Planung ist das halbe Leben – das gilt auch für das perfekte Public-Viewing-Erlebnis. Manchmal aber ist selbst die beste Vorbereitung vergebens. Dazu bedarf es nicht einmal der Launen des Fußballgottes, die Stolpersteine auf dem Weg zum ungetrübten Fußballgenuss sind oftmals weltlicher Natur. Stichwort Empfangstechnik: Wer hier auf die falschen Kanäle setzt, schaut in den spannendsten Momenten des Turniers in die Röhre.
Das Szenario haben viele bereits erlebt: Der fußballaffine Freundeskreis ist bereits vor Wochen alarmiert worden, die Premiumplätze in der WM-Kneipe des Vertrauens wurden frühzeitig besetzt. Kulinarisch ist das Spiel schon vor dem Anpfiff ein Selbstläufer, und im besten Fall folgen 90 Minuten Hochgeschwindigkeitsfußball, die an Dramatik kaum zu überbieten sind. Public Viewing de luxe sozusagen. Zumindest bis das erste Tor fällt.
Spätestens dann macht sich bemerkbar, dass der benachbarte Kneipier den schnelleren Draht nach Brasilien hat. Während auf dem eigenen Bildschirm noch der Angriff rollt, wird nebenan schon lautstark gejubelt – über das Tor, das man selbst erst in ein paar Sekunden sehen wird. Ein echter Stimmungskiller, schließlich lebt der Sport von seiner Unvorhersehbarkeit. Besonders bitter wird es dann, wenn sich die Spannung beim Elfmeterschießen zuspitzt. Oder eben auch nicht.
ARD und ZDF senden unterschiedlich schnell
Wie aber kommt es, dass die Bilder unterschiedlich schnell in die Kneipen und Wohnzimmer gelangen? Begründen lässt sich die Zeitverzögerung mit der Verarbeitung der Videodaten, die je nach Empfangsart unterschiedlich läuft. Vom Übertragungswagen am Ort des Geschehens landet das Signal bei der Sendeanstalt, die es an Satelliten- und Kabelanbieter weiterleitet. Hier erfolgt eine erneute Weiterverarbeitung, ehe das Bild beim Endverbraucher ankommt.
Wird das Signal über Kabelanschluss empfangen, entsteht dabei ein Zeitversatz. Wie groß dieser ausfällt, variiert, denn der Kabelanbieter sendet seine Signale an Knotenpunkte. Die Entfernung des Endgerätes zu diesem Knotenpunkt hat Einfluss auf die Übertragungsdauer des Signals, das in manchen Fällen auch noch entschlüsselt werden muss. Beim Satellitenempfang entstehen hingegen kaum Zeitverzögerungen, sogenannte Latenzen.
Nicht nur die einzelnen Empfangstechnologie weisen unterschiedliche Latenzen auf, auch die übertragenden Sender. Grundsätzlich gilt hierbei: Die ARD sendet ein paar Sekunden schneller als das ZDF.
Im Ersten läuft das Satellitensignal in Standardqualität (SD) am schnellsten ein. Das HD-Signal (Satellit) und DVB-T kommen mit zwei Sekunden Verzögerung an, bei Kabel liegt die Latenz zwischen drei (analog) und sechs Sekunden (digital).
Mit dem Zweiten sieht man zwar nach eigener Aussage besser, aber nicht schneller: Hier rangiert das HD-Signal (Satellit) vor dem Standardsignal (Satellit) und DVB-T – beide weisen rund drei Sekunden Verzögerung auf. Das analoge Kabelsignal (HD) benötigt hingegen ganze acht Sekunden länger, das Standardsignal via Kabel sogar zehn.
Das älteste Medium ist das schnellste
Im Vergleich zum behäbigen Internetstream wirken die TV-Ausspielungen allerdings wie die Arjen Robbens unter den Übertragungstechniken. Bei den Livestreams von ARD und ZDF können bis zu 60 Sekunden (!) Verzögerung entstehen. Der Grund: Das digitalisierte Bild wird auf einem Server zwischengespeichert und vom Computer noch mal gepuffert. Etwas schneller ist der Streaminganbieter Zattoo, der mit einer Latenz von 30 Sekunden aber immer noch deutlich langsamer ist als das TV-Signal.
Fazit: Für einen möglichst schnellen Torjubel ist die Satellitenübertragung erste Wahl, im Zweifelsfall ist das Standardsignal dabei schneller als das HD-Signal. Wer über Kabel schaut, muss deutliche Verzögerungen in Kauf nehmen, und das Hochgeschwindigkeitsmedium Internet trudelt in diesem Fall weit abgeschlagen ein.
Besonders ungeduldigen Fußballfans sei an dieser Stelle noch ein Trick empfohlen: der Griff zum Radio. In puncto Tempo ist der Hörfunk nicht zu schlagen.