berliner CDU-Politikerin Jenna Behrends hat Sexismus-Vorwürfe gegen ihren Landesverband erhoben. Sie schildert ihre negativen Erfahrungen. Sehen Sie hier das komplette Interview.

Quelle: Die Welt

Weitere Beispiele sind die Aussage des rheinland-pfälzischen SPD-Politikers Roger Lewentz über die CDU-Landesvorsitzende Julia Klöckner, die er im Jahr 2014 einen „Shitstorm auf Pumps“ nannte. Die SPD-Politikerin Manuela Schwesig berichtete, sie sei von CDU-General Tauber als „Küsten-Barbie“ bezeichnet worden. Der wohl bekannteste Fall ist die anzügliche Dirndl-Bemerkung des Ex-FDP-Spitzenkandidaten Rainer Brüderle gegenüber der damaligen „Stern“-Journalistin Laura Himmelreich.

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