CSU-Chef Horst Seehofer hat im Asylstreit mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Konfrontation noch einmal verschärft. In einer CSU-Vorstandssitzung bezeichnete er die Ergebnisse des EU-Gipfels als nicht wirkungsgleich mit Grenzkontrollen und Zurückweisungen an den Grenzen. Die europäischen Beschlüsse seien kein „wirkungsgleiches Surrogat“ (kein gleichwertiger Ersatz).Vielmehr soll Seehofer in der Sitzung die von Merkel in diesem Punkt erreichten Ergebnisse „abenteuerlich“ genannt haben, wie es aus Teilnehmerkreisen hieß.
Seehofer widersprach Merkel mit seiner Aussage gleich zweimal. Die CDU-Chefin hatte die Gipfelergebnisse bereits am Freitag auf einer Pressekonferenz in Brüssel als „mehr als wirkungsgleich“ bezeichnet. Am Samstag hatte sie ihren Standpunkt bei der Aufzeichnung ihres ZDF-Sommerinterviews erneut klar gemacht. Auf die Frage, ob die Forderungen der CSU erfüllt seien, erklärte sie: „In der Summe all dessen, was wir insgesamt beschlossen haben, ist das wirkungsgleich. Das ist meine persönliche Auffassung. Die CSU muss das natürlich für sich entscheiden.“
Auch den von Merkel im Asylstreit unterbreiteten Vorschlag, in anderen EU-Ländern registrierte Flüchtlinge in Deutschland in sogenannten Ankerzentren unterzubringen, lehnte Seehofer nach übereinstimmenden Angaben mehrerer Teilnehmer ab. In der vereinbarten Form sei dies für ihn inakzeptabel, hieß es.
Seehofer kündigt persönliche Erklärung an
Für den Schluss der Sitzung kündigte er eine persönliche Erklärung an. Seehofer soll die Sitzungsteilnehmer aufgerufen haben, bis zum Schluss zu bleiben. Seine zweistündige Unterredung mit Angela Merkel am Samstagabend im Kanzleramt bezeichnete er als wirkungslos.
Seehofer legte den Teilnehmern der internen Sitzung erstmals schriftlich seinen sogenannten Masterplan zur Flüchtlingspolitik vor. Dies schrieben Sitzungsteilnehmer bei Twitter und veröffentlichten Fotos von der Drucksache. Der Plan umfasst nach den bisher öffentlich bekannten Details 63 Punkte, Merkel soll den Plan bis auf einen Punkt akzeptieren. Bei dem umstrittenen Punkt handelt es sich um die Zurückweisung bestimmter Flüchtlingsgruppen an der deutschen Grenze.
Im Asylstreit hatte Seehofer wiederholt die Zurückweisung solcher Flüchtlinge an der deutschen Grenze eingefordert, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden. Merkel lehnt dies als nationalen Alleingang ab und strebt eine europäische Lösung in Absprache mit den Nachbarländern an.
Für Seehofer sind die bei dem EU-Gipfel in Brüssel erzielten Vereinbarungen aber nur eine unzureichende Alternative, wie er im Vorstand nach Teilnehmerangaben erklärte. Deutschland würde sich dadurch nur zusätzliche Probleme einhandeln.
Daher sei es noch zu früh, von einem Erfolg zu sprechen. „Es ist noch viel zu tun“, betonte Seehofer. Wie er persönlich und politisch reagieren wolle, dazu machte Seehofer zunächst keine Angaben.
Bei getrennten Sitzungen der Parteiführungsgremien beraten CDU und CSU an diesem Sonntag über den seit Wochen andauernden Streit zur Neuregelung der Zuwanderungspolitik.