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Deutschland Mietendeckel

Berlins Regierungschef Müller fordert Mietenmoratorium auf Bundesebene

Berliner Mietendeckel gekippt – viele müssen nachzahlen

Das Bundesverfassungsgericht hat den Berliner Mietendeckel gekippt. Er ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Vermieter dürfen das Geld für die dadurch gesenkten Mieten nun nachträglich einfordern. Doch das macht nicht jeder.

Quelle: WELT/ Thomas Vedder

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Das Verfassungsgericht kippt den Berliner Mietendeckel. Die politischen Reaktionen fallen eindeutig aus. CDU und FDP begrüßen das Urteil, der Regierende Bürgermeister Michael Müller appelliert an die Entscheidungsträger auf Bundesebene.

Aus für den Berliner Mietendeckel: Das Bundesverfassungsgericht hat das 2020 in zwei Stufen in Kraft getretene Landesgesetz für nichtig erklärt. Der Bundesgesetzgeber habe das Mietpreisrecht abschließend geregelt, teilte das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe am Donnerstag mit. Für eigene Gesetze der Länder sei deshalb kein Raum. Die Reaktionen fallen dabei unterschiedlich aus.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller fordert ein rasches Handeln der Bundesregierung. „Die mittlerweile bundesweit vorherrschende Wohnungsnot muss endlich energisch vom Bund bekämpft werden“, erklärte der SPD-Politiker. „Ein von Teilen der Koalition auf Bundesebene gefordertes Mietenmoratorium in Märkten mit angespannter Wohnlage muss zügig auf den Weg gebracht werden“, so Müller. „Das ist spätestens für die neue Bundesregierung eine der zentralen Aufgaben.“

Der Berliner Senat wolle jetzt prüfen, inwieweit soziale Härten bei Nachforderungen an Mieter abgefedert werden könnten, so Müller. „Wir appellieren an alle Vermieterinnen und Vermieter, sich in der nach wie vor sehr schwierigen Wohnungsmarktsituation ihrer sozialen Verantwortung bewusst zu sein.“

Müller kündigte dazu „zeitnah“ auch einen Runden Tisch an, „um mit der Wohnungswirtschaft darüber zu sprechen, wie wir gemeinsam soziale Härten durch Nachforderungen vermeiden und zukünftig dafür Sorge tragen können, dass in Berlin ausreichend bezahlbarer Wohnraum entsteht und die Mieten nicht weiter unkontrollierbar steigen.“

Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) begrüßte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Der Mietendeckel sei jetzt Geschichte. „Das ist gut, denn auch baupolitisch war er der völlig falsche Weg. Er hat für Unsicherheit auf den Wohnungsmärkten gesorgt, Investitionen ausgebremst und keine einzige neue Wohnung geschaffen.“

Berliner Senat will am Dienstag beraten

Linksparteipolitiker Gregor Gysi ging sogar noch weiter. Auf Twitter schrieb er: „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist ein Rückschlag für Mieter. Karlsruhe fordert eine bundesweite Lösung für einen Mietendeckel. Ein klarer kollektiver Auftrag an SPD, Grüne & LINKE. Eines ist klar: Mit CDU & CSU sind immer Miethaie auf der Gewinnerseite, nicht Mieter.“

Die SPD-Fraktion im Bundestag attackierte nach dem Urteil CDU und FDP. „Es ist kein Geheimnis, dass den Klägern aus Reihen der CDU und FDP die Sorgen von Mieterinnen und Mietern vollkommen egal sind. Im Gegenteil: Sie sind die Anwälte der Immobilienlobby im Deutschen Bundestag“, teilte die Fraktion einen Kommentar von Fraktionsvize Sören Bartol auf Twitter.
Die Reaktion von der Berliner SPD fiel etwas verhaltener aus.Die Berliner SPD-Vorsitzenden Franziska Giffey und Raed Saleh teilten mit, der Neubau von Wohnungen sei jetzt umso wichtiger. „Auch der Ankauf von Wohnungen muss weitergeführt werden, um den Anteil des Wohnungsbestands der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und der Genossenschaften weiter zu erhöhen“, so die SPD-Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl und der SPD-Fraktionsvorsitzende. Außerdem sei der Bund nun gefordert, den Mieterschutz zu verbessern. „Wir fordern die CDU/CSU auf, ihren Widerstand gegen eine wirksame Mietpreisregulierung im Bund einzustellen“.

