Die Schmach, die der verschwenderische Ex-Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst über das Bistum Limburg brachte, ist längst nicht vergessen, da naht für die katholische Kirche an der Lahn der nächste Skandal: Ein Mitarbeiter des seit September 2016 in Limburg tätigen Bischofs Georg Bätzing ist ins Visier der Kinderporno-Ermittler geraten. Der 55-Jährige ist bis auf Weiteres von allen Aufgaben in der Diözese freigestellt.
Der Mann soll auf seinem Dienst-PC im Bischofshaus und auf elektronischen Medien Kinderpornos gespeichert haben – und zwar nicht nur in größeren Mengen, sondern auch mit Inhalten, die einem Medienbericht zufolge „eindeutig und schockierend“ sein sollen.
Besonders brisant ist, dass es sich nach Informationen der „Welt“ um den persönlichen Referenten und Büroleiter von Bischof Bätzing handelt. Der Mann stand bisher bei allen wichtigen Anlässen im Dom, darunter der Bischofsweihe, ganz vorn unter den Geistlichen. Die Personalie wurde mit Verweis auf die Persönlichkeitsrechte und Unschuldsvermutung aber nicht bestätigt.
Name aus Internet-Auftritt gelöscht
Sollte sich der Verdacht indes erhärten, hätte der Skandal auch Dimensionen über Limburg hinaus. Denn der Beschuldigte leitete nicht nur die Ausbildung der Diakone im Priesterseminar, er repräsentierte bis vor Kurzem als Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Ständiger Diakonat auch alle 3300 Diakone in Deutschland. Auch den Vorsitz der Bundesarbeitsgemeinschaft hat er seit 3. Februar nicht mehr inne. Im Internetauftritt der Vereinigung findet sich kein Verweis mehr auf seinen Namen.
Diakone galten lange nur als „Diener“ oder Hilfen, das Amt als Vorstufe zum Priester. Doch mittlerweile ist das Diakonat wieder aufgewertet, sodass Diakone neben der Gemeindearbeit wie der Betreuung von Kranken oder Bedürftigen auch Gottesdienste halten, trauen oder beerdigen dürfen.
Die in Gießen angesiedelte Zentralstelle für Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt ist dem Theologen durch wochenlange verdeckte Ermittlungen auf die Spur gekommen. Darüber hatte zuerst die „Frankfurter Neue Presse“ berichtet. Später bestätigten die Staatsanwaltschaft und der Sprecher des Limburger Bistums, Stephan Schnelle, den „Anfangsverdacht“ gegen einen „langjährigen Beschäftigten der Diözese“. Mit Verweis auf die Unschuldsvermutung wollte Schnelle aber keine weiteren Angaben zur Person oder Funktion machen.
Bistum will mit Ermittlern zusammenarbeiten
Bereits Anfang Februar wurden das Zuhause und das Büro des Mannes durchsucht. Die Ermittler nahmen offenbar unter anderem zwei Laptops, einen Computer, ein Tablet-Gerät sowie USB-Sticks und CDs mit. Sprecher Schnelle versprach eine enge Zusammenarbeit des Bistums mit den Strafverfolgungsbehörden. Das Bistum halte sich hier streng an die bischöflichen Leitlinien. Die Staatsanwaltschaft bestätigte die Kooperationsbereitschaft der Kirche.
Bischof Bätzing zeigt sich „sehr beunruhigt“ über den Verdacht. Dem Bistum sei sehr daran gelegen, dass der Vorwurf schnell aufgeklärt werde. Auf die Frage, ob er für das Bistum, das gerade das Vertrauen der Gläubigen zurückgewinnen will, nun neue Turbulenzen befürchte, sagte er: „Es geht uns nicht ums Bistum und Ruhe oder Unruhe, sondern hier geht es darum, wenn da etwas dran ist, es aufzuklären. Und dann, wenn es strafbar ist, muss es bestraft werden.“
IP-Adresse führte zur Kirche
Bätzing hat bereits den Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz, den Trierer Bischof Stephan Ackermann, informiert. Ackermann aber ist gerade unterwegs in Burkina Faso.
Auf die Spur kamen die Ermittler dem Beschuldigten durch seine Internetaktivitäten. Wie Sprecher Schnelle sagte, fragte die Staatsanwaltschaft beim Bistum an, weil im Rahmen von Ermittlungen gegen die Verbreitung von Kinderpornografie eine IP-Adresse zur Kirche führte.
In seiner aktuellen Funktion soll der 55-jährige Familienvater nicht mit Kindern in Kontakt gewesen sein. Allerdings arbeitete der Freigestellte erst seit rund einem Jahr auf der derzeitigen Position. Zuvor war er 13 Jahre lang in einer Pfarrei im Westerwald tätig und soll dort auch mit Kindern und Jugendlichen zu tun gehabt haben. Nach Limburg gerufen wurde er noch von Weihbischof Manfred Grothe, der in der zweijährigen Phase, als das Bistum keinen Bischof hatte, verantwortlich war für das Tagesgeschäft.
Frühere Gemeinde beklagt sich über den Diakon
Der Beschuldigte ist Seelsorger und Kirchenrechtler mit Lehrerlaubnis. Er hatte vor über 20 Jahren die Diakonenweihe erhalten. Außerdem engagierte er sich als Ausbildungsreferent für die Ständigen Diakone. Seit 2005 war er zudem Diözesanrichter. Als Diakon und Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft machte sich der 55-Jährige besonders dafür stark, dass Diakone in der Liturgie eine stärkere Rolle einnehmen.
Er wünsche sich eine verstärkte theologische Reflexion und kirchenrechtliche Einordnung des Ständigen Diakonats, hatte er einmal betont. Denn das Amt werde etwa durch die Zusammenlegung von Pfarreien immer wichtiger.
Laut der „Frankfurter Neuen Presse“ hält man dem Mann aber in seiner früheren Pfarrei vor, dass ihm das Thema Liturgie wichtiger gewesen sei als die Seelsorge – seine eigentliche Aufgabe. Angeblich soll es zu Auseinandersetzungen gekommen sein, bis der Geistliche schließlich den Ort verließ.
Im Netz ergoss sich nach Bekanntwerden der Meldung eine Flut des Spotts und der Verachtung über Limburg. „Nach dem Skandal um Tebartz-van Elst das Vertrauen zurückzugewinnen. Läuft im Bistum Limburg“, schrieb jemand auf Twitter, „Sind das die Werte des christlichen Abendlandes?“, ein anderer.
Ein anderer Nutzer fragt spöttisch: „Bleibt die Frage, ob das Glockenspiel in Limburg auch 'Ihr Kinderlei kommet' spielt....“ Damit spielte er an auf die andere Nachricht, die Limburg gerade Schlagzeilen beschert hatte: Wegen des Protests einer Veganerin war am Glockenspiel das Lied „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ abgestellt worden.