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Wollte die Tupolew nach dem Start zurück zum Flughafen?

Freier Wirtschaftsredakteur
Diese Indizien sprechen doch für einen Anschlag

Über dem Schwarzen Meer ist ein russisches Flugzeug abgestürzt. Dabei starben alle 92 Insassen. Die Behörden vermuteten als Unglücksursache einen Pilotenfehler oder ein technisches Problem.

Quelle: Die Welt

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Ein russisches Militärflugzeug mit 92 Insassen ist am Sonntag über dem Schwarzen Meer abgestürzt.
  • Die Tupolew war auf dem Weg nach Syrien, als sie zwei Minuten nach dem Start in Sotschi vom Radar verschwand.
  • Mit an Bord waren mindestens 60 Sänger, Tänzer und Orchestermitglieder des weltberühmten Chors der Roten Armee.

Es ist das größte Unglück in der russischen Luftfahrt seit Jahren: Ein Tupolew-Modell vom Typ Tu-154B stürzt kurz nach einem Tankstopp am frühen Sonntagmorgen in der südrussischen Stadt Sotschi ins Meer. An Bord der Maschine sollen sich nach Angaben der Flugsicherheitsorganisation Flight Safety 93 Menschen befunden haben – andere Quellen sprechen von 91 Personen. Es soll keine Überlebenden geben.

Die Maschine der russischen Luftwaffe sollte Mitglieder des weltberühmten Chors der Roten Armee, auch bekannt als Alexandrow-Ensemble, zu einem Truppenkonzert nach Syrien fliegen. Doch kurz nach dem Start riss der Funkkontakt ab. Angeblich flog das Modell noch eine Wendekurve, bevor es von den Radarschirmen verschwand – womöglich, um zum Flughafen zurückzukommen.

Bislang gibt es noch keine Hinweise auf den Grund für den Absturz. Die mögliche Ursachenpalette ist lang und reicht vom Vogelschlag über einen technischen Fehler, menschliches Versagen bis hin zu einem Anschlag in der Krisenregion am Schwarzen Meer.

Die russische Nachrichtenagentur RIA berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, vorläufige Daten ließen auf einen technischen Defekt oder einen Pilotenfehler schließen. Interfax zufolge setzte das Flugzeug keinen Notruf ab. Das Wetter sei gut gewesen.

Unglücksflugzeug war 33 Jahre alt

Bei dem abgestürzten Flugzeug soll es sich immerhin um ein 33 Jahre altes Modell handeln, geht aus Flugzeugdatenbanken hervor. Schon häufiger gab es Triebwerksprobleme bei dem Flugzeugtyp. Die Variante Tu-154B ist eine der älteren Versionen des Flugzeugs, von dem insgesamt über 1000 Exemplare produziert wurden.

MOSCOW, RUSSIA: picture shows a Tupolev-154 (TU-154) aircraft. A Russian TU-154 "Dalavia" aircraft with 143 people on board has dropped out of contact and crashed in southern Siberia, 34 km to the east from Irkutsk at 17.10 (GMT), 03 July 2001. (Photo credit should read ALEXANDER NEMENOV/AFP/Getty Images) Getty ImagesGetty Images
Viele Exemplare der Tupolew Tu-154 besitzen keine Blackbox an Bord
Quelle: AFP/Getty Images

Flugzeugexperten fragen sich, ob die alte Version Tu-154B überhaupt eine Blackbox, also ein Daten-Aufzeichnungsgerät, an Bord hat und falls ja, welchen Typs. Diese Geräte liefern zusammen mit dem Stimmenaufzeichnungsgerät nach einem Absturz häufig die entscheidenden Hinweise zur Unglücksursache. Doch nicht jedes alte Flugzeug ist damit ausgestattet, zumal wenn es nicht im westeuropäischen Flugraum operiert, wo dies vorgeschrieben ist.

Dies wird daran deutlich, dass im September 1997 eine Tupolew Tu-154M – die Nachfolgevariante der jetzt verunglückten Tu-154B – der deutschen Luftwaffe westlich von Namibia mit einem US-Militärtransportflugzeug in der Luft kollidierte und in den Atlantik stürzte. Die 14 Menschen in der Luftwaffen-Tupolew starben. Als Ursache wurde eine falsche Flughöhe der Tupolew ermittelt. Zudem gab es kaum Radarabdeckung. Weil die Tupolew noch keine Blackbox hatte, die erst später nachgerüstet werden sollte, konnte der genaue Ablauf des Unglücks nicht bis in letzte Details ermittelt werden.

Ein Nachfolgemodell steht vorm Erstflug

Die Tu-154 ist ein dreistrahliges Düsenflugzeug für etwa 180 Passagiere, das seine Blütezeit in der Sowjetära hatte. Das Flugzeug war einst das Rückgrat der Luftfahrt in der UdSSR. Im regulären Linienpassagierverkehr werden die Flugzeuge kaum mehr eingesetzt. Von den einst über 1000 gebauten Flugzeugen sind nur noch rund hundert in Betrieb, vor allem für staatliche Missionen.

Nach einer Serie von Unfällen verordneten die russischen Behörden 2011 eine schrittweise Stilllegung im regulären Passagierverkehr. Der wohl bekannteste Absturz passierte im April 2010, als ein Modell der polnischen Luftwaffe mit Polens Staatspräsident Lech Kaczynski im Anflug auf den russischen Flugplatz Smolensk abstürzte. Alle 96 Personen an Bord kamen ums Leben.

Ein modernes Nachfolgemodell für die veraltete Tupolew Tu-154 ist bereits entwickelt und steht kurz vor seinem Erstflug. Es ist das Modell MC-21 des Herstellers Irkut. Es hatte im Juni seine offizielle Präsentation und sollte eigentlich bis Jahresende erstmals abheben. Aber es gab im Programm schon häufiger Verzögerungen. Das Flugzeug hat zwei Düsentriebwerke und erinnert an einen Airbus A320. Westliche Firmen sind maßgeblich an der Technik und Entwicklung des Flugzeugs beteiligt. So stammen die Triebwerke vom US-Hersteller Pratt&Whitney.

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