WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Wirtschaft
  3. Karriere
  4. Bildung
  5. Medizinstudium: Auch mit schlechterem NC Arzt werden

Bildung Hochschulen

So klappt es ohne Einser-Abi mit dem Medizinstudium

Später einmal Arzt werden – davon träumen viele Kinder. Doch die Hürden sind hoch Später einmal Arzt werden – davon träumen viele Kinder. Doch die Hürden sind hoch
Später einmal Arzt werden – davon träumen viele Kinder. Doch die Hürden sind hoch
Quelle: Getty Images/Moment Open
In 14 Bundesländern liegt der NC für Medizin im kommenden Wintersemester bei 1,0. Doch auch ohne Spitzenabitur gibt es Wege und Lücken, sich den Traum vom Arztberuf doch noch zu erfüllen.

Worum geht es

Mehr anzeigen

Arzt werden, anderen Menschen helfen, Leben retten: Davon träumen viele Schulabsolventen schon als Kind. Doch der Wunsch erfüllt sich für nur wenige. In kaum einem anderen Studiengang sind die Hürden so hoch. Mehr als 43.000 bewarben sich im vergangenen Wintersemester um einen Platz im Fach Medizin – auf knapp 9000 Plätze. Nur jeder Fünfte bekam eine Zusage.

Für das in wenigen Wochen startende Wintersemester 2015/2016 sieht es nicht besser aus. Der Numerus Clausus (NC) liegt in fast jedem Bundesland bei 1,0, wie die Stiftung für Hochschulzulassung in der vergangenen Woche mitteilte. Nur in Niedersachsen und Schleswig-Holstein beträgt er 1,1.

Doch wer kein Spitzenabitur hat, muss nicht gleich aufgeben. Über die Abiturbestenquote wird nur jeder fünfte Medizinstudienplatz vergeben. Auch für Durchschnittsschüler gibt es Möglichkeiten und Lücken, sich doch noch den Traum vom Medizinstudium zu erfüllen. Ein Leitfaden für Verzweifelte.

Mehr als 43.000 Aspiranten haben sich im vergangenen Wintersemester um einen Studienplatz im Fach Medizin beworben
Mehr als 43.000 Aspiranten haben sich im vergangenen Wintersemester um einen Studienplatz im Fach Medizin beworben
Quelle: Infografik Die Welt

Wartezeit

„Fast alles im Leben ist Wartezeit, außer ein Studium an einer deutschen Hochschule“, sagt Kerstin Lütge-Varney von der Stiftung für Hochschulzulassung, die die Vergabe der Plätze organisiert. 20 Prozent der Studienplätze je Hochschule werden über die Wartezeit vergeben. Ausschlaggebend ist die Zeit zwischen Abitur und Bewerbung, in der man nicht an einer Universität in Deutschland immatrikuliert war.

Doch um einen Medizinstudienplatz über die Wartezeit zu ergattern, muss man Geduld haben: Zum Wintersemester 2015/2016 stieg die Wartezeit auf 14 Semester – also ganze sieben Jahre –, wie die Stiftung für Hochschulzulassung in der vergangenen Woche mitteilte. Das ist ein Negativrekord. Dann jedoch ist ein NC von 3,3 ausreichend. Wie sich die Quote entwickelt, hängt etwa von der Zahl der Mitbewerber mit Wartezeit ab.

Studienplatzklage

Grundlage für eine Studienplatzklage ist das Recht zur freien Berufswahl nach Artikel 12 des Grundgesetzes. In einer Klage kann man sich sowohl gegen die Vergabeverfahren wenden als auch sogenannte außerkapazitäre Studienplätze einklagen. „Das sind Plätze, die aufgrund falscher Kapazitätsberechnung der Universitäten nicht ausgeschrieben sind“, sagt Mechthild Düsing, Hochschulrechtsexpertin beim Deutschen Anwaltverein.

Die Erfolgsaussichten schwanken. Wer sich in höheren Semestern als Quereinsteiger einklagt, hat beispielsweise bessere Chancen als zu Studienbeginn. „Die Kosten sind allerdings enorm“, warnt Düsing. Für die Klage gegen eine Universität seien mindestens 1000 Euro zu veranschlagen. Da die Erfolgsaussichten bei mehreren parallelen Klagen steigen, kommt man schnell auf mehrere Tausend Euro. Die meisten Rechtsschutzversicherungen decken die Studienplatzklage nicht ab.

