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Der Absturz der Bruchweg-Boys

André Schürrle, Lewis Holtby und Ádám Szalai – als Trio grandios, als Solisten im Abseits

Es war ein Bild, das sich in die Köpfe der Fußballfans einbrannte wie die Fotos von Stefan Effenberg mit seinem Tigerkopf in Gladbach oder die Aufnahmen vom saltohüpfenden Miroslav Klose während seiner FC-Bayern-Glanzzeit: Drei junge Kicker feiern an der Eckfahne nach einem Torerfolg wie ein virtuelle Rockband. An der Luftgitarre André Schürrle, am Fiktivschlagzeug Ádám Szalai, am Pseudomikro Lewis Holtby.

Es war im Sommer 2010, nach einem neuen Startrekord des FSV mit acht Siegen in Serie und als Mainz zu diesem Zeitpunkt der Saison vom ersten Platz der Bundesliga-Tabelle grüßte. Es war die Stunde der sogenannten Bruchweg-Boys, der damaligen jungen „Twens“ Schürrle, Szalai und Holtby, die mit ihrem aberwitzigen Offensivspiel unter der Führung ihres Trainers Thomas Tuchel Land und Liga verzauberten. Und die sich nach der Straße nannten, an deren Grund das Stadion steht.

Etwas mehr als sieben Jahre danach hat das Trio einen gnadenlosen Absturz hinter sich. Die aktuelle Momentaufnahme: Beim Hamburger SV schaffte es der 27-jährige Holtby nicht mal mehr in den Kader für das Spiel in Leipzig. Beim mauen 2:2 von Dortmund gegen Freiburg schmorte Schürrle, 27, über die ganze Spielzeit auf der Bank .

Und beim 2:5 der TSG Hoffenheim beim Liga-Dominator FC Bayern beobachtete Szalai, 30, wie Trainer Julian Nagelsmann drei Profis aus- und einwechselte, für ihn aber offenbar keinerlei Verwendung oder Testbedarf hatte.

Was als Terzett in Mainz so fantastisch funktionierte, wurde mit den folgenden Soloprojekten zu drei Profis zu Flops auf Raten. Zunächst aber erlagen die Jungspunde den exorbitanten Nachfragegelüsten anderer Klubs. Holtby kehrte zunächst zu Schalke 04 zurück, wechselte dann zu Tottenham in die Premier League. Ohne durchschlagenden Erfolg bei den Hotspurs wurde er weitergereicht zum FC Fulham, von dort zum HSV, der Holtby schließlich für 6,5 Millionen Euro kaufte. Dessen fortschreitende Formverfall gipfelte jetzt in einer Demütigung erster Klasse: Der neue HSV-Coach Bernd Hollerbach ließ den Mittelfeldspieler gegen Leipzig komplett außen vor, nominierte ihn nicht mal für die Bank. Die Verantwortung für die Spielregie gab Hollerbach weiter an Oldtimer Aaron Hunt, 31, und Sejad Salihovic, 33. „Ich habe gesehen, dass Leipzig ein bisschen Probleme hat bei Standards, und deswegen habe ich mich für zwei gute Standardschützen entschieden“, sagte der Coach auf Sky.

Auch Schürrle verließ Mainz, wechselte für 8,5 Millionen Euro zu Bayer Leverkusen, 2013 für 22 Millionen zu Chelsea London – und fiel dort gehörig auf die Nase. Die goldene Flanke 2014 zum 1:0 durch Götze gegen Brasilien und zum WM-Titelgewinn war ein positiver Ausreißer in seinem – zu dieser Zeit – mehr als durchwachsenen Profileben.

Schürrle zog weiter, 2015 für 32 Millionen zu Wolfsburg, kam aber auch in der VW-Stadt nicht in die Spur. Schließlich fand sich 2016 mit Dortmund der letzte Abnehmer für den durch die Liga strauchelnden Schürrle. Der damalige BVB-Trainer Tuchel traute sich als sein ehemaliger Mainzer Mentor zu, den Stürmer wieder trefflich einzustellen.

Aber spätestens mit dem Trainerwechsel von Tuchel zu Peter Bosz und nun weiter zu Peter Stöger bekommt der flinke Flügelflitzer kein Bein mehr auf die westfälische Erde. Erst als Aubameyang ätzte und streikte, gab es zwei Chancen im Team, die Schürrle aber nicht nutzte. Also ging es gegen Freiburg wieder auf die Bank, und es gab keine Minute Einsatzzeit.

Wie genervt man beim BVB das Thema Schürrle betrachtet, offenbarte zuletzt auch Hans-Joachim Watzke in WELT AM SONNTAG: „Ganz offen und ehrlich gesagt“, so der Borussen-Boss sarkastisch, „beide Seiten sind – Stand jetzt – noch nicht zufrieden.“ Die Lage ist mittlerweile offenbar derart verfahren, dass der BVB seinen Profi, der einen Vertrag bis 2021 besitzt und angeblich 160.000 Euro pro Woche erhalten soll, nach England ausleihen will, um ihn von der Gehaltsliste zu bekommen. West Bromwich Albion gilt als Kandidat, mochte bis dato aber nicht zusagen.

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Bleibt als Dritter im Bunde der Stürmer Ádám Szalai. Den heute 30-jährigen Ungarn führte der Transferweg über Schalke zu Hoffenheim, weiter zu Hannover 96, dann zurück zur TSG 1899. Mal gab es sechs, dann acht Millionen – und aktuell fast kein Interesse mehr an dem verhinderten Torjäger.

Aufmerksamkeit und Schlagzeilen gibt es für ihn offenbar nur noch in den Klatschblättern. Immerhin hat er demnach offenbar das Herz von Angelina Heger mit einem Liebespfeil getroffen. Es handelt sich bei ihr um die 25-jährige, ehemalige „Bachelor“-Kandidatin, die Szalai erfolgreich bezirzt haben soll.

Wenigstens im Privatleben erhält sich das ehemalige Mitglied der Bruchweg-Boys damit noch einen gewissen Glamourfaktor.

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