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Wissenschaft Neue DNA-Proben

Großes Rätsel um Besiedlung Amerikas gelöst

Die "ersten Amerikaner" wanderten bis nach Südamerika. Die Besiedlung verlief dabei von Norden nach Süden entlang der Küste – und manchmal zurück Die "ersten Amerikaner" wanderten bis nach Südamerika. Die Besiedlung verlief dabei von Norden nach Süden entlang der Küste – und manchmal zurück
Die "ersten Amerikaner" wanderten bis nach Südamerika. Die Besiedlung verlief dabei von Norden nach Süden entlang der Küste – und manchmal zurück
Quelle: dapd/pa
Viele Experten sind bislang davon ausgegangen, dass die Besiedlung Amerikas auf eine einzige Wanderung zurückzuführen ist. Eine neue Untersuchung widerlegt jetzt diese Annahme.

Etwa 15.000 Jahre ist es her, dass Menschen erstmals einen Fuß auf amerikanischen Boden setzten. Im vergangenen Jahr hatten Forscher diese Zahl korrigiert, als neue Steinartefakte nahe der Stadt Austin in Texas entdeckt wurden.

Sie waren deutlich älter als bis dahin bekannte Fundstücke und revidierten so die vorher angenommene erstmalige Besiedlung vor 13.000 Jahren am Ende der letzten Eiszeit.

Viel weiß man bisher nicht darüber, wie genau die Besiedlung Amerikas vonstatten ging – mit mühselig zusammengestellten archäologischen Beweisen versuchen Wissenschaftler ihre Theorien zu überprüfen und zu überarbeiten.

Das Fachjournal "Nature" veröffentlich nun eine Studie, die ganz ohne prähistorische Fundstücke auskommt und dennoch ein großes Rätsel löst, das Forscher bisher streiten ließ: Wie viele Wellen der Besiedlung gab es im Lauf der Geschichte?

Ein Großteil der Experten war bisher davon ausgegangen, dass es nur eine große Wanderung gab: aus Sibirien über die Behringstraße in das westliche Nordamerika.

Mit der langsamen Erwärmung zum Ende der Eiszeit hin wurde die damalige Landbrücke zwischen Asien und Alaska freigelegt, über die ganze Völker zum neuen Kontinent gelangten. In einer vor zwei Jahren veröffentlichten Studie gab es dann bereits Hinweise darauf, dass es möglicherweise zwei Besiedlungswellen gegeben haben könnte.

In der Studie kam das Forscherteam um die Paläoanthropologin Katerina Harvati von der Universität Tübingen nach dem Vergleich von 7500 bis 11.500 Jahre alten Skeletten von Ureinwohnern zu dem Ergebnis, dass zwei verschiedene Menschengruppen unabhängig voneinander den Kontinent besiedelt haben müssen.

Mindestens drei Besiedlungswellen

Mit der nun veröffentlichten Studie zeigt das internationale Forscherteam um David Reich von der Harvard Medical School nun aber: Es müssen mindestens drei Wellen der Migration gewesen sein.

Die Wissenschaftler hatten einen riesigen Pool von DNA-Proben aus allen Ländern Nord- und Südamerikas über Jahrzehnte zusammengetragen und sie schließlich auf ihre genetische Vielfalt hin untersucht.

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Die Forscher analysierten die Daten von 52 Ureinwohner-Stämmen Amerikas und 17 weiteren Völkerstämmen aus der Gegend Sibiriens. Dabei stellten sie mit komplizierten Methoden sicher, dass sich keine genetischen Merkmale von Bevölkerungsgruppen in die Analyse mischten, die erst nach der Entdeckung Amerikas 1492 aus Europa und Afrika eingewandert waren.

Erbgut unterscheidet sich deutlich

Das Ergebnis war verblüffend: Es unterschieden sich drei übergeordnete Gruppen dieser Ureinwohner-Stämme in ihrem Erbgut so deutlich, dass die Forscher dies nur mit drei zeitlich voneinander unabhängigen Besiedlungswellen erklären können.

Demnach stammt der Großteil der Ureinwohnerstämme von Kanada bis zur südlichen Spitze in Chile von nur einer asiatischen und genetisch recht homogenen Population ab – vermutlich jene, die vor 15.000 Jahren auf dem Weg nach Amerika die Beringstraße als Erstes überschritt.

Ganze 16 heute noch existierende Völkerstämme in Nord- und Südamerika gehen demnach auf die Völker dieser ersten Besiedlungswelle zurück.

Die ersten Amerikaner

Die Wissenschaftler tauften sie "First Americans", also erste Amerikaner. Obwohl die zwei anderen aus Sibirien stammenden Gruppen von Völkerstämmen, die sogenannten "Eskimo-Aleut" und die "Chipewyan"-Stämme sich genetisch ähnlicher sind und deutlich von den ersten Amerikanern unterscheiden, scheinen sie sich später doch mit ihnen vermischt zu haben, so die Forscher.

Die Daten zeigten weiterhin, dass manche eingewanderte Stämme der Gruppe "Eskimo-Aleut" nach einiger Zeit auf dem amerikanischen Kontinent wieder in ihre alte Heimat zurückkehrten und sich dauerhaft im nordöstlichen Sibirien niederließen

"Rückwärtsgerichtete" Migrationen

Die Daten unterstützen außerdem die allgemein bekannte These, dass der Kontinent von Norden nach Süden und entlang der Küste bevölkert wurde. Auch dabei scheint es so etwas wie "rückwärtsgerichtete" Migrationen gegeben zu haben.

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Volksstämme, die zunächst in den Süden Amerikas wanderten, traten einige Zeit später den Weg zurück nach Mittelamerika an – denn genetische Merkmale südamerikanischer Völker fanden die Wissenschaftler auch in Zentralamerika in der Gegend um Costa Rica vermehrt.

Die Studie liefert die bisher umfassendste Analyse der genetischen Vielfalt amerikanischer Ureinwohner. Die Vermutung, dass es drei Wellen der Besiedlung gab, wird unterstützt durch einige linguistische Studien, die bereits früher versucht hatten, anhand von Sprachanalysen Schlüsse auf die Bevölkerung des großen Kontinents zu ziehen.

Besiedlung aus Polynesien unplausibel

Die Genanalysen dürften den Verfechtern etwas ausgefallener Theorien zur Besiedlung Amerikas allerdings den Wind aus den Segeln nehmen. Einige Experten glauben etwa, dass es eine direkte Besiedlung aus Polynesien über den Pazifik gab, weil während der Eiszeit der Meeresspiegel deutlich niedriger war als heute und etliche Inseln freigelegt waren, die als Ankerpunkte für Schiffe dienen konnten.

Auch die Theorie, nach der Einwanderer aus Europa über Grönland und Neufundland nach Amerika kamen, weil die in den Atlantik reichenden Gletscher Trinkwasser und Nahrung lieferten, scheint nun nicht mehr so plausibel.

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