EU-Datenschutzbeauftragter warnt Der digitale Impfpass birgt das Versprechen auf Reisen – und die Gefahr des Datenmissbrauchs

Quelle: imago images

Kommende Woche will die Europäische Kommission ihr Gesetz für den elektronischen Impfnachweis vorstellen. Der EU-Datenschutzbeauftragte Wojciech Wiewiórowski warnt, dass dabei Gesundheitsdaten in Regionen außerhalb von Europa abfließen könnten.

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Der europäische digitale Impfpass birgt das Versprechen auf Sommerferien im Ausland – und die Gefahr von Datenmissbrauch. Nach Einschätzung des europäischen Datenschutzbeauftragten Wojciech Wiewiórowski ist in dem Gesetzentwurf zum Impfnachweis, den die EU-Kommission kommende Woche vorlegen will, bisher nicht klar, wie der Abfluss von persönlichen Gesundheitsdaten in Länder außerhalb der Europäischen Union verhindert werden soll. 

Das geht aus einer internen Stellungnahme des Datenschützers zum Gesetzesvorschlag hervor, der der WirtschaftsWoche vorliegt. Am Dienstag dieser Woche hatte sich auch der Europäische Datenschutzausschuss, in dem die entsprechenden Behördenvertreter aus allen EU-Staaten zusammenarbeiten, mit dem geplanten Impfnachweis befasst und beschlossen, den Prozess „eng und kritisch“ zu verfolgen. Dem Vernehmen nach liegen den Datenschützern bisher keine konkreteren Informationen zu den Plänen der Kommission vor.

Am Mittwoch kommender Woche, dem 17. März, will die EU-Kommission ihren Vorschlag für einen europäischen Impfpass vorstellen. Darin sollen alle Mitgliedsstaaten aufgefordert werden, technische Voraussetzungen zu schaffen, damit EU-Bürger eine Impfung, einen negativen PCR-Test oder ihre Immunität nach einer Corona-Erkrankung nachweisen können. Der EU-Impfpass soll spätestens im Sommer verfügbar sein und dazu dienen, dass sich EU-Bürger auch in Zeiten der Pandemie frei zwischen den Mitgliedsstaaten bewegen können. Ob einzelne Länder auch andere Rechte daran knüpfen, ist noch offen.

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Bereits am Montag dieser Woche hatte das Bundesgesundheitsministerium einen knapp drei Millionen Euro schweren Auftrag für den Aufbau einer deutschen Impfnachweisplattform an ein Konsortium um den amerikanischen IT-Konzern IBM vergeben. Die Plattform soll schon Mitte Mai in Betrieb gehen. Gut die Hälfte des Auftragsvolumens entfällt dabei an den Kölner Blockchain-Spezialisten Ubirch, das genossenschaftliche GovDigital-Netzwerk, das von mehreren kommunalen IT-Dienstleistern und der Bundesdruckerei getragen wird, sowie den IT-Dienstleister Bechtle.

Dass Brüssel den digitalen Impfnachweise per Gesetz regeln will und damit auf verbindliche Vorgaben für alle 27 Mitgliedsstaaten setzt, ist eine Lehre aus dem Flop mit der europäischen Corona-App. Die basierte auf einer Empfehlung, die bisher nur 16 Mitgliedsstaaten umgesetzt haben. Neun Staaten sind weiterhin nicht an die länderübergreifende Plattform angebunden. Teilweise, wie etwa im Fall von Frankreich, ist nicht einmal der Austausch von Infektionswarnungen innerhalb der EU technisch möglich.

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von Thomas Kuhn, Thomas Stölzel, Cordula Tutt, Silke Wettach

Solch ein Chaos soll durch einheitliche Vorgaben für den Impfnachweis vermieden werden. Zudem ist in dem Entwurf vorgesehen, dass die europäischen Impfbelege auch mit ähnlichen Tools kompatibel sein sollen, die derzeit von der Weltgesundheitsorganisation WHO entwickelt werden. Damit soll sichergestellt werden, dass der europäische Impfpass auch bei Reisen in außereuropäische Länder genutzt werden kann.

Genau hier setzt allerdings auch die Sorge von EU-Datenschützer Wiewiórowski an. Bisher sei „unklar, ob persönliche Daten in Regionen außerhalb der EU übertragen würden“, moniert er und fordert dazu Klarstellungen in der Vorlage der Kommission. Bisher ist noch völlig offen, wie eine Speicherung von persönlichen Angaben wie Name, Impftermin oder Serum etwa bei der Einreisekontrolle in andere Länder verhindert werden kann.

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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unterstrich im Gespräch mit der WirtschaftsWoche bereits, dass sowohl der EU-Gesetzentwurf als auch die 27 Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung ihrer Pläne für nationale Impfnachweise die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) beachten müssten. Zugleich räumt von der Leyen aber auch ein, dass der Weg zum europäischen Impfpass weit ist: „Es gibt noch viele offene Fragen.“

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