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Geschichte Jungsteinzeit

So sah eine privilegierte Frau vor 7000 Jahren aus

Schmales Gesicht, dunkle Augen und das Haar zum Dutt gesteckt – so könnte die Frau ausgesehen haben, die vor 7000 Jahren bei Deggendorf begraben wurde. Kriminaltechniker haben sie rekonstruiert.
21.05.2019, Bayern, Künzing: Die Rekonstruktion des Gesichtes einer vor 7000 Jahren gestorbenen Frau steht im Museum Quintana. Schädel und Knochen der Frau waren 2015 bei Ausgrabungen in Niederpöring im Landkreis Deggendorf gefunden worden. Mittels moderner Technik - wie sie auch von der Kriminalpolizei eingesetzt wird - sei es einem Forscherteam gelungen, der «Toten von Niederpöring» ein Gesicht zu geben. Foto: Armin Weigel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
So könnte die "Frau von Niederpöring" mit ihrem prachtvollen Kopfschmuck ausgesehen haben
Quelle: dpa

Wie sahen die Menschen aus, die in der Jungsteinzeit die erste bäuerliche Kultur in Europa entwickelten? Diese Frage beantwortet das Museum Quintana in Künzing (Bayern) mit der Rekonstruktion des Gesichts einer Frau, die vor etwa 7000 Jahren bestattet worden ist. Ihr Skelett war im Jahr 2015 von Archäologen bei Niederpöring im Landkreis Deggendorf auf einem neolithischen Gräberfeld entdeckt worden.

Mit den Mitteln der modernen Forensik, wie sie auch in der Kriminaltechnik eingesetzt wird, haben Wissenschaftler das Gesicht der „Toten von Niederpöring“ rekonstruiert. Dafür wurde im Klinikum Passau eine Computertomografie des Schädels gemacht. Die gewonnenen Daten wurden zur Vorlage eines 3D-Drucks, anschließend wurden Haut, Muskeln und Gewebe modelliert.

21.05.2019, Bayern, Künzing: Der Schädel und Knochen einer vor 7000 Jahren gestorbenen Frau liegt in einer Vitrine im Museum Quintana. Die Überreste der Frau waren 2015 bei Ausgrabungen in Niederpöring im Landkreis Deggendorf gefunden worden. Mittels moderner Technik - wie sie auch von der Kriminalpolizei eingesetzt wird - sei es einem Forscherteam gelungen, der «Toten von Niederpöring» ein Gesicht zu geben. Foto: Armin Weigel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Schädel und Knochen der Frau im Museum Quintana
Quelle: dpa

Gen- und Isotopenuntersuchungen hätten ergeben, dass die Vorfahren der Frau aus Anatolien über den Balkan eingewandert seien, sagt Museumsdirektor Roman Weindl. Die Frau selbst sei aber bereits im Raum Niederpöring aufgewachsen. Auch Augenfarbe und Teint habe man bestimmen können. Keine Belege gebe es jedoch für die Frisur. Allerdings fänden sich in Gräbern aus dieser Zeit immer wieder auch Reste von Kämmen. Die Haare – es wurden Echthaare transplantiert – seien deshalb mit einem Kamm hochgesteckt worden, sagt Weindl. „Dafür haben wir eine lokale Friseurin hinzugezogen.

Ihr zum Teil erhaltener Schmuck weist die Tote als Angehörige der neolithischen Elite aus. Er besteht aus einem mit Schneckenhäuschen besetzten Lederband. 207 der einstmals rund 400 Gehäuse der heute seltenen Donaukahnschnecke waren am Kopf noch zu sehen, das Leder war allerdings nicht mehr vorhanden. Die außergewöhnliche Grabbeigabe deutet darauf hin, dass die Frau eine gehobene soziale Stellung in ihrer Gemeinschaft gehabt haben dürfte. Auch ihr für damalige Zeiten hohes Alter von etwa 50 Jahren spricht dafür, dass die Dame einen privilegierten Zugang zu den Ressourcen der frühen Bauern gehabt hat.

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Dass die Vorfahren der Frau aus dem Balkanraum nach Niederbayern eingewandert sind, passt zum Bild der neolithischen Kulturmigrationen, die Europa maßgeblich geprägt haben. Nachdem sich die Neolithische Revolution in Anatolien durchgesetzt hatte, wurden Ackerbau und Viehzucht zunächst in Südosteuropa übernommen. Ab etwa 5700 v. Chr. wanderten die ersten Bauern von Ungarn aus nach Mitteleuropa.

Nach den typischen Verzierungen ihrer Tonwaren werden sie Linearbandkeramiker genannt. Bei ihrem Vordringen Richtung Rhein verdrängten sie die älteren Jäger- und Sammlergruppen. Dass die Vorfahren der „Toten von Niederpöring“ definitiv vom Balkan stammten, ist im Übrigen ein weiteres Indiz für die These, dass die bäuerliche Wirtschaftsweise tatsächlich von Migranten nach Europa gebracht wurde und nicht als Idee von Gruppe zu Gruppe weitergereicht wurde. mit dpa

Vor gut 8000 Jahren kamen die ersten Bauern nach Mitteleuropa
Vor gut 8000 Jahren kamen die ersten Bauern nach Mitteleuropa
Quelle: Infografik WELT

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Dieser Artikel wurde erstmals 2019 veröffentlicht.

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