„Leidtragende sind Mieter, denen hohe Nachzahlungen drohen“

Deutliche Kritik kam von der CDU: Generalsekretär Paul Ziemiak forderte nach der Entscheidung einen Schub beim Wohnungsbau gefordert. Mehr und bezahlbaren Wohnraum gebe es nur „mit einem Bau-Turbo“, schrieb Ziemiak auf Twitter. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bezeichnete er als „eine Klatsche für verantwortungslose rot-rot-grüne Politik“. Weiter schreibt er: „Leidtragende sind Mieter, denen hohe Nachzahlungen drohen.“

CDU-Parteikollege Jan-Marco Luczak forderte für etwaige Mietnachzahlungen einen Sicher-Wohnen-Fonds. „Den muss das Land Berlin auflegen, um soziale Härten zu verhindern.“ Am Ende müsse klar sein, dass kein Mieter aufgrund der „verfehlten Wohnungspolitik“ seine Wohnung verlieren dürfe.

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Auch die FDP begrüßte die Entscheidung. „Dass der Mietendeckel nichtig ist, ist eine gute Nachricht. Denn derlei Eingriffe in den Markt sind bloße Symptombekämpfung“, sagte FDP-Fraktionsvize Michael Theurer am Donnerstag nach der Entscheidung.

Der bau- und wohnungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Föst, ergänzte: „Der Berliner Senat hat die Mieterinnen und Mieter wider besseren Wissens für ein ideologisches Experiment missbraucht und das ist gründlich misslungen“. Die Zeche zahlten nicht die Politiker, sondern die Menschen in Form von Mietnachzahlungen und Wohnungsnotstand.

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„Das ist die maximale Niederlage“

Auch Verbände der Hausbesitzer und Immobilienbranche begrüßen das Urteil. „Das ist die maximale Niederlage, die man vor dem Bundesverfassungsgericht erleiden kann“, sagte Haus-&-Grund-Präsident Kai Warnecke in einer digitalen Pressekonferenz.

Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia kündigte kurz nach dem Urteil an, keine Mieten nachzufordern. Für Mieter sollten keine „finanziellen Nachteile aufgrund getroffener politischer Entscheidungen entstehen“, kündigte Rolf Buch, Vorstandsvorsitzender von Vonovia, an.

Auf Mieter der Deutsche Wohnen in Berlin kommen nach dem Aus Nachforderungen des Konzerns zu. Deutsche Wohnen begrüße die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, teilte das Unternehmen mit, das rund 116.000 Wohnungen im Großraum Berlin besitzt. Für die Begleichung des Restbetrags der fälligen Miete biete die Deutsche Wohnen den vom Karlsruher Urteil betroffenen Mietern Möglichkeiten von Einmal- über Ratenzahlungen bis hin zu Stundungen an, teilte der Konzern weiter mit.

Der Deutsche Mieterbund forderte den Bund nach der Entscheidung des Gerichts dazu auf, endlich zu handeln. Die Entscheidung sei bitter, „aber sie ist auch ein lauter Weckruf an den Bundesgesetzgeber, endlich zu handeln und die Mietenexplosion in vielen deutschen Städten zu stoppen“, teilte der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, mit.

Das Verfassungsgerichtsurteil bedeutet auch das Aus für das bayerische Volksbegehren für einen sechsjährigen Mietenstopp. Stattdessen will die Initiative sich jetzt darauf konzentrieren, einen Mietenstopp auf Bundesebene zu erreichen, wie sie am Donnerstag mitteilte. „Ein enttäuschendes Urteil“, sagte Kampagnenleiter Matthias Weinzierl.

dpa/tba/jm/gub

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