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Britische Roboter entwickeln ihre eigene Kultur

Fußball spielende Roboter an der Uni Berlin: Das Mannschaftsspiel Fußball ist eine große Herausforderung für künstliche Intelligenz Fußball spielende Roboter an der Uni Berlin: Das Mannschaftsspiel Fußball ist eine große Herausforderung für künstliche Intelligenz
Fußball spielende Roboter an der Uni Berlin: Das Mannschaftsspiel Fußball ist eine große Herausforderung für künstliche Intelligenz
Quelle: dpa-Zentralbild/dpa Picture-Alliance / Arno Burgi
Maschinen können inzwischen sehen, hören und sich geschmeidig bewegen. Damit sind sie aber noch lange nicht intelligent. Vor allem mangelt es ihnen bislang völlig an Lebenserfahrung. In einem britischen Labor sollen Roboter nun ihre eigene Kultur entwickeln – das Ergebnis des Versuchs ist noch offen.

Roboter sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken – sie bauen Autos zusammen, helfen beim Servieren oder transportieren Lasten. Mit Sensoren können sie hören, sehen, auf Umweltreize reagieren und sich orientieren. Und doch tun sie meist nur das, was man ihnen vorher gesagt hat – wirklich intelligent sind sie nicht. Dabei ist es ein alter Traum des Menschen, sich sein künstliches Ebenbild zu schaffen. Doch noch scheint der Weg dahin lang zu sein – auch wenn die Entwicklung der künstlichen Intelligenz von Robotern gerade in den zurückliegenden Jahren enorme Fortschritte gemacht hat.

Nachdem lange Zeit das Schachspiel als Herausforderung für Maschinenintelligenz angesehen worden war, wurde 1997 in der japanischen Stadt Nagoya das erste Roboter-Fußballturnier ausgetragen. Ein komplexes Mannschaftsspiel wie Fußball eignet sich hervorragend dazu, Probleme wie die Entscheidungsfindung in vernetzten Systemen zu erforschen. Inzwischen gibt es internationale Wettbewerbe, etwa den Robo-Cup, der immer dann stattfindet, wenn die Fußballweltmeisterschaft ausgetragen wird. Ziel der Konstrukteure ist es, im Jahr 2050 den menschlichen Weltmeister zu schlagen.

Doch was ist ein intelligenter Roboter? Für die meisten Menschen ist er zunächst eine Maschine, die nicht nur das tut, was der Mensch von ihr verlangt – sondern etwa darüber hinaus. Dabei ist es ausgesprochen schwer, solche künstliche Intelligenz zu implementieren: Grund dafür ist das vertrackte Problem des Alltagswissens. Menschen verfügen über ein umfangreiches Wissen über die Welt, teils angeboren, teils erlernt. Beispiel: Man kann mit einem Strick ziehen, ihn aber nicht schieben.

Schon vor 30 Jahren legte das Robot Institute of America fest, was ein Roboter sein soll – ein „umprogrammierbares Mehrzweck-Handhabungsgerät für das Bewegen von Material, Werkzeugen oder Spezialgeräten“. Ist demnach also eine Spülmaschine auch ein intelligenter Roboter Rodney Brooks, Direktor der Abteilung für Künstliche Intelligenz am Massachusetts Institute of Technology (MIT), sagt: „Für mich ist ein Roboter etwas, das einen gewissen Einfluss auf die Welt hat. Dabei nimmt er wahr, wie sich die Welt um ihn verändert. Eine Spülmaschine ist deshalb kein Roboter. Sie weiß nichts über das Geschirr, das in ihr steckt, und spült, egal ob welches in ihr drin steckt oder nicht.“ Dass sich das ändert, daran arbeitet Wolfgang Wahlster, Leiter des Deutschen Forschungszentrums für künstliche Intelligenz. Wahlster will Maschinen das Verständnis für Alltagsbegriffe, Sprache und Gestik beibringen. „Noch fehlt es bei Robotern an Sozialisation und Lebenserfahrung“, sagt das deutsche Mitglied im Nobelpreiskomitee. Doch schon heute verstehen viele Maschinen natürliche Sprache, filtern aus komplexen Sätzen Schlüsselwörter heraus, erkennen Zusammenhänge und ziehen Rückschlüsse.

