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PS WELT Fahren bei Eis und Schnee

Winterreifen können Bremswege verlängern

Bußgelderhöhung bei Winterreifen-Verstößen Bußgelderhöhung bei Winterreifen-Verstößen
Zu den Kennzeichen von Winterreifen zählt das grobe Profil. Vor allem bei schneebedeckter Fahrbahn sorgt es für mehr Sicherheit.
Quelle: dpa/DPA
In der kalten Jahreszeit müssen die Sommerreifen ausgewechselt werden. Doch grobes Profil sorgt nicht in jedem Fall für ein besseres Fahrverhalten.

Um Reifen – und Winterreifen im speziellen – ranken sich viele Gerüchte. Während die einen Stein und Bein schwören, trotz Wechselverweigerung noch nie Probleme gehabt zu haben, malen die anderen die eiskalte Apokalypse an die Wand. Ohne Winterreifen wäre Otto Normalautofahrer bei Schnee unweigerlich dem Tode geweiht. Die Winterreifenpflicht, die der Bundesrat jetzt verabschieden wird, hat diese stetig schwelende Diskussion noch angeheizt. Für die Winterpneus gilt in jedem Fall: Sie sind durch ihre spezielle Konstruktion auf den Einsatz auf Schnee und Eis hin optimiert.

„Winterreifen sind viel komplexer als Sommerreifen“, sagt Wolfgang Mick, bei Michelin verantwortlich für die Technik. „Sommerreifen müssen auf nasser und trockener Fahrbahn zwischen etwa 10 und 35 Grad funktionieren.“ Bei den Winterpneus sehe das ganz anders aus. „Nass, trocken, Schnee, Eis, Schneematsch – das alles müssen sie bewältigen“, sagt Mick. „Und das Ganze noch in einem Temperaturfenster von mindestens minus 20 bis plus 20 Grad.“

Neben der speziellen Gummimischung, die die Laufflächen im Gegensatz zu Sommerreifen auch bei sehr niedrigen Temperaturen flexibel hält, verfügen moderne Winterreifen daher über sogenannte Lamellen. Das sind feine Einschnitte in den Profilblöcken, die eine Verzahnung des Profils mit losem Untergrund ermöglichen.

Als die Lamellen in der Reifenentwicklung aufkamen, waren es simple gerade Einschnitte, die zwar auf Schnee die Haftung deutlich verbesserten, aber nicht unter allen Bedingungen Vorteile boten. Denn ihre Flexibilität kam auch dann zum Tragen, wenn eher ein starreres Profil wünschenswert ist. Das ist zum Beispiel beim Bremsen auf trockener Fahrbahn der Fall. Aus diesem Grund haben die Reifenfirmen die Lamellentechnik immer weiter entwickelt. Heute setzen die führenden Hersteller dreidimensional gestaltete Lamellen ein, die sich etwa beim Bremsen gegeneinander abstützen und so für höhere Stabilität sorgen.

Trotzdem sind Winterreifen auch bei kalten Temperaturen nicht immer besser als Sommerreifen. Das zeigt zum Beispiel ein kürzlich durchgeführter Winterreifen-Test des Fachmagazins „Auto Bild Allrad“. Das Fazit: Auf trockener und nasser Fahrbahn sind Sommerreifen einem Winterreifen fast immer überlegen, auch bei Kälte. Selbst die im Test besten Winterreifen verschenkten beim Bremsen auf trockenem Asphalt aus Tempo 100 bereits mehr als vier Meter Bremsweg gegenüber einem Sommerreifen. Der schlechteste Winterreifen brauchte sogar über neun Meter mehr. Das kann bei einem Unfalls dramatische Folgen haben. Ein guter Winterreifen zeichnet sich deshalb dadurch aus, dass er auf Schnee und Eis sehr viel besser ist als ein Sommerreifen. Bei Nässe und Trockenheit sollte er aber möglichst nicht viel schlechter als ein Sommerreifen sein.

Die aufwändigen Tests der Fachmagazine haben auch die früher verbreitete „Sieben-Grad-Regel“ widerlegt. Unter sieben Grad Außentemperatur hätten Winterreifen stets Vorteile, verbreiteten die Hersteller früher. Heute ist davon keine Rede mehr. Aber wann sind Winterreifen überhaupt zu empfehlen? Eindeutige Antwort: Bei Schnei, Eis und Reifglätte. Dann verkürzen sich die Bremswege, und das Auto bleibt besser steuerbar.

Ansonsten kommt es auf die Straßenverhältnisse an. Autoklubs wie der Auto Club Europa oder der ADAC haben die Ankündigung einer klar geregelten Winterreifenpflicht begrüßt. Einer generellen, zeitlich begrenzten Winterreifenpflicht ohne speziellen witterungsbedingten Anlass, hat etwa der ADAC jedoch eine klare Absage erteilt. Damit würden Autofahrer, die etwa in Gebieten wohnen, in denen der Winter nur eingeschränkt stattfindet und die bei typisch winterlichen Straßenverhältnissen auf Fahrten verzichten oder auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen können, nur unnötig zur Kasse gebeten. Ähnliches gelte für die Halter von Zweitwagen. Unabhängig davon empfiehlt der Autoklub aber allen Autofahrern, die im Winter bei jedem Wetter mobil sein wollen, mit Winterreifen zu fahren.

Das sollten dann allerdings auch „echte“ Winterreifen sein. Früher galt als Hinweis auf einen Winterreifen die M+S-Bezeichnung (für Matsch+Schnee oder Mud+Snow) auf der Reifenflanke. Allerdings sagt diese Kennzeichnung fast nichts über die Eignung als Winterreifen aus und befindet sich in manchen Ländern wie den USA auf nahezu jedem Reifen. Daher hat sich in den vergangenen Jahren das Schneeflocken-Symbol durchgesetzt. Nur Reifen, die bestimmte festgelegte Kriterien in einem Test erfüllen, dürfen das Symbol tragen und sind damit Winterreifen.

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