Ist das Kopftuch wirklich Pflicht?

Hallo und Assalamu Alaykum,

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ich werde immer wieder darauf angesprochen oder angeschrieben, warum ich kein Kopftuch trage und woraus ich es ableite, dass ich das Tragen des Kopftuch nicht als islamische Pflicht verstehe.

Deshalb möchte ich nur kurz darauf eingehen, wie ich zu diesem Verständnis komme und woher ich diese Interpretation nehme. Gleichzeitig möchte ich vorher aber explizit erwähnen, dass ich mit meinem Verständnis nicht dazu beitragen möchte, dass andere in ihrem Verständnis, das Kopftuch sei Pflicht, sich irritiert oder missverstanden fühlen, denn dass für viele von uns Musliminnen die Verhüllung als Pflicht verstanden wird, möchte ich hier nicht untergraben. Deshalb soll mein Verständnis, warum ICH das Kopftuch nicht als Pflicht verstehe anhand folgenden Textes ein wenig näher erläutert werden, jedoch ist dieser nicht in Stein gemeißelt zu verstehen:

Seit meiner Konvertierung bin ich der Ansicht, dass das Kopftuch der Frau keine Pflicht im Islam ist. Man kann diese Tradition nicht als Pflicht verstehen, wenn sie weder unter den fünf Säulen noch den sechs Glaubensgrundsätzen oder wortwörtlich aus dem Qur’an abzuleiten ist. Viele würden mir nun widersprechen und einige Verse aus dem Qur’an nennen, in denen die Pflicht steht sich als Frau zu bedecken. Ich lese das allerdings nicht wortwörtlich, sondern interpretiere (was ja nun nach Meinungen einiger auch verboten sei). Es gibt nur drei Verse, die sich über die islamische Bekleidung der Frau äußern und möglicherweise eine Bedeckungspflicht darstellen könnten, allerdings Vorsicht geboten, denn letztlich ist es die Interpretation, nicht das Geschriebene Wort Allahs, welche diese Pflicht hervorruft:

Qur’an 33:53

„O die ihr glaubt, tretet nicht in die Häuser des Propheten ein – außer es wird euch erlaubt – zu(r Teilnahme an) einem Essen, ohne auf die rechte Zeit zu warten. Sondern wenn ihr (herein)gerufen werdet, dann tretet ein, und wenn ihr gegessen habt, dann geht auseinander, und (tut dies,) ohne euch mit geselliger Unterhaltung aufzuhalten. Solches fügt dem Propheten Leid zu, aber er schämt sich vor euch. Allah aber schämt sich nicht vor der Wahrheit. Und wenn ihr sie um einen Gegenstand bittet, so bittet sie hinter einem Vorhang. Das ist reiner für eure Herzen und ihre Herzen. Und es steht euch nicht zu, dem Gesandten Allahs Leid zuzufügen, und auch nicht, jemals seine Gattinnen nach ihm zu heiraten. Gewiss, das wäre bei Allah etwas Ungeheuerliches.“

Qur’an 33:59

„O Prophet, sag deinen Gattinnen und deinen Töchtern und den Frauen der Gläubigen, sie sollen etwas von ihrem Überwurf über sich herunterziehen. Das ist eher geeignet, daß sie erkannt und so nicht belästigt werden. Und Allah ist Allvergebend und Barmherzig.“

Qur’an 24:30-31

„Sag zu den gläubigen Männern, sie sollen ihre Blicke senken und ihre Scham hüten. Das ist lauterer für sie. Gewiss, Allah ist Kundig dessen, was sie machen. Und sag zu den gläubigen Frauen, sie sollen ihre Blicke senken und ihre Scham hüten, ihren Schmuck nicht offen zeigen, außer dem, was (sonst) sichtbar ist. Und sie sollen ihre Tücher auf den Brustschlitz ihres Gewandes schlagen und ihren Schmuck nicht offen zeigen, außer ihren Ehegatten, ihren Vätern, den Vätern ihrer Ehegatten, ihren Söhnen, den Söhnen ihrer Ehegatten, ihren Brüdern, den Söhnen ihrer Brüder und den Söhnen ihrer Schwestern, ihren Frauen, denen, die ihre rechte Hand besitzt, den männlichen Gefolgsleuten, die keinen (Geschlechts)trieb (mehr) haben, den Kindern, die auf die Blöße der Frauen (noch) nicht aufmerksam geworden sind. Und sie sollen ihre Füße nicht aneinanderschlagen, damit (nicht) bekannt wird, was sie von ihrem Schmuck verborgen tragen. Wendet euch alle reumütig Allah zu, ihr Gläubigen, auf daß es euch wohl ergehen möge!“

Zum ersten Vers: Dieser Vers richtet sich ausschließlich an die Frauen unseres Propheten Muhammad (saw).

Zum zweiten Vers: Dieser Vers richtet sich an die Frauen des Propheten (saw), aber auch die muslimischen Frauen zu der Zeit. Sie sollten von den Sklavinnnen unterschieden werden, die keine Verhüllung tragen durften.

Zum dritten Vers: Dieser Vers wird oft als Grundlage für die Geschlechtertrennung in einigen islamischen Gesellschaften verwendet, da hier bestimmt wird, dass die gläubogen Männer keinen direkten Zutritt zu den Frauen des Propheten (saw) haben sollten, sondern nur mit ihnen sprechen konnten, indem sie von ihnen durch einen „Hijab“ – auf Deutsch: Vorhang – getrennt sind.

