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Wirtschaft Oxfam-Bericht

42 Milliardäre besitzen so viel wie die halbe Welt

Wirtschafts- und Finanzredakteur
Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer

Die Hilfsorganisation Oxfam prangert die Ungleichheit in der Welt an. Die Reichen würden immer reicher, die Armen immer ärmer. 42 Milliardäre besitzen mehr als die Hälfte des globalen Vermögens.

Quelle: WELT

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Pünktlich zum Weltwirtschaftsforum in Davos prangert die Hilfsorganisation Oxfam die Ungleichheit in der Welt an. Auch in Deutschland wächst das Vermögen der Reichen rasant. Doch die Berechnungen sind umstritten.

Worum geht es

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Wenn am Dienstag die globale Elite aus Wirtschaft und Politik im Schweizer Davos zu ihrem alljährlichen Treffen zusammenkommt, liegt der aktuelle Ungleichheitsbericht der Hilfsorganisation Oxfam bereits auf dem Tisch. Wie schon in den Vorjahren sind die darin enthaltenen Zahlen drastisch: Die 42 reichsten Menschen der Welt haben so viel Vermögen wie die 3,7 Milliarden Menschen der ärmeren Hälfte zusammen.

Und die Vermögensunterschiede werden immer größer: Demnach flossen im vergangenen Jahr 82 Prozent des weltweiten Wachstums in die Taschen des reichsten Prozents der Weltbevölkerung. Nie habe es mehr Dollar-Milliardäre gegeben. Ihre Zahl sei 2017 um 233 auf 2043 gestiegen.

Die 42 Reichsten besitzen gleich viel wie 3,7 Milliarden Ärmsten
Die 42 Reichsten besitzen gleich viel wie 3,7 Milliarden Ärmsten
Quelle: Infografik Die Welt

Kein Naturgesetz

„Wir wollen die Aufmerksamkeit des Weltwirtschaftsforums auch in diesem Jahr nutzen, um auf die wachsende Ungleichheit in der Welt hinzuweisen“, sagte Jörn Kalinski, Kampagnenleiter von Oxfam Deutschland, bei der Präsentation der Zahlen. Die zunehmende soziale Ungleichheit sei kein Naturgesetz, sondern die Folge politischer Entscheidungen.

Zu den Kernforderungen von Oxfam gehören der Stopp der Steuervermeidung von Konzernen und Wohlhabenden. Dadurch entgingen gerade Entwicklungsländern jedes Jahr viele Milliarden Dollar an dringend benötigten Einnahmen. Zudem verlangt die Nichtregierungsorganisation faire Einkommen für Männer und Frauen sowie mehr Geld für Bildung und Gesundheit.

Positive Entwicklungen werden in dem Bericht nicht verschwiegen: Anders als die Vermögen sollen die weltweiten Einkommen mittlerweile gleicher verteilt sein als noch ein Jahr zuvor. So sind die Einkommen in Lateinamerika, China und anderen bevölkerungsreichen Ländern Asiens stärker gewachsen als in den reichsten Ländern der Welt, schreibt Oxfam. Hier zeigt sich offenbar der Wirtschaftsaufschwung in einer Reihe von Schwellenländern.

Deutschland, ein „Ungleichland“

Kampagnenleiter Kalinski relativierte den Fortschritt allerdings: „Dass zahlreiche Chinesinnen und Chinesen heute über höhere Einkommen verfügen, ist begrüßenswert. Um von einer Trendwende der globalen Einkommensungleichheit zu sprechen, reicht das aber aus unserer Sicht nicht“, sagte er. Weltweit lebten immer noch sieben von zehn Menschen in einem Land, in dem die Einkommensungleichheit zugenommen habe.

Auch Deutschland wird von Oxfam als „Ungleichland“ bezeichnet. Die Vermögen hierzulande seien trotz des Wirtschaftsbooms sehr ungleich verteilt. Zwischen 2016 und 2017 sei das Vermögen des reichsten Prozents hierzulande um 22 Prozent gestiegen, das der ärmeren Hälfte nur um drei Prozent. Innerhalb der Euro-Zone sei die Kluft zwischen Arm und Reich nur in Litauen größer, heißt es in dem Bericht.

Es sind extreme Aussagen und extreme Zahlen, mit denen Oxfam arbeitet, um seine Botschaften zu transportieren. Und einige der Zahlen stellen sich im Nachhinein als falsch heraus, wie Oxfam angesichts einiger notwendig gewordener Korrekturen einräumen muss.

Neue Daten machen Korrekturen notwendig

Im Vorjahr sorgte die Organisation beispielsweise noch mit dem Vergleich für Schlagzeilen, dass die acht reichsten Menschen der Welt so viel Vermögen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung hat. In diesem Jahr braucht es dafür immerhin 42 Personen. Ein Zeichen für ein wenig mehr Gleichheit gegenüber dem Vorjahr soll dies aber nicht sein. „Hätten wir damals über die heutigen Daten verfügt, hätte die Zahl 61 lauten müssen“, heißt es in dem Bericht.

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Oxfam nutzt die Zahlen des World-Wealth-Reports der Schweizer Großbank Credit Suisse. Neue Daten aus Russland, China und Indien hätten nun ergeben, dass dort die ärmere Hälfte der Bevölkerung schon 2016 über mehr Vermögen verfügte als damals angenommen.

Das führte dazu, dass Oxfam nun auch eine andere Kernaussage des letztjährigen Berichts korrigieren musste: Dass nämlich das reichste Prozent der Weltbevölkerung mehr Vermögen als die unteren 99 Prozent besitzt. Diese Schwelle soll nun nicht schon 2016, sondern doch erst 2017 überschritten worden sein.

Keine Entschuldigung für Untätigkeit

Bei Oxfam sieht man darin kein Problem. Man arbeite immer mit den besten zum Zeitpunkt des jeweiligen Berichts verfügbaren Daten. Erhebungen, die das Ausmaß der Ungleichheit von Einkommen und Vermögen besser erfassen, fordere Oxfam gemeinsam mit andern Ungleichheitsforschern seit Jahren. „An der Ungeheuerlichkeit ändert das nichts“, sagte Kalinski. Das Fehlen von Daten dürfe nicht als Entschuldigung für politische Untätigkeit dienen.

Dass die Aussagen, mit denen die Wirtschaftsführer und Politiker auch in diesem Jahr in Davos wachgerüttelt werden sollen, die Realität nur unzureichend abbilden, ist also einkalkuliert.

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