Ist die Klage gewonnen, hat man den Studienplatz außerdem nicht einmal sicher. „Normalerweise wird gelost“, erklärt Düsing das Prozedere, wenn es mehr Kläger gibt als freie Kapazitäten an den Universitäten. Hilfe bieten zahlreiche Allgemeine Studierendenausschüsse (AStA). Zudem kann man sich an eine Rechtsantragstelle wenden oder eben einen Anwalt engagieren.

Auswahlverfahren der Hochschulen

Zusätzlich zur zentralen Studienplatzvergabe über die Stiftung für Hochschulzulassung unter hochschulstart.de vergeben die Hochschulen 60 Prozent der Plätze in eigenen Auswahlverfahren. Bei einigen zählen neben der Abiturnote auch abgeschlossene Berufsausbildungen, Praktika, Auswahlgespräche oder Ergebnisse in Medizinertests.

Anzeige

Zudem hat die Bundeswehr ein eigenes Kontingent von 2,2 Prozent aller Medizinerplätze. Hauptkriterium für die Auswahl ist hier das Ergebnis des Eignungsfeststellungsverfahrens für Offiziersanwärter. Voraussetzung ist allerdings, sich für 17 Jahre zu verpflichten. Dafür gibt es aber auch entsprechendes Gehalt.

Medizinertest

Die meisten Hochschulen bewerten die Ergebnisse aus dem kostenpflichtigen Test für medizinische Studiengänge (TMS), der einmal im Jahr stattfindet und an dem Bewerber nur ein einziges Mal teilnehmen dürfen. Teilweise haben die Unis auch eigene Tests. „Je nach Testergebnis vergeben die Universitäten unterschiedlich hohe Boni“, sagt Lütge-Varney von der Stiftung für Hochschulzulassung. Ein Ergebnis von über 90 Prozent kann zum Beispiel einen Bonus von 0,6 auf die Abiturnote ausmachen.

Berufsausbildung

Wer eine abgeschlossene Ausbildung in einem medizinischen Beruf hat, bekommt an einigen Hochschulen ebenfalls Boni. „Die liegen aber nur bei 0,2 oder 0,3“, sagt Lütge-Varney. Welche Berufsausbildungen anerkannt werden, hängt von den Universitäten ab. Gängig ist beispielsweise die Ausbildung zum Rettungssanitäter.

Auslandsstudium

Wer keine Lust auf lange Wartezeiten hat, kann sein Glück im Ausland versuchen. Beliebt sind Österreich und Ungarn, wo es deutschsprachige Medizinstudiengänge gibt. Darüber hinaus bieten viele Universitäten Studiengänge auf Englisch an, zum Beispiel in osteuropäischen Ländern wie Lettland, Polen oder Tschechien. Außerdem gibt es Universitäten mit deutschen Partner-Unis. Studenten absolvieren dann die Ausbildung an einer deutschen Hochschule nach ausländischem Hochschulrecht.

Österreich ist bei deutschen Medizinstudenten besonders beliebt
Österreich ist bei deutschen Medizinstudenten besonders beliebt

Die Zulassung läuft je nach Universität unterschiedlich ab – es gibt zum Beispiel Aufnahmetests, die vor allem naturwissenschaftliche Kenntnisse abprüfen. Andere Hochschulen entscheiden nur anhand der Unterlagen. „Mit einem Schnitt bis zu 2,3 oder 2,4 sind die Chancen zum Beispiel in Riga ganz gut“, so die Erfahrung von Alexandra Michel, Geschäftsführerin bei der Vermittlungsagentur College Contact.

Auch hier sind die Kosten hoch. „Die englischsprachigen Studiengänge in Osteuropa sind in der Regel mit Studiengebühren verbunden“, sagt Michel, „das sind zwischen 5000 und 15.000 Euro pro Jahr.“ Erkennt das jeweilige Landesprüfungsamt die Leistungen an, können Studenten zwar später auch auf eine deutsche Hochschule wechseln. Doch der Übergang verläuft selten nahtlos: „Der Aufbau der Studiengänge und die Abfolge der Kurse sind im Ausland oft anders als in Deutschland“, so Michel.

Losverfahren

Wenn alles andere nicht klappt, hilft vielleicht das Losglück. „Das ist die Ultima Ratio“, so nennt es Lütge-Varney von der Stiftung für Hochschulzulassung. Das Losverfahren startet nach Abschluss des Hauptverfahrens an deutschen Universitäten. Wer daran teilnehmen will, muss sich direkt bei den Hochschulen dafür einschreiben – auch hier gibt es Fristen. Die Note ist dann vollkommen irrelevant.

dpa

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema