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  3. Benzinverbrauch liegt bei Autos 40 Prozent über Herstellerangaben

Wirtschaft Studie

Autos schlucken 40 Prozent mehr Sprit als behauptet

Die Organisation, die den VW-Skandal aufdeckte, enthüllt neue brisante Erkenntnisse: Autobauer weltweit manipulieren beim Spritverbrauch dreist wie nie. Eine Fahrzeugklasse ist besonders betroffen.

Die Automobilhersteller täuschen die Kunden in immer größerem Ausmaß über den tatsächlichen Kraftstoffverbrauch und damit verbunden über den Ausstoß von Schadstoffen ihrer Pkw-Modelle. Eine neue Studie des International Council on Clean Transportation (ICCT), die der „Welt“ vorliegt, zeigt, dass die Kohlendioxid (CO2)-Emissionen und damit auch der Kraftstoffverbrauch neuer Pkw-Modelle in Europa im Alltagsbetrieb durchschnittlich um etwa 40 Prozent höher liegen, als die unter Laborbedingungen ermittelten offiziellen Werte.

Der ICCT lässt tatsächliche und von der Autoindustrie angegebene Verbrauchswerte regelmäßig überprüfen. Im vergangenen Jahr wurde eine Abweichung von 38 Prozent gemessen. Seit dem Jahr 2001 stieg die Diskrepanz zwischen Test und Realwerten damit um einen Faktor vier an.

An der aktuellen Studie ist erneut der Abgasexperte und ICCT-Direktor Peter Mock beteiligt, der mit seinen Untersuchungen das Diesel-Debakel von Volkswagen ausgelöst hatte. Der Wolfsburger Konzern hat eingeräumt, bei elf Millionen Autos die Software zur Steuerung von Dieselmotoren manipuliert zu haben. Die Autos laufen so im Testbetrieb mit saubereren Abgaswerten als im realen Straßenverkehr.

Die Tester stellen eine zunehmende Diskrepanz von Herstellerangaben und tatsächlichen Werten seit 2008 fest. In diesem Jahr hatten sich die EU-Mitgliedsstaaten auf die Einführung einer verpflichtenden CO2-Regulierung für Neufahrzeuge geeinigt. Seither sind die offiziellen CO2-Emissionen der Pkw-Flotte deutlich schneller gesunken als in den Jahren zuvor. Umweltschützer erkennen darin ein System, sie sprechen von manipulierten Werten.

Autohersteller nutzen vermehrt Schlupflöcher aus

Wie die Tester feststellten, gibt es teilweise deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Fahrzeugherstellern sowie Fahrzeugmodellen. Besonders hohe Abweichungen werden im Premiumsegment beobachtet, wo in der Realität der Kraftstoffverbrauch einiger Fahrzeugmodelle — im Durchschnitt — mehr als 50 Prozent höher liegt als vom Hersteller angegeben.

Hat auch BMW manipuliert?

Wie die „Auto Bild“ berichtet, wurden auch bei BMW erhöhte Abgaswerte festgestellt. Wurden auch hier Abgaswerte manipuliert? Der bayerische Autohersteller dementiert das.

Quelle: N24

Auffällig hoch seien demnach auch die Abweichungen für Hybrid- und Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge. Generell gelte für die analysierten Fahrzeugmodelle, dass die Diskrepanz zwischen offiziellen und realen Verbrauchswerten bei Einführung einer neuen Modellgeneration in der Regel sprunghaft ansteigt.

Erstmalig wurden für die vorliegende Studie die Gründe für die zunehmende Diskrepanz zwischen offiziellen und realen Werten analysiert. „Hierbei wird deutlich, dass nicht etwa Änderungen im Fahrverhalten der Kunden verantwortlich sind, sondern insbesondere eine zunehmende Ausnutzung von ,Schlupflöchern’ in der Testprozedur durch die Fahrzeughersteller“, schreiben die Tester.

ADAC und Verbraucherschützer sind alarmiert

Ohne die Einführung einer neuen Testprozedur werde die Diskrepanz zwischen offiziellen und realen CO2-Emissionen weiter ansteigen, auf etwa 50 Prozent bis 2020, sagt der ICCT voraus. Sofern die neue Testprozedur, der sogenannte WLTP-Text, wie geplant ab 2017 in der EU eingeführt wird, sei ein Absinken der Diskrepanz auf etwa 30 Prozent bis 2020 zu erwarten.

Der ICCT gilt als renommierte und glaubwürdige Institution, sie wird von einer einflussreichen und finanzkräftigen Umweltlobby gesponsert, zu der unter anderem der Rockefeller Brothers Fund oder die Weltbank zählen. Allerdings liegt der ICCT mit seinen Einschätzungen der Abweichungen bei den offiziellen Spritangaben meist ganz am oberen Ende. Auch andere Institutionen werfen der Autoindustrie vor, die Verbrauchsangaben zu schönen – allerdings nicht im dem Ausmaß, wie das der ICCT tut.

Wie die Manipulation ans Licht kam

Der Ursprung des Abgasskandals bei VW ist bei weitem nicht so spektakulär wie die Folgen. Ein einfacher Routinetest hat einen der größten Autobauer der Welt ins Wanken gebracht.

Quelle: N24

Verbraucherschützer und Interessenorganisationen ermitteln regelmäßig andere, deutlich höhere Durchschnittswerte für den Spritverbrauch als im „EU-Fahrzyklus“, dem gängigen, von der Autoindustrie genutzten Messverfahren. So stellte der ADAC in einem eigenen Testverfahren fest, dass der wirkliche Verbrauch um 14 Prozent höher liegt als das, was die Hersteller in Prospekten angeben. Die Brüsseler Interessenvereinigung Transport & Environment kam zuletzt auf 31 Prozent und rechnete aus, dass das einen durchschnittlichen Autobesitzer pro Jahr 500 Euro koste.

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