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Panorama Kopftuch für alle?

„Herr Bundespräsident, Sie verbreiten Kulturrelativismus und puren Sexismus“

Alexander Van der Bellen sorgte mit seinem Kopftuch-Vorschlag für Ärger Alexander Van der Bellen sorgte mit seinem Kopftuch-Vorschlag für Ärger
Alexander Van der Bellen sorgte mit seinem Kopftuch-Vorschlag für Ärger
Quelle: AFP/Getty Images
Der Vorschlag des österreichischen Bundespräsidenten schlägt hohe Wellen. Muslimische Frauenrechtlerinnen, die von ihren Familien unterdrückt wurden, sind entsetzt. Ein offener Brief an Alexander Van der Bellen.

War es ein Scherz? Eine Übertreibung? Eine Allegorie? Ein Blackout? Vier Wochen ist es bereits her, aber nun wurde öffentlich bekannt, was sich der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen für die Frauen seines Landes so vorstellen kann:

Van der Bellen warnt vor wachsender Islamophobie

Van der Bellen sieht den Tag nahen, an dem alle Frauen ein Kopftuch tragen müssen. „Aus Solidarität gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun.“ Das sagte der österreichische Bundespräsident in einer Diskussionsrunde.

Quelle: N24

„Wenn es so weitergeht … bei der tatsächlich um sich greifenden Islamophobie, wird noch der Tag kommen, an dem wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen – alle – aus Solidarität gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun.“

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Solidarität mit Musliminnen?

Das sagte Van der Bellen bei einer Diskussionsrunde im Haus der Europäischen Union am 24. März zu Schülern. Am Dienstagabend sendete der österreichische Fernsehsender ORF einen Mitschnitt dieser Sätze und löste die zu erwartenden Proteste aus. Auch muslimische Menschenrechtsaktivistinnen sind empört. Hier der offene Brief von sieben Aktivistinnen an den österreichischen Präsidenten:

Sehr geehrter Herr Bundespräsident van der Bellen,

wir, die Menschenrechtsaktivistinnen die aus rein islamischen Kulturkreisen kommen und aus diesen fliehen mussten, weil unser Leben bedroht war – wir den religiösen Zwang, die Unterdrückung und die Gewalt als Frauen nicht mehr ertragen konnten – sind entrüstet über Ihre in unseren Augen naiven Aussagen bezüglich des Kopftuchs und des politischen Islams.

Unsere Arbeit sowie unsere persönlichen Geschichten dürften Ihnen als Politiker bekannt sein.

Wir sind aus Saudi-Arabien, Iran, Irak, Pakistan, Afghanistan, Algerien, Mazedonien und selbst aus muslimischen Familien in Europa geflohen.

Viele von uns mussten unter dem gesetzlich verordneten Kopftuchzwang leben, andere unter dem Druck, dass das Kopftuch das Symbol für eine ehrbare und sittliche Frau ist. Daraus haben wir uns unter lebensbedrohlichen Umständen heraus gekämpft.

Frauenfeindliche Religion

Wir wissen leider zu gut, was es heißt, in diesen Kulturkreisen als Frauen hineingeboren zu werden und unter diesen frauenfeundlichen Umständen aufzuwachsen.

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Daher haben wir es zu unserer Lebensaufgabe gemacht, den Millionen Frauen auf der ganzen Welt, die in diesen Kreisen gefangen sind und darunter leiden, eine Stimme zu geben und auf ihr Leid aufmerksam zu machen.

Sie missbrauchen die Kraft Ihres Amtes, indem Sie das Kopftuch als ein Symbol der Freiheit darstellen, obwohl es für Geschlechter-Apartheid, Unterdrückung, Zwang und die Trennung zwischen einer sittlichen ehrbaren Frau und einer Hure steht!

Sie gehen sogar so weit, uns westliche freie Frauen darum zu bitten, uns aus Solidarität gegen die sogenannte Islamophobie und den vermeintlichen Rassismus zu entweiblichen?

Dieser Kulturrelativismus, dieser pure Sexismus, den Ihre Aussagen bedeuten, ist für uns unerträglich.

In dem Video gibt es genau zwei – mehr als naive – Aussagen von Ihnen:

1. „Wenn es so weitergeht (…) bei der tatsächlich um sich greifenden Islamophobie, wird noch der Tag kommen, an dem wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen – alle – aus Solidarität gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun.“

2. „Es ist das Recht der Frau – tragen Männer auch Kopftücher? Es ist das Recht der Frau wie auch immer sie möchte…“

Errungenschaften der Frauenbewegung bewahren

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Herr Bundespräsident, gehen Sie in sich. Denken Sie über Ihre Aussagen nochmals nach.

Wir sehen die dringende Notwendigkeit einer Zusammenkunft mit Ihnen, in dem wir Ihnen genau berichten können, was es bedeutet als Frau in diesen Kulturkreisen zu leben.

Wir geben Millionen von Frauen eine Stimme, die keine Stimme in der Öffentlichkeit haben, sowie wie wir die Errungenschaften der Frauenbewegung und den Urfeminismus schützen, der unverzichtbar für die heutige Demokratie, unsere westlichen Werte und Gesetze ist.

Sie nehmen sich die Zeit um die Stimmen der Menschen, die unter der angeblichen „Islamophobie“ leiden, zu hören.

Nun fordern WIR, die Stimmen von Millionen von Frauen und auch Männern, die unter dem politischen patriarchalischen Islam gelitten haben und bis heute tagtäglich leiden, Ihre Aufmerksamkeit ein.

Dies sind Sie nach Ihren öffentlichen Aussagen Millionen Menschen schuldig.

Wir denken, dass es auch in Ihrem Interesse liegt, auf Leid, Zwang und Unterdrückung aufmerksam zu machen und alle beteiligten Seiten anzuhören, sowie es in Ihrem Interesse liegt, den rechten Hetzern das Feld nicht zu überlassen.

Daher sind wir in guter Hoffnung, dass ein Treffen zwischen Ihnen und uns schnellstmöglich durchführbar ist.

Mina Ahadi (Iran)

Zana Ramadani (Mazedonien)

Kenza Boukhelida-Andresen (Algerian)

Nazanin Brumand (Iran)

Worood Zuhair (Iraq)

Rasha Ahamad (Yeman)

Naila Chikhi (Algerien)

(hinter unseren Namen befinden sich unsere Herkunftsländer)

Van der Bellen verteidigt Vorschlag für Kopftuch-Tragen

Alexander van der Bellen hat seine Äußerung verteidigt, alle Frauen könnten einen Tag aus Solidarität mit Musliminnen ein Kopftuch tragen: „Es gibt größere Probleme als die Frage Kopftuch“, sagte er der „Welt“.

Quelle: N24

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