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Geld Neue Allianz mit China

Russland schichtet seine Devisenreserven radikal um – weg vom Dollar

Leitender Wirtschaftsredakteur
Die russische Notenbank steigt aus dem Dollar aus

Die russische Notenbank hat offenbar genug vom Dollar. Die Zentralbank stieß im vergangen Sommer Reserven von mehr als 100 Mrd. Dollar ab und deckte sich dafür mit Yuan, Euro und Yen ein.

Quelle: WELT/Lukas Axiopoulos

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Donald Trump gibt sich gerne als guter Freund Russlands. Doch aktuelle Bewegungen an den Devisenmärkten belegen: Der Kreml versucht alles, um sich ökonomisch von den USA loszusagen – mit weltweiten Folgen.

Offiziell pflegen der amerikanische Präsident Donald Trump und sein russischer Counterpart Wladimir Putin gute Beziehungen. Fast täglich wütet Trump gegen den Sonderermittler Robert Mueller und nennt die Russland-Ermittlungen eine Hexenjagd. Wladimir Putin habe keineswegs die amerikanischen Präsidentschaftswahlen manipuliert.

Doch wer wissen will, wie es wirklich um die Beziehungen zwischen Amerika und Russland bestellt ist, studiert besser die Statistiken der russischen Notenbank. Und diese signalisieren, dass zwischen den beiden Großmächten längst ein neuer kalter Krieg ausgebrochen ist. Der Kreml ist mitnichten ein Partner Amerikas, sondern versucht alles, um sich ökonomisch vom einstigen Erzfeind loszusagen.

Russland hat seine milliardenschweren Devisenreserven radikal umgeschichtet. Allein im zweiten Quartal 2018 wurden amerikanische Dollar-Anlagen im Wert von gut 100 Milliarden Dollar liquidiert und das Geld in andere Währungen gesteckt. Das zeigen Daten, die die russische Notenbank jetzt veröffentlicht hat. Danach wurden jeweils 44 Milliarden Dollar in Euro und Yuan investiert, umgerechnet 21 Milliarden Dollar packten die Russen in den japanischen Yen.

Quelle: Infografik WELT

Als großer Öl- und Gasexporteur sitzt der Kreml auf einem riesigen Staatsschatz. Die Devisenreserven von aktuell 467 Milliarden Dollar gehören zu den höchsten in der Welt. Zum Ende des zweiten Quartals bestanden 15 Prozent aus Yuan-Anlagen. Drei Monate vorher hatte der Anteil erst fünf Prozent betragen, im zweiten Quartal 2017 sogar erst 0,1 Prozent. Damit hat Russland ein Viertel der weltweiten Yuan-Reserven aufgekauft. Das zeigt, wie radikal der Schwenk ausgefallen ist.

Nach Berechnungen der US-Investmentbank Morgan Stanley soll Russland im vergangenen Jahr der wichtigste Käufer von chinesischen Anleihen gewesen sein. Ganze 90 Prozent der Schuldtitel von Peking soll der Kreml erworben haben. Die Devisenreserven der Staaten werden nicht in Münzen und Scheinen in großen Tresoren gelagert, sondern stecken vor allem in Staatsanleihen des jeweiligen Landes. Dollar-Reserven also in US-Treasuries, Euro-Reserven beispielsweise in Bundesanleihen und Yuan-Reserven in Schuldtiteln aus China.

Russland stößt seine US-Staatsanleihen ab

Einer der Profiteure war der Euro. Dessen Anteil an den russischen Reserven legte von 25 Prozent Mitte 2017 auf 32 Prozent ein Jahr später zu. Im gleichen Zeitraum halbierte sich Anteil der Dollar-Anlagen auf 22 Prozent. „Russland macht einen strategischen Schwenk weg von Dollar hin zu anderen Währungen“, sagte Benn Steil, Ökonom bei der Denkfabrik Council on Foreign Relations, dem Finanzdienst Bloomberg. Der Kauf chinesischer Papiere ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Russen als Gegengewicht zu Amerika eine neue Allianz mit China schmieden.

