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DIE WELT

Was geht denn hier APP?

Alles kommuniziert mit allem und jeder mit jedem. In Echtzeit. Ständig. Das Internet der Dinge verändert schrittweise die industrielle Produktion, die Geschäftswelt und nicht zuletzt den Alltag

Zwischen der Eingabe in eine einschlägige Suchmaschine und rund 1,32 Millionen Treffern liegt nur eine halbe Sekunde. Ziemlich viele Treffer angesichts der Tatsache, dass das Internet der Dinge mittlerweile Wirtschaft, Politik, Medien und andere Fachwelten elektrisiert, bei der breiten Öffentlichkeit aber noch ein großes Fragezeichen aufwirft. Letzteres wird sich ändern, schließlich hat sich auch das sperrige Wort „Nachhaltigkeit“ samt Lerninhalt den Weg in die Mitte der Gesellschaft gebahnt. Beim Internet der Dinge werden wir einfach keine Wahl haben. Schlicht und ergreifend, weil es den Alltag grundlegend verändern wird. Nicht heute und nicht morgen. Es wird kein Schalter umgelegt, der unvermittelt eine neue Welt in Betrieb nimmt, der Wandel geht langsam voran. Schritt für Schritt.

Zumindest theoretisch ist es ganz einfach mit diesem Internet der Dinge, das international Internet of Things genannt und mit IdD oder IoT abgekürzt wird: Alles kommuniziert mit allem und jeder mit jedem. Digital. In Echtzeit. Ständig. Computer braucht es dafür nicht mehr, weil das Internet der Dinge die bislang ehe-ähnliche Verbindung zwischen Computer und Internet scheiden wird. Computer werden in ihrer Funktion als Eingangstür ins Internet überflüssig, weil Dinge – vom Auto bis zur Zahnbürste – automatisch online und miteinander vernetzt sind und Informationen austauschen, so die Vision. Experten sprechen deshalb schon vom „ambient Internet“.

Prinzipiell lässt sich das IdD als Klammer verstehen, die Bereiche wie Smart Energy, Smart Home, Mobilität, intelligente Kleidung oder Industrie 4.0 verbindet. „Es sind alles Anwendungsbereiche innerhalb des Internet der Dinge“, sagt Christoph Kutter, Direktor des Fraunhofer EMFT (Einrichtung für Mikrosysteme und Festkörper-Technologien) mit Sitz in München. Medienwirksame und immer wieder genannte Beispiele einer schönen, neuen, vernetzten Welt sind der Kühlschrank, der Milch, Käse und Gemüse selbstständig ordert, die sich nach den Bedürfnissen der Bewohner richtende selbstregelnde Heizung oder Roboter, ohne die die moderne Industriefertigung bereits gar nicht mehr möglich wäre. „Noch aber ist alles ein Versuchslabor“, so Christoph Kutter. „Es wird viel ausprobiert, aber wir stehen erst am Anfang.“

Die Idee zum Internet der Dinge ist fast 20 Jahre alt, sie entstammt einer Branche, die die Welt bewegt: der Logistik. Mit steigenden globalen Anforderungen ist dort Timing der alles entscheidende Faktor. Haken im System haben zumindest kostenintensive Folgen. Damit die Waren bei gleichzeitig höchster Kosteneffizienz minutengenau am richtigen Ort eintrifft, braucht es Vernetzung. Ziel ist deshalb ein System, das sich komplett selbst steuert. Unter anderem mehrere Institute der Fraunhofer-Gesellschaft arbeiten seit vielen Jahren an der Realisierung.

Eine neue Studie der Unternehmens- und Strategieberatung McKinsey beziffert den weltweiten wirtschaftlichen Mehrwert durch das IdD bis 2025 auf elf Billionen Dollar. Dies entspräche rund elf Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Den potenziell größten Einfluss habe das IdD in Fabriken, Städten und im Gesundheitswesen. 90 Prozent des gesamten Mehrwerts, schätzt die Studie, werde den Anwendern, also vor allem Unternehmen zu Gute kommen, aber auch den Verbrauchern über günstigere Preise oder Zeitersparnis.

„Voraussetzung für das IdD sind Sensoren. Sie sind sozusagen dessen Sinnesorgane und machen eine Vernetzung erst sinnvoll“, so Kutter. 50 Milliarden Sensoren, Tablets, Smartphones, Computer und sonstige Geräte wollen bis 2020 vernetzt werden. Die dabei generierte Datenmenge ist schon jetzt jenseits des Vorstellungsvermögens und soll noch in diesem Jahr auf elf Exabytes steigen. Das sind elf Trillionen Bytes oder auch elf Milliarden Gigabytes.

„Wenn wir vom Internet der Dinge sprechen, kommen wir automatisch zu Big Data und dem Umgang damit“, sagt der Fraunhofer-Wissenschaftler. ‚Smart‘ bedeutet auch verletzlich, ein noch anonymer Hackerangriff in den USA mit bislang ungekannten Ausmaßen macht das aktuell sehr deutlich. „Wir müssen auch Sensitivität entwickeln und alle Elemente des IdD mit Sicherheit ausstatten. Vor allem die Sensorenkonten müssen sicher sein. Die Technik dafür existiert zum großen Teil bereits, etwa die Möglichkeit, Sensoren mit einem ‚Fingerabdruck‘ auszustatten, also mit einer Adresse – so wie jede Autokarosse eine individuelle Fahrgestellnummer aufweist.“

Die Elektrifizierung in der Mobilität und autonomes Fahren sieht Christoph Kutter als einen der IdD-Bereiche, der sich besonders schnell entwickeln werde. „Hier wird sich in den nächsten fünf bis 15 Jahren sehr viel tun. Autonome Elemente gibt es bereits.“ Durch die Einführung intelligenter Features sieht Kutter auch eine Möglichkeit, das Verständnis von Mobilität schneller zu verändern. „In Städten ist das Mietwagen-Konzept längst selbstverständlich und ein wichtiger Bestandteil des Mobilitätsmixes. Wenn ich meinen Mietwagen aber nicht mehr suchen muss, sondern er selbstständig bei mir vorfährt, werden noch viel mehr Menschen vom Konzept des eigenen Autos wegkommen.“ Das unendliche Internet der Dinge ist Thema des diesjährigen Kongresses des VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik) am 7. und 8. November in Mannheim.

Inhalte dieser Beilage unter: www.welt.de/vernetzte-welten

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