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Panorama Bad Godesberg

Wende im Todesfall Niklas P.?

Korrespondent
Im Mordfall Niklas gibt es einen neuen Verdächtigen

Niklas P. wurde Anfang Mai 2016 nachts in der Nähe des Bahnhofs von Bad Godesberg verprügelt. Wenige Tage später erlag er seinen Verletzungen. Nun wurde der Hauptverdächtige von einer Zeugenaussage entlastet.

Quelle: N24/Kevin Knauer

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Eine neue Zeugin entlastet überraschend den bisherigen Hauptangeklagten vor dem Landgericht Bonn. Aber wer hat hier Angst vor wem? Wer lügt? Und wem gehört die Jacke mit dem Blut von Niklas?

Walid S. passte in die Rolle des Täters. Er wird schnell aggressiv, schlug schon öfter zu und prahlte selbst vor der Polizei damit, dass man seine Faust in Bonn-Bad Godesberg kennt. Der 21-Jährige besaß kein sicheres Alibi für den Morgen des 7. Mai 2016. Damals befand sich der 17-jährige Niklas P. an der zentralen Bushaltestelle von Godesberg, als ihn gegen 0.10 Uhr eine Faust am Kopf traf.

Er stürzte zu Boden und bekam noch einen Tritt gegen den Kopf. Wenige Tage später starb Niklas im Krankenhaus.

Niklas hatte keine Chance

Augenzeugen wollen gesehen haben, dass Walid S. in jener Nacht zuschlug und zutrat. Außerdem wurde bei ihm eine Jacke mit Blutspuren von Niklas gefunden. Die Staatsanwaltschaft Bonn ist deshalb davon überzeugt, dass er der Haupttäter ist, und hat ihn gemeinsam mit dem 21-jährigen Roman W. angeklagt, der beim Angriff auf Niklas dabei gewesen sein soll. Ihnen wird Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen.

Bereits die ersten Prozesstage vor dem Landgericht Bonn zeigten, wie schwierig die Beweisführung für die Jugendgerichtskammer mit ihrem Vorsitzenden Richter Volker Kunkel wird. Walid S. streitet die Tat ab, und Zeugen zögerten. Sie waren sich zwischen 90 und 100 Prozent sicher, dass Walid S. der Täter war.

Der beste Freund von Niklas, der ihn in der verhängnisvollen Nacht begleitet hatte, hatte Walid S. zunächst nicht erkannt, als er bei den Zeugenvernehmungen der Polizei eine umfangreiche Lichtbilddatei von potenziellen Tatverdächtigen durchsah. Er war sich erst ganz sicher, als ihm Niklas' Schwester später ein Facebook-Profilbild von Walid S. zugeschickt hatte.

Die Ermittlungen waren kurios verlaufen, denn parallel zur Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft suchten Freunde und Bekannte von Niklas P. die sozialen Netzwerke nach Namen von möglichen Tatverdächtigen ab. Sie schickten sich untereinander Profilbilder und zeigten sie der Polizei. Schließlich lief es auf Walid S. hinaus, auch weil dieser sich in Widersprüche verwickelte.

Dann kam der Verhandlungstag am vergangenen Freitag. Eigentlich waren alle Zeugen gehört, Plädoyers und Urteil standen noch aus. Da bot der Verteidiger von Walid S., Rechtsanwalt Martin Kretschmer, überraschend die 19-jährige Siham B. auf, die im Zeugenstand aussagte, dass nicht Walid S., sondern Hakim D. der Haupttäter sei, der Niklas geschlagen und getreten habe.

Er log aus Angst

Der Vorsitzende Richter Kunkel hat deshalb mehrere Zeugen erneut geladen, die bereits ausgesagt haben, und zusätzliche Prozesstage bis Anfang Mai terminiert. Diese Zeugin widersprach also den Aussagen von Niklas’ Begleitern in jener Nacht.

Zu den Zeugen gehört demnach auch ein 26-Jähriger. Er soll nach Darstellung der neuen Zeugin Walid S. bei Polizei und Gericht falsch belastet haben. „Bei seiner Aussage hat er gelogen, aus Angst vor dem wahren Täter. Er will auf keinen Fall nochmal vor Gericht erscheinen“, erzählte Zeugin Siham B. am vergangenen Freitag vor Gericht.

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Ihrer Aussage zufolge hat sie Kontakt zu einem Freund des 26-Jährigen. Auf diesem Wege habe sie von der angeblichen Falschaussage erfahren. Hakim D. soll gedroht haben, dass er dem 26-Jährigen „eine Kugel zwischen die Augen verpasse“, wenn dieser ihn belaste. Hakim D. soll wegen einer anderen Verurteilung in Abschiebehaft nach Tunesien sitzen. Die Zeugin betonte, sie wolle, dass die Wahrheit ans Licht komme und niemand fälschlich verurteilt werden.

Walid kann mit Freispruch rechnen

Die Staatsanwaltschaft Bonn äußert sich grundsätzlich nicht zu laufenden Verfahren und gibt deshalb auf Anfrage auch keine Einschätzung zu einer möglichen Wende im Niklas-Prozess ab. Es ist bekannt, dass die Ermittler Hakim D. ebenfalls als Tatverdächtigen im Visier hatten, doch hat sich dieser Verdacht nicht bestätigt. Die Jacke mit den Blutspuren gehört eigentlich Hakim D., doch sie wurde bei Walid S. gefunden.

Hakim D. selbst hat im Verfahren die Aussage verweigert. Sollte sich der Hinweis auf den wahren Täter erhärten, dann könnte Walid S. mehr denn je mit einem Freispruch rechnen. Die Staatsanwaltschaft Bonn müsste mit einer neuen Anklage einen weiteren Prozess anstrengen, damit der Hauptschuldige für Niklas' Tod verurteilt wird.

An der Anwesenheit des mitangeklagten Roman W. haben die Zeugen keine Zweifel. Auf ihn können Gericht und Staatsanwaltschaft nicht zählen. Er äußert sich nicht zum Sachverhalt.

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