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Die Zahlen, die die russische Notenbank mit sechs Monaten Verzögerung veröffentlicht, passen zu einer anderen Statistik, die im vergangenen Jahr für Furore gesorgt hatte. Nach Zahlen des amerikanischen Finanzministeriums hat Moskau nahezu seine sämtlichen amerikanischen Staatsanleihen abgestoßen. Im vergangenen Frühjahr stieß der Kreml 81 Prozent seiner Treasuries ab. Der russische Bestand an amerikanischen Anleihen beträgt nunmehr gerade noch mickrige 14,6 Milliarden Dollar. Noch vor wenigen Jahren hatten die Russen 176 Milliarden an US-Assets gehalten.

Quelle: Infografik WELT

Ein Grund sind die Sanktionen, die die Amerikaner gegen Russland verhängt haben. Im April erließ Washington völlig unerwartet Sanktionen gegen Rusal und schoss den russischen Aluminiumkonzern damit aus dem Rennen. Dem Rohstoffgiganten wurde gar nicht so sehr zum Verhängnis, dass er sein Aluminium nicht mehr überallhin verkaufen konnte, sondern dass er keine Zinsen mehr auf seine Dollar-Anleihen leisten konnte. Das führte Wladimir Putin eindrucksvoll vor Augen, wie verwundbar nicht nur seine Volkswirtschaft und seine Unternehmen, sondern auch seine Devisenreserven sind und wie sehr er von der Gnade der Amerikaner abhängt.

Auch andere Staaten lösen sich vom Dollar

„Amerika nutzt den Dollar als Waffe“, sagt Charles Gave, Stratege beim unabhängigen Analysehaus GK Research. „Weltweite Transaktionen, bei denen in Dollar gezahlt wird, können von Washington mit einem Federstrich verboten werden.“ Der Verkauf der amerikanischen Dollar-Anlagen sind ein Beleg dafür, dass sich Moskau unabhängiger von Amerika machen will. „Wir stoßen den Dollar nicht ab, der Dollar stößt uns ab“, hatte der russische Präsident Putin im vergangenen November gesagt. „Die Unzuverlässigkeit des Dollar-Systems lässt auch andere Staaten nach alternativen Devisenreserven Ausschau halten. Wir sind nicht die Einzigen, glauben Sie mir das.“

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Tatsächlich wollen sich viele Staaten dem Dollar-Diktat entziehen. Die sprunghafte unilaterale Politik in Washington könnte die Architektur der monetären Nachkriegsordnung ins Wanken bringen. Einen ersten Trend zeigen neue Daten zur Zusammensetzung der internationalen Devisenreserven (COFER). Der Internationale Währungsfonds (IWF) veröffentlicht die Daten einmal pro Quartal. Im dritten Quartal 2018 ist der Anteil des Dollar an den offiziellen Währungsreserven der Welt auf 61,9 Prozent gefallen. Das war der niedrigste Wert seit fünf Jahren. Der Euro hat dagegen leicht zugelegt. Gut ein Fünftel aller Reserven sind in der europäischen Gemeinschaftswährung gebunkert.

Quelle: Infografik WELT

Auch Gold gehört zu den präferierten Anlagevehikeln der Russen. Der Edelmetallhort hat sich in den vergangenen zehn Jahren vervierfacht. Gold ist eine Art staatenlose Währung und damit gegen jegliche politische Sanktionen gewappnet.

Putin setzt auf Durchhaltevermögen der Bevölkerung

Internationale Sanktionen und Öl-Preise belasteten die wirtschaftliche Stabilität Russlands in 2018. Das die Krise auch 2019 weiter anhalten wird, ist bereits abzusehen.

Quelle: WELT/ Sebastian Honekamp

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