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  3. Wettrüsten im All: Frankreich entwickelt Anti-Satelliten-Laserwaffe

Wirtschaft Frankreich

Diese Laserwaffe offenbart die Angst vor dem Weltraum-Krieg

Freier Wirtschaftsredakteur
Frankreich will im Weltraum seine Satelliten beschützen

Am französischen Nationalfeiertag hat Präsident Emanuel Macron erneut angekündigt, die militärische Präsenz auch im Weltall zu etablieren. „Wir werden unsere Fähigkeiten im Weltraum ausbauen und unsere Satelliten beschützen“ so Macron.

Quelle: WELT/ Daniel Franz

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Nach den USA baut auch Frankreich eigene Truppen fürs All auf. Paris setzt dabei auf Laserwaffen. Angeblich nur zur Verteidigung – um die eigenen Satelliten zu schützen. Die Nervosität der Raumfahrtnationen wächst.

Worum geht es

Die Entfernung zum Schlachtfeld reicht von wenigen Hundert bis hin zu 36.000 Kilometer. In diesen Höhen umkreisen wissenschaftliche und kommerzielle Satelliten die Erde, aber auch viele Exemplare für die Militärs und Nachrichtendienste.

Nach einem ersten Vorgeschmack im Kalten Krieg hat inzwischen ein weltweites Wettrüsten im Weltraum begonnen. So bereitet sich jetzt auch Frankreich ganz konkret auf einen Konflikt im All vor – und plant die Entwicklung von Anti-Satelliten-Laserwaffen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte zum Nationalfeiertag am 14. Juli angekündigt, künftig ein Weltraumkommando als Teil der Luftwaffe zu gründen. Eine neue Weltraumdoktrin gebe seinem Land die Fähigkeit, sich „im Weltraum und vom Weltraum aus zu verteidigen“. Verteidigungsministerin Florence Parly nannte jetzt die Einzelheiten des Plans.

Danach sollen Anti-Satelliten-Laserwaffen entwickelt werden, die aber „nur zur Selbstverteidigung“ eingesetzt werden. „Wenn unsere Satelliten bedroht sind, wollen wir die unserer Gegner blenden“, sagte Florence Parly. „Wir behalten uns das Recht und die Mittel vor, um reagieren zu können.“

Die Ankündigung Frankreichs ist der erste Schritt eines europäischen Landes in die Richtung von Anti-Satelliten-Waffen. Im Unterschied zu den bereits erfolgten Tests der Chinesen, der USA, der Russen und Inder mit dem Abschuss von Satelliten im All haben sich die Europäer noch zurückgehalten.

Nunmehr werden auch Laserwaffen im All angekündigt. Eine Technik, die bereits vom früheren US-Präsidenten Ronald Reagan in seiner strategischen Verteidigungsinitiative (SDI) Mitte der 1980er-Jahre forciert wurde.

Weltweites Säbelrasseln im All

Dabei passt die Ankündigung Frankreichs in das weltweite Säbelrasseln im All. Die dort positionierten Satelliten, egal ob sie zivil oder militärisch genutzt werden, sind Knotenpunkte für die Telekommunikation, für den Datenverkehr, für die Navigation – und auch für die Überwachung oder die Frühwarnung des Militärs. Mit dem Trend zur Digitalisierung ist es ein Teil der kritischen Infrastruktur eines Landes, die praktisch ungeschützt im Weltraum fliegt – und einfach ausgeschaltet werden kann.

Wie das funktioniert, wurde bereits mehrfach demonstriert, etwa durch Indien. Die Raumfahrtnation, die soeben eine Rakete in Richtung Mond gestartet hat, um dort als vierte Nation sanft zu landen, kann sich auch weniger friedlich präsentieren. Die Atommacht schoss im März mit einer Rakete einen eigenen Satelliten in 300 Kilometer Höhe ab – um ihre Anti-Satelliten-Waffen der Welt zu demonstrieren.

Bei Wissenschaftlern löst dieses Übungsschießen heftige Proteste wegen des Trümmerfelds im All aus. Aus gutem Grund: Das größte von einem einzelnen Ereignis hervorgerufene Trümmerfeld im All entstand 2007, als die Chinesen ihren Wettersatelliten „Fengyun-1C“ abschossen und so über 40.000 gefährliche Schrottteile in der Erdumlaufbahn entstanden.

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Weltweit steigt die Nervosität bei den Verantwortlichen in den Ländern darüber, wie ihre eigenen Satelliten bedroht werden könnten – entweder durch Abschuss oder elektronische Angriffe. Bereits im vergangenen Herbst schlug Frankreichs Verteidigungsministerin Parly Alarm. Sie berichtete, dass sich 2017 ein russischer Spionagesatellit vom Typ Luch/Olymp dem französisch-italienischen militärischen Kommunikationssatelliten „Athena-Fidus“ extrem dicht angenähert habe.

„Er ist so nahe gekommen, dass wir uns vorstellen konnten, dass er versucht, unsere Kommunikation abzufangen“, sagte sie. Dies sei „nicht nur unfreundlich, sondern ein Akt der Spionage“. Ihr jetzt angekündigter Schritt, Raumfahrtstreitkräfte mit Laserwaffen auszurüsten, ist offensichtlich eine Reaktion auf die ungewünschte Annäherung der Russen.

