Die Überwachungskameras des ägyptischen Krankenhauses zeichneten schockierende Szenen auf: Eine junge Frau rennt plötzlich aus ihrem Krankenhauszimmer und will fliehen, ein Mann folgt ihr. Dann wirft sie sich plötzlich auf den Boden.
Der Mann, offensichtlich ein Mitarbeiter des Spitals, sowie vier weitere herbeigeeilte Personen versuchen die Patientin zu beruhigen. Einer von ihnen legt kurz eine Hand auf ihre Schulter. Daraufhin springt die Frau auf, schubst und tritt ihn. Nur mit Mühe kann sie festgehalten und weggetragen werden. Wenige Stunden später ist sie tot.
Der Fall der kürzlich verstorbenen Magdalena Żuk aus Breslau rührt seit Tagen die polnische Öffentlichkeit auf. Mehrmals täglich berichten die Medien über neue Erkenntnisse — und können doch die eine entscheidende Frage nicht beantworten: Warum musste die 27-Jährige sterben?
Fragen werfen vor allem weitere Videoaufnahmen auf, auf denen die Polin sich merkwürdig verhält und kaum ansprechbar ist. Im Internet kursieren Spekulationen über ihren Tod.
Plötzlich verhält sich die Frau völlig merkwürdig
Eigentlich hätte der Urlaub eine Überraschung für ihren Freund Markus sein sollen, doch der hat keinen gültigen Reisepass. Auf dem Flughafen trifft die Polin dann aber eine verhängnisvolle Entscheidung: Sie werde alleine nach Ägypten reisen. Am 26. April landet sie kurz nach Mitternacht in Hurghada.
Schon am ersten Tag stellen andere Urlauber fest, die mit ihr aus Polen angereist waren und ebenfalls in Magdalenas Vier-Sterne-Hotel wohnten, fest, dass sie sich merkwürdig verhält. Am zweiten Tag verschlechtert sich ihr Zustand offenbar weiter. Markus W. sagt später dem Fernsehsender TVN24, dass sie an diesem Tag etwas „sehr Beunruhigendes“ gemacht habe. Genaueres will er nicht verraten, da noch ermittelt wird. Er kauft ihr ein Flugticket, damit sie früher nach Polen zurückkehren kann.
Im Internet taucht später ein Video von einem Gespräch zwischen Markus und der verstorbenen Magdalena auf, das am 29. April stattgefunden haben soll. „Engelchen, du kannst mir alles sagen. Was ist los?“, fragt er sie immer wieder. Sie weint nur und schaut angsterfüllt in das Telefon, das der ägyptische Reiseleiter für sie hält und sagt die meiste Zeit über nichts. Sie wirkt, als verstehe sie kaum, was vor sich geht.
Völlige Verzweiflung bei einem Telefonat
Dann spricht Magdalena doch. Verzweifelt, mit weinerlicher Stimme fleht sie ihren Freund an: „Bitte hol mich hier ab.“ Und dann nach einer Pause, heftig weinend: „Die haben hier verschiedene Tricks. Hol mich hier ab. Die tun mir hier etwas an. Hol mich ab!“
„Aber was machen sie?“
„Hol mich ab!“ Und nach einer weiteren Pause fügt sie hinzu: „Ich komme nicht mehr von hier zurück.“
Ein weiteres Video gibt Rätsel auf: Darauf ist Magdalena zu sehen, wie sie in einem Bademantel zusammengekauert auf der Schwelle ihres Hotelzimmers liegt und weint.
Am 28. April bringt der Reiseleiter Mahmoud K. sie in ein Krankenhaus. Dort vermutet der Arzt eine Depression und schickt sie wieder weg. Das Krankenhaus sei nicht für eine psychiatrische Behandlung ausgelegt. Außerdem habe Żuk nicht bleiben wollen.
Wurde sie Opfer einer Massenvergewaltigung?