Ein breit aufgestellter Versuch dazu findet gegenwärtig an der University of the West of England in Bristol statt. Roboter sollen dort ihre eigene Kultur entwickeln. „Die Entstehung von künstlicher Kultur in Robotergesellschaften“, heißt das Forschungsprojekt. Zu diesem Zweck werden die Roboter in kleinen Gruppen zusammengefasst. Ein einprogrammierter „Überlebensinstinkt“ zwingt sie, aktiv zu werden. Dabei können sie miteinander interagieren und wechselseitig Verhalten voneinander kopieren. Da kein Roboter exakt dem anderen gleicht und ihre Sensoren zudem bewusst anfällig für kleinere Fehler sind, sollen sich bei diesem Kopieren neue Verhaltensvariationen ergeben. Sie führen schließlich zu unvorhersehbaren Resultaten. Die Forscher hoffen, dass sich auf diese Weise Verhaltensweisen herausbilden, die für sich gesehen keinen praktischen Wert haben, sondern eher symbolischer Natur sind. Das wäre dann im Sinne des Forschungsprojekts nicht durch die Programmierung oder äußere Umstände erzwungen, sondern in der Interaktion mit anderen Robotern erlernt. An dem Projekt arbeiten Ingenieure, Biologen, Philosophen, Sozialwissenschaftler, Informatiker sowie Kunsthistoriker zusammen.

Vor allem aber bleibt das Alltagswissen der „Heilige Gral“ der künstlichen Intelligenz: Um ihn zu finden, helfen statistische Verfahren. Seit Computer in Sekundenbruchteilen riesige Datenbestände durchsuchen können, findet das sogenannte „Data Mining“ immer mehr Anwendungen. Die Suchmaschine Google kann man so gesehen als die größte KI-Firma der Welt deuten: Sie sammelt Informationen von Milliarden Internetseiten. Der Grund für ihren Erfolg ist nicht die Datenmenge, sondern das geheime Verfahren, das die besten Fundstellen für eine Suchanfrage liefert. Ohne Verständnis für den Inhalt, nur aus dem Beziehungsgeflecht zwischen Internet-Seiten, schließt Google auf deren Wichtigkeit. Allerdings: Schon öfter glaubte man grundlegende Probleme gelöst zu haben – bislang ohne durchschlagenden Erfolg.

Vor allem weil der Begriff „Intelligenz“ diverse spezifisch menschliche Fähigkeiten umfasst, war der Begriff „Künstliche Intelligenz“ von Anfang an auch ein Reizbegriff. Den Forschern ging es eigentlich stets darum, ihren Robotern Fähigkeiten beizubringen, die beim Menschen Intelligenz erfordern – aber kaum waren sie wieder einen Schritt weiter, hieß es: Das ist doch ein einfaches Programm, das ist nicht intelligent, kurz: Wenn künstliche Intelligenz eines Tages doch funktionieren sollte, würde sie nicht mehr so genannt.

Das beste Beispiel dafür ist wiederum das Schachspiel: Programme rechnen heute wie vor 30 Jahren sämtliche möglichen Züge weit voraus – man musste nur warten, bis die Rechner so viel Power hatten, dass 1997 das IBM-Programm Deep Blue den Weltmeister Garri Kasparow schlagen konnte.

Intelligenz hingegen ist etwas, was Intelligenztests messen, scherzen Psychologen. Intelligent wirkt, was intelligent zu agieren scheint, lautet die Antwort von Informatikern – sie messen ihren Erfolg daran, ob Software den Menschen aus der Reserve locken kann. Einer der Ersten, der sich mit diesem Punkt beschäftigte, war der englische Mathematiker Alan Turing: Er stellte 1950 die Frage, wie man messen könne, ob eine Maschine intelligent ist. Die Methode, die Turing vorschlug, ist als so genannter „Turing-Test“ bekannt: Ein Richter hat einen Computer und einen Menschen vor sich, beide hinter einem Vorhang verborgen. Die Kommunikation erfolgt über Terminals. Einzig anhand der so übertragenen Reaktionen auf Fragen und Antworten muss der Richter entscheiden, wer Mensch ist und wer Maschine. Misslingt ihm dies, gilt die Maschine als „intelligent“. Jedes Jahr wird ein solcher Wettbewerb ausgetragen an dem sich Informatiker rund um die Welt beteiligen – bislang ist aber jede Maschine als solche entlarvt worden.

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