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Reise Asterix & Obelix

"Ganz Gallien ist von den Römern besetzt ..."

"Ganz Gallien? Nein! ..." Der berühmteste aller Gallier wird 50! Der erste Asterix-Comic erschien am 29. Oktober 1959. Dazu gratulieren wir herzlich, lassen die "unbeugsamen Gallier" mit einigen Comiczeichnungen und einem Quiz hochleben – und besuchen ihre Heimat: Aremorica, die heutige Bretagne.
"Wir befinden uns im Jahre 50 v. Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt ... Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten" - der berühmteste Comic-Prolog der Welt "Wir befinden uns im Jahre 50 v. Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt ... Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten" - der berühmteste Comic-Prolog der Welt
"Wir befinden uns im Jahre 50 v. Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt ... Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling... Widerstand zu leisten" - der berühmteste Comic-Prolog der Welt
Quelle: Ehapa Verlag/asterix.de

Obiger Landkartenausschnitt mit der allseits bekannten Lupe ziert den Anfang jedes Asterix-Abenteuers. Auf dieser Zeichnung ist auch mit bescheidenen Geografie-Kenntnissen deutlich zu erkennen, dass der Hort der unbesiegbaren Gallier auf der bretonischen Halbinsel anzusiedeln ist. Was perfekt zur Geschichte der Bretagne passt: Immer wieder hatte man es dort mit übermächtigen Gegnern zu tun, doch bis heute hat es keine Macht der Welt geschafft, den Stolz und die Tradition der Bretonen zu brechen.

Die Bretagne war – ausgenommen Paris – die einzige französische Region, die er damals gut gekannt habe, erklärte der heute 82 Jahre alte Asterix-Zeichner Albert Uderzo in einem Interview auf die Frage, warum er das gallische Dorf ausgerechnet dort angesiedelt habe. Zudem habe Asterix-Texter René Goscinny, der 1977 starb, eine Ortschaft am Meer verlangt, damit die Helden auf dem Seeweg reisen konnten. Einen Namen hätten sie dem Dorf bewusst nicht gegeben, damit kein einzelner Ort für sich in Anspruch nehmen könne, Asterix’ Heimat zu sein.

Oder vielleicht doch? Besteigen die beiden Asterix-Schöpfer im Kurzgeschichtenband „Asterix plaudert aus der Schule“ nicht in dem Ort Le Gouet den Zug nach Paris, um einen Nachfahren von Obelix mit seinem Hinkelstein in die Pariser Redaktion zu bringen? Ist das der entscheidende Hinweis? Leider nein, denn der Ortsname ist Fiktion, Le Gouet heißt bloß ein bretonischer Fluss.

Realität ist hingegen der historische und landschaftliche Kontext, in dem die tapferen Gallier ihre römischen Besatzer regelmäßig vermöbeln. Vieles, was uns aus den Asterix-Heften bekannt vorkommt, finden wir über die ganze Bretagne verstreut: zerklüftete Felsklippen und ausgedehnte Sandstrände, verwunschene Dörfer und alte Städte.

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Damals hieß die Gegend Aremorica, vom Keltischen are-mor, „vor dem Meer“. Die Aremoricaner waren ein rebellisches Volk, dem sich Julius Cäsar höchstselbst gewidmet hat, nachzulesen im fünften Buch seiner „Commentarii de bello Gallico“, in dem er die Zusammenstöße der Römer mit den Seevölkern dieses Gebietes beschreibt.

Aremorica wird in der Asterix-Serie mehrfach erwähnt – zweimal auch als Reiseziel. So behauptet der römische Spion Caligulaminus in „Asterix der Gallier“, in Aremorica Urlaub gemacht zu haben. Und in „Asterix bei den Belgiern“ prophezeit Dorfhäuptling Majestix seiner Heimat eine Zukunft als Urlaubsgebiet: „Dann ist es bald so weit, dass die Leute in den Ferien nach Aremorica kommen! Wegen des Reizklimas, des schönen Hinterlands und des gesunden Essens …“

Die gallischen Hinkelsteine hat er allerdings vergessen zu erwähnen. Die sind bekanntlich das Markenzeichen von Obelix – und heute eine Touristenattraktion: In Carnac an der Südküste der Bretagne stehen rund 3000 davon in Reih und Glied. Der größte Hinkelstein (bretonisch: Menhir) liegt in drei Teile zerbrochen in der Ortschaft Locmariaquer; in einem Stück war er 20 Meter hoch und wog 350 Tonnen. Die ansonsten zwischen einem halben und vier Meter hohen Steine wurden bereits vor über 6000 Jahren vermutlich als Prozessionsreihen platziert, die zu besonderen Kultplätzen führten. Insoweit darf bezweifelt werden, dass Obelix sie aufgestellt hat, denn er wirkte erst um 50 v. Chr.

Und was ist mit dem erwähnten gesunden Essen der Bretagne? Wie der kundige Leser weiß, ist Verleihnix der Fischhändler des gallischen Dorfes. Man rätselt, woher seine Fische stammen, denn obwohl er das Meer direkt vor der Tür hat, stinkt seine Ware zum Himmel. Woraus sich stets heftige Dorfschlägereien entwickeln. Hätte er doch in Concarneau geordert, einem Fischer- und Ferienort unweit von Carnac. Über 150 Kutter zählt die örtliche Flotte. Seezungen, Meerbarsche, Makrelen, Seehechte, Kabeljau, Schollen, Katzenhaie, Seeteufel, Steinbutt, Meeräschen, Langusten – alles hätte Verleihnix dort absolut frisch bekommen.

Und die guten, alten Piraten, die von den Galliern regelmäßig versenkt wurden? Die waren es offenbar müde, ständig baden zu gehen, und haben sich in Saint-Malo niedergelassen. Von der Stadt an der Smaragd-Küste aus machten sie dann im 17. Jahrhundert die Weltmeere unsicher. Die Korsaren, allen voran der berühmte Robert Surcouf, kaperten im Auftrag der Krone, im Gepäck den „Lettre de Course“, quasi ein königlicher Freibrief für Raub und Totschlag.

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Weshalb Saint-Malo heute für sich in Anspruch nimmt, genau an der Stelle zu liegen, die sich Uderzo und Goscinny für ihr Heldendorf ausgedacht haben. Ähnliche Ansprüche könnte auch Cancale geltend machen, das nur ein paar Hinkelsteinwürfe entfernt liegt. Der kleine Hafenort ist die Austernhauptstadt Europas. Auf fast 400 Hektar werden die Meerestiere hier gezüchtet und geerntet.

Wir erinnern uns, dass Austern zu den Spezialitäten gehören, die Asterix und Obelix auf ihrer „Tour de France“ in ihr Dorf mitbringen, und dass Obelix in „Asterix auf Korsika“ sagt, dass es mit den Römern wie mit den Austern sei – die kleinen seien oft die Besten! In einem der vielen Restaurants am Hafen können Sie die Probe aufs Exempel machen, bei einem Dutzend Belons oder Fines de Claires.

Einen anderen Hinweis auf die Heimat von Asterix liefert der berühmte Zaubertrank des Druiden Miraculix, der den Dorfbewohnern regelmäßig übermenschliche Kräfte verleiht. Eine der wichtigsten Zutaten sind Misteln, mit einer Sichel geschnitten. Und wo gibt es in der Bretagne Misteln satt? Im Wald von Brocéliande bei Paimpont. Die Misteln sind aber nicht nur zum Brauen des Zaubertranks gut, sondern auch zur Vertiefung zwischenmenschlicher Beziehungen, was bereits in Gallien ein beliebter Brauch war, nachzulesen in „Asterix plaudert aus der Schule“. Dort versucht Obelix, unter einer Mistel wartend, von der von ihm heimlich verehrten Falbala einen Kuss zu erhaschen.

Brocéliande ist in der Tat ein wahrer Zauberwald. Kein Wunder: Der namentliche Ursprung ist Barc’h Hé lan, was so viel wie „Reich der Druiden“ bedeutet. Die französische Version der Artussage spielt hier, man kann zu Merlins Grab wandern und zur „Quelle der ewigen Jugend“. Brocéliande ist wundersam wild und verwunschen und voller mystischer Plätze. Hüfthoher Farn, Brombeerhecken, Eichen, Kastanien, Buchen, Efeu, Fingerhut, es duftet nach Beeren und Pilzen, über die schmalen Pfade hüpfen kleine goldfarbene Frösche. Plötzlich raschelt und knackt es im Gebüsch, wird das gar ein Wildschwein sein?

Eher nicht. Wildschweine, die bevorzugte Kost von Asterix und Obelix, sind heute rar in der Bretagne. Selbst im „Relais de Brocéliande“, einem der wenigen empfehlenswerten Hotel-Restaurants in der Gegend, steht nicht mal eine Wildschweinpastete auf der Karte.

Wenn wir wie Obelix schlemmen wollen, müssen wir schon nach Rennes fahren, dem einstigen Condate. Statt der üblichen bretonischen Galettes und Crêpes werden dort im „ Léon le Cochon“ knusprige Haxen und andere Schweinereien serviert. Der griechische Geschichtsschreiber Poseidonios hat vor rund 2000 Jahren über die Tischsitten der Gallier berichtet: „Sie essen mit dem Appetit eines Löwen, und sie packen die Gliedmaßen mit beiden Händen fest und knabbern diese bis auf die Knochen ab.“ Wer den Gästen im „Léon le Cochon“ zuschaut, kommt schnell zu dem Schluss, dass sich daran bis heute nichts geändert hat.

In Condate sind in den Asterix-Bänden auch die Väter der beiden Helden, Astronomix und Obelodalix, zu Hause. Sie betreiben dort den Souvenirladen „Zum hippen Aremoricaner“. Andenken-Ramsch finden wir heute noch in der Altstadt von Rennes, aber auch richtig gemütliche Kneipen. Wenn wir Glück haben (oder auch nicht), tritt dort abends ein Sänger auf und gibt Gwerzioù zum Besten, die traditionellen bretonischen Klagelieder. Wer jemals diesen in hoher Tonlage vorgetragenen Musikstücken gelauscht hat, weiß ganz genau, warum der Barde Troubadix in jeder Asterix-Geschichte ordentlich Prügel bezieht.

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Anreise : Mit dem TGV via Paris oder mit dem Auto über Paris oder die Normandie in die Bretagne.

Unterkunft : „Le Relais de Brocéliande“ in Paimpont, Doppelzimmer ab 80 Euro, Telefon 0033/299 07 84 94, www.relais-de-broceliande.fr

Auskunft : Atout France, Telefon 0900/157 00 25, www.franceguide.com

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