Rüstungsexperte Torben Schütz von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) bewertet die Ankündigung Frankreichs als einen „dramatischen Schritt“, weil dies auch innerhalb der Nato für Diskussionen sorgen dürfte. Zudem werde ein gewisses Tabu für die Europäer gebrochen, keine Anti-Satelliten-Waffen im All zu platzieren.

Berichte über Provokationen im Weltall

Allerdings sei noch nicht geklärt, ob die feindlichen Satelliten mit dem Laser nur geblendet oder auch tatsächlich zerstört werden können. Der Rüstungsexperte verweist auf eine gefährliche Spirale. Mit Angriffen auf Überwachungs- oder Kommunikationssatelliten würde sich auch die Krisenstabilität der Großmächte verringern. Zudem gebe es praktisch keine Rüstungskontrolle im All.

Immer häufiger wird aber über Provokationen im Weltall berichtet. 2015 hatten beispielsweise die Vereinigten Staaten den Russen vorgeworfen, mit ihrer mysteriösen Lutsch-Satellitenflotte zu dicht an zivile Intelsat-Satelliten geflogen zu sein. Dabei gelten die russischen Lutsch-Satelliten als eine Art Datenstaubsauger.

Zu den Profiteuren der zunehmenden Konflikte im Weltall gehört die Rüstungs- und Satellitenindustrie. Frankreich will sein Raumfahrtbudget um 700 Millionen Euro auf 3,6 Milliarden Euro aufstocken, gab jetzt Frankreichs Verteidigungsministerin Parly bekannt. Auch die USA wollen Milliarden in ihr „United States Space Command“ investieren, das die bisherigen Weltraumaktivitäten bündeln soll.

Ziel ist es, bis Ende 2020 eine „United States Space Force“ als sechste US-Teilstreitkraft zu gründen, gab US-Präsident Donald Trump im Dezember 2018 bekannt. Neben den USA bauen auch Russland, China und Indien ihre Fähigkeiten für Weltraumkriege aus.

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Deutschland hat zumindest beim Thema Weltraum-Aufklärung eigene Fähigkeiten, aber nicht in der Kategorie Attacke. Im Unterschied zu Frankreich mit seinen Atomstreitkräften und daher auch Angriffs-Frühwarnsatelliten liegt das deutsche Engagement vor allem im Bereich der Überwachung.

Bereits vor zehn Jahren wurde bei der Bundeswehr ein eigenes „Weltraumlagezentrum“ gegründet, mit einer zivil-militärischen Doppelspitze. Es soll Militärsatelliten der Bundeswehr, etwa die Spionagesatelliten SAR-Lupe, als auch zivile Systeme im All schützen und arbeitet mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zusammen.

Schutz von Weltraumwaffen

Dabei geht es nicht nur um das Ausweichen der Satelliten vor Meteoriten oder Weltraumschrott, sondern auch um das Thema Schutz vor Weltraumwaffen. Erst im Herbst 2018 wurde ein neues Teleskop in Betrieb genommen, das von der Erde aus noch Satelliten über einem Meter Größe in 36.000 Kilometer Höhe verfolgen kann.

Zudem bekommt das Weltraumlagezentrum in diesem Jahr ein Hightech-Radar, mit dem es erstmals aus Deutschland möglich sein wird, den Weltraum in eine Höhe bis zu 3000 Kilometer auf Satelliten oder Weltraumschrott zu scannen. Experten sprechen vom Radarsystem GESTRA (German Experimental Space Surveillance and Tracking Radar).

Allein beim Weltraumschrott gibt es etwa 20.000 Objekte größer als zehn Zentimetern, die mit durchschnittlich 25.000 km/h um die Erde rasen. Hinzu kommen 700.000 kleinere Objekte, die immer noch größer als ein Zentimeter sind.

Deutschland hat in seinem Bundeswehr-Weißbuch aus dem Jahr 2016 noch unter Ex-Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen keinen Zweifel daran gelassen, dass die Bundeswehr auch den Weltraum im Blick hat. Wörtlich heißt es: „Auch Weltraumsicherheit entwickelt sich für die Staatengemeinschaft zu einem zentralen Faktor.

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Raumfahrtanwendungen und insbesondere Satellitensysteme sind elementarer Bestandteil unserer kritischen Infrastruktur. Von ihnen hängen die nationale und internationale Kommunikation und Navigation in allen Dimensionen entscheidend ab.“ Deutschland müsse sich daher für „die ungehinderte Nutzung der Land-, Luft- und Seeverbindungen ebenso wie des Cyber-, Informations- und Weltraums einsetzen“.

Dabei baut auch Deutschland seine Himmelsspäher aus. Neben der Satellitenflotte SAR-Lupe für Röntgensatellitenaufnahmen entwickelt der Bremer OHB-Konzern derzeit die Satellitenflotte Georg 1, 2, 3 (Geheimes Elektro-Optisches Reconnaissance System Germany) für hochpräzise Fotoaufnahmen für den Bundesnachrichtendienst BND.

Der erste Start ist 2022 vorgesehen. Wann Frankreichs Laserwaffen im All einsatzbereit sind, sagte Verteidigungsministerin Parly nicht. Im Jahr 2023 sollen jedenfalls schon kleine Satelliten (Nanosatelliten) im All fliegen, sagte Parly, die „unfreundliche Bewegungen oder gefährliche Trümmer“ aufspüren können.

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