Einen Tag später soll sie nach Hause fliegen, aber man lässt sie nicht an Bord des Flugzeugs, da sie in schlechtem Zustand ist. Der Reiseleiter bringt sie wieder in das Krankenhaus in Port Ghalib bei Marsa Alam. Dort kommt es zu der Auseinandersetzung mit dem Krankenhauspersonal. Wenige Stunden später ist Magdalena Żuk tot. Sie soll aus dem Fenster gesprungen sein. Die Krankenschwester Fateh Ahmed ist anwesend, als es passiert. Sie berichtet, Magdalena habe sie geschlagen und getreten. Sie habe ihr nicht mehr helfen können.
Die Polin überlebt den Sprung aus dem zweiten Stock zunächst und wird in ein Krankenhaus in dem 300 Kilometer entfernten Hurghada gebracht, da das Spital in Port Ghaib nicht auf solch schwere Verletzungen vorbereitet ist. Dort stirbt sie.
Die Ereignisse sind so rätselhaft, dass nun heftig darüber spekuliert wird, was der Auslöser für das merkwürdige Verhalten gewesen sein könnte. Der in Polen berühmte Privatdetektiv Krzysztof Rutkowski schaltete sich in den Fall ein und stellte auf einer Pressekonferenz die These auf, die 27-Jährige sei unter Einfluss von Betäubungsmitteln Opfer einer Massenvergewaltigung geworden. Später distanzierte er sich von seinen Äußerungen, die er durch nichts belegen konnte.
Internationaler Menschenhandel soll verstrickt sein
Ernster zu nehmen sind dagegen die Äußerungen des polnischen Justizministers und Generalstaatsanwalts Zbigniew Ziobro, der ein polnisches Ermittlerteam nach Ägypten entsandt hat. Ziobro hat bereits die Ergebnisse der Autopsie, wollte diese jedoch der Öffentlichkeit noch nicht bekannt geben. Er machte jedoch auf einer Pressekonferenz am Mittwoch einige Andeutungen: Magdalenas Tod könne etwas mit internationalem Menschenhandel und der „Ausnutzung von Frauen zu sexuellen Zwecken“ zu tun haben. Man sei einem bestimmten „Muster“ auf der Spur, es könne weitere Opfer geben. Er hatte polnische Ermittler nach Ägypten entsandt, um den Fall aufzuklären. Auch eine Autopsie der Leiche wurde bereits vorgenommen, aber die Ergebnisse wollte Ziobro noch nicht bekannt geben, da vieles noch geklärt werden müsse.
Medien heizten die Spekulationen noch weiter an, indem sie auf einen möglichen Zusammenhang der Tat mit dem Tod eines anderen Mädchens hinweisen: Im Jahr 2016 soll das 16-jährige Model Karolina Kaczorowska in einem Hotel in Polen Selbstmord begangen haben. Sie wurde ebenso wie Magdalena Żuk als lebensfrohe Person beschrieben. Auch von ihr wurde berichtet, dass sie sich vor ihrem Tod merkwürdig verhalten habe. Laut diversen polnischen Medien wurden in ihrem Blut später Drogen festgestellt: Mephedron, ein hoch gefährliches Amphetamin.
Auch im Fall von Magdalena Żuk wird vermutet, dass Drogen der Auslöser für das merkwürdige Verhalten gewesen seien: Der Psychiater Tomasz Woźniak sagte der polnischen Boulevardzeitung „Fakt“, dass ihr Verhalten auf Mephedron hinweise. Also die gleiche Droge, die bei Karolina Kaczorowska festgestellt worden sein soll.
Karolinas Mutter glaubt nun an einen Zusammenhang zu dem aktuellen Fall: Markus, der Freund der verstorbenen Magdalena, sei auch ein Freund von Karolina gewesen. Der sagte dem Fernsehsender TVN24 allerdings, dass an den Verdächtigungen nichts dran sei und berichtet von Morddrohungen gegen ihn.