Heute bezeichnet der „Hijab“ alles, was die Blicke auf etwas fernhält. Somit ist die Bedeutung auch auf die Kleidung ausgeweitet worden, auch wenn die direkte Übersetzung von Hijab noch immer „Vorhang“ bedeutet. Diese Verse teilen mit, dass Männer (zuerst) und Frauen ihre Blicke senken sollen, und die Frauen sollen ihren Schal über die Brust ziehen. Hier wird nicht (!) erwähnt, dass die Frau ihr Haar zu bedecken oder gar das Gesicht zu verhüllen hat. Hier wird allerhöchstens festgelegt, vor wem die Frau ihre „Blöße“ zeigen darf, was von islamischen Gelehrten in klassischer Zeit – ca. 200 Jahre nach dem Ableben des Propheten (saw) als die Haare verstanden wurden. Aber es ist eine Interpretation, es steht nicht so explizit im Qur’an.

Man kann natürlich auch die Überlieferungen des Propheten (saw) heranziehen, aber diese sind letztendlich auch unterschiedlich in ihrer Wichtigkeit zu verstehen. Es gibt ein Hadith, indem der Prophet (saw) gesagt haben soll, dass von einer Frau nur ihr Gesicht und ihre Hände unverhüllt sein sollen. Ob der Hadith authentisch zu verstehen ist, darüber wird gestritten.

Ein weiterer Hadith sagt, dass der Prophet (saw) gesagt haben soll, man solle in der Gesellschaft einblenden, nicht auffallen. Inwieweit dieser authentisch ist, Gott weiß es am Besten. Ich nutze diesen Hadith als Erklärung dafür, dass ich in dieser Gesellschaft Muslimin bin und ich nicht durch mein Aussehen, sondern durch mein Wissen auffallen möchte.

Natürlich trage ich Kopftuch, wenn ich bete und wenn ich zur Moschee gehe. Auch habe ich mich entschieden diesen Ramadan jeden Tag Kopftuch zu tragen, was für mich eine Herausforderung ist, aber ich sehe es nicht als Pflicht mein Haar verhüllen zu müssen. Auch wenn ich vielleicht irgendwann zu der Entscheidung gelangen würde – auszuschließen ist sie wahrlich nicht – dass ich mich mehr bedecken, also Kopftuch tragen, wollen würde, so würde ich es selbst dann nicht als Pflicht ansehen.

Gott interessiert das Innere, und weniger bis gar nicht die Äußerlichkeiten. Das Äußerliche ist mehr für die Gesellschaft, aber das Innere des Menschen, ob man sich da auch noch so bedeckt halten kann wie man es äußerlich vielleicht einfacher kann, das ist eine viel größere Herausforderung.

Letztendlich: Gott weiß es am Besten und jede Frau muss für sich selbst entscheiden, ob sie sich bedecken möchte oder nicht.

LG und Salam

Hannibal-Nur 🙂

4 Gedanken zu “Ist das Kopftuch wirklich Pflicht?

  1. Volker Ahmad Qasir schreibt:

    Natürlich sollen sich die Muslime/Musliminnen adrett kleiden, aber die Diskussion um das Kopftuch – egal ob für oder wider – ist einfach dermaßen überzogen. Sicher, ich erachte das Kopftuch genau wie die Kopfbedeckung für Männer als sehr wichtig, aber es darauf zu reduzieren nervt gewaltig und vor Allem noch die Form vorzuschreiben, wie es einige gerne machen, geht am eigentlichen Ziel gewaltig vorbei. Eine Bekannte von mir trug ein eher “untypisches” Kopftuch, dieses aber trug sie mit Freude – solange bis ihr einige “Muslime” einredeten, ein Kopftuch müsse so und so getragen werden… das Ende vom Lied: sie legte es ab!
    Daher mein Lieblingsvers in dem Zusammenhang:
    “O Kinder Adams, Wir gaben euch Kleidung, eure Scham zu bedecken, und zum Schmuck; doch das Kleid der Frömmigkeit – das ist das beste. Dies ist eins der Zeichen Allahs, auf dass sie (dessen) eingedenk sein mögen.” (7:27)

  2. sarahalsaid schreibt:

    Assalamu alaikum, liebe Hannibal-Nur,
    zunächst mal, das Kopftuch steht Dir. Ich finde Deine Ausführungen sehr interessant. Das war vor Jahren auch genau meine Sichtweise. Mittlerweile hat sich das bischen geändert und ich trage das Kopftuch. Ich will jetzt aber nicht das Für und Wider diskutieren, das hatte ich zu oft.
    Wichtig scheint mir,ob Pflicht oder nicht, dass jede Schwester für sich herausfindet,ob und wie sie sich bedecken will. Wäre schön,wenn sie das eines Tages könnte,ohne Zwang und ohne dafür diskriminiert zu werden.
    LG und Salam
    Sarah

    • Ayoub schreibt:

      Ich trage auch kopftuch und ich lebe so schön seid 9 jshre und ich hatte es mal drei tage ab und fand es sehr schrecklich und dann musste ich es wieder aufsetzen und bin wieder zufrieden gewesen das ich es wieder aufgesetzt hab

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