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Wirtschaft Steuerzahler-Schwarzbuch

Wie der Staat 30 Milliarden Euro verschwendet

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Rund 30 Milliarden Euro an öffentlichen Gelder werden pro Jahr verschwendet, so der Bund der Steuerzahler
Quelle: Sander/Gerhard Beneken
Der Bund der Steuerzahler hat seine jährliche Klageschrift "Die öffentliche Verschwendung" vorgelegt. An 107 Beispielen zeigt die Organisation, wo öffentliche Gelder unsinnigerweise ausgegeben wurden. Und warnt: Die Summe wird sich wohl noch erhöhen.

Worum geht es

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Letztlich sei es "unmöglich", die Gesamtsumme der in den vergangenen zwölf Monaten verschwendete Steuergelder zu beziffern, sagte Karl Heinz Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler. Zumal die Formen der Verschwendung "vielfältig" seien. Insgesamt hat die öffentliche Hand nach Schätzung der Organisation rund fünf Prozent aller Ausgaben für Projekte aufgewendet, die nach Meinung des Hundes der Steuerzahler alles andere als sinnvoll sind. Das wären rund 30 Milliarden.

107 Beispiele für "öffentliche Verschwendung" führt das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler an. Und weist, zum Beispiel, ins saarländischen Burbach, wo man vor sechs Jahren mit dem Bau eines Brückenturms für eine Fußgängerbrücke begann. Der Turm steht, 500.000 Euro hat er gekostet – die Brücke aber gibt es immer noch nicht. In Essen wurde für 350.000 Euro eine Fußgängerbrücke errichtet – 100 Meter neben einer bereits bestehenden Brücke. Die aber sei doch, so die offizielle Begründung der Stadt, nur als Zugang zur Stadtbahn gedacht.

Ein Schiffsanleger ohne Schiffe

In Achim bei Bremen wurde für 63.296 Euro – ein Drittel der Kosten übernahm die EU – ein Schiffsanleger gebaut, der aber kaum genutzt wird. Nicht zuletzt deshalb, weil der Anleger zu weit entfernt von den örtlichen Gasthäusern entfernt liegt und deshalb für Touristen nicht interessant ist – und damit auch für die Weserschifffahrt nicht.

Im nordrhein-westfälischen Mettmann wurde eine Verlegung des Amtsgerichtes auf ein landeseigenes Grundstück beschlossen und geplant. Dann aber entschied die Landesregierung sich anders – weil ein Amtsgericht ins Stadtzentrum gehöre. Das kostet den Steuerzahler laut Steuerzahlerbund drei Millionen Euro. Denn insgesamt sollen sich die Kosten des Neubaus auf elf Millionen Euro belaufen. Für die ursprüngliche Planung dagegen waren nur acht Millionen Euro veranschlagt.

"Luxus aus Steuergeld"

Nicht einmal die längere Zeit recht angespannte Haushaltslage Lange habe dafür gesorgt, dass mit Steuergeldern sorgfältiger umgegangen wird – "dem war leider nicht so", beklagt Däke: "Auf allen staatlichen Ebenen stellten wir wieder Fehlplanungen, Kostenexplosionen, Luxus aus Steuergeld, teure Imagepflege und unnötige Reisen auf Steuerzahlerkosten oder schlicht sorglosen Umgang mit Steuergeldern fest."

Auch im vergangenen Jahr hatte der Bund der Steuerzahler die Höhe der verschwendeten Steuergelder mit rund 30 Milliarden angeben. Däke warnte davor, dass sich diese Summe erhöhen könnte. Es sei zu befürchten, "dass die seit Jahresbeginn explosionsartig steigenden Steuereinnahmen zu einem noch sorgloseren Umgang mit Steuergeldern verführen können. Davor kann ich nur warnen."

Der Staat nimmt viel mehr Steuern ein

Die Steuereinnahmen des Bundes sind von Januar bis August gegenüber dem Vorjahr um 16,4 Prozent gestiegen. Die Haushaltspläne haben nur mit halb so viel kalkuliert. Die Gesamteinnahmen des Bundesfinanzministers wuchsen um stattliche 14,1 Prozent. Auch für die Länder ergab sich in den vergangenen Monaten ein starkes Einnahmeplus. Auch wenn der Bundeshaushalt bis Ende August eine Finanzierungslücke von 26 Milliarden Euro ausweist, ist absehbar, dass die Neuverschuldung 2007 deutlich unter der geplanten Höhe von 19,6 Milliarden Euro liegen wird.

Einen regelrechten Geldsegen verbuchen auch die Kommunen. Im ersten Halbjahr 2007 stiegen ihre Einnahmen deutlich an, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag errechnete. Da es bei den Ausgaben nur einen bescheidenen Zuwachs gab, erzielten die Städte und Gemeinden bundesweit einen Überschuss von 900 Millionen Euro. Weil zuvor allerdings jahrelang hohe Defizite bei Städten und Gemeinden anfielen, sind viele Kommunen weiter verschuldet.

Fünf Milliarden wegen Personalmangel verloren

Jüngsten Zahlen zufolge nahmen Gemeinden und Gemeindeverbände in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 75,8 Milliarden Euro ein. Das waren 6,1 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2006. Die kassenmäßigen Ausgaben der Kommunen stiegen dagegen nur um 2,4 Prozent auf 74,9 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr 2006 hatte sich dagegen noch ein Defizit von 1,7 Milliarden Euro ergeben. Für die positive Entwicklung auf der Einnahmenseite war vor allem der kräftige Zuwachs beim Steueraufkommen um 11,1 Prozent auf 28,3 Milliarden Euro ausschlaggebend. Den Löwenanteil machte dabei erneut das Aufkommen aus der Gewerbesteuer als wichtigste Einnahmequelle der Städte und Gemeinden aus.

Allerdings bekommt der Staat nicht alles, was er bekommen müsste: Fünf Milliarden Euro sind dem Fiskus im vergangenen Jahr verloren gegangen, weil es an Mitarbeitern hat. Das Bundesfinanzministerium habe aufgrund des Personalmangels etwa dann auf Steuereinnahmen verzichtet, wenn der Steuerpflichtige trotz aller Vollstreckungsmaßnahmen nicht auffindbar war, geht aus dem Monatsbericht des Finanzministeriums hervor.

dpa/AP/Reuters/dino

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