Es steckt in Matratzen, Textilien, Getränken: Wie gefährlich ist Antimon?

Alles Wissenswerte über das chemische Element

Es steckt in Matratzen, Textilien, Getränken | Wie gefährlich ist Antimon?

Der Feind in unserem Bett? BILD klärt auf, wie gefährlich das chemische Element Antimon ist

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Von: STEFANIE MAY

Es wird als krebserregend eingestuft, und trotzdem schläft fast jeder von uns jede Nacht darauf: Antimon.

Das chemische Element steckt in einem Großteil unserer Matratzen und fast allen Textilien.

Doch was ist Antimon? In welchen Alltagsgegenständen ist es zu finden? Und ist es wirklich so gefährlich? BILD klärt auf.

Was genau ist Antimon?

Antimon ist ein Halbmetall (hat im Periodensystem die Ordnungszahl 51), das weiß-silbern glänzt. Es kommt in der Natur sehr selten vor. Weltweit wurde es nur an rund 300 Orten nachgewiesen, darunter in Australien, Südafrika und Brasilien, aber auch bei uns in Deutschland (unter anderem in Fichtelgebirge, Harz und Schwarzwald).

Was macht Antimon im Körper?

Es soll auf den Körper wirken wie Arsen – genaue Messungen und Beweise gibt es aber nicht!

Das Problem: Wir können Antimon auf verschiedenen Wegen zu uns nehmen. Es gelangt nicht nur über den Mund (Nahrung, Verschlucken von Plastikteilen), sondern auch über die Atemwege (Inhalieren von Abrieb) und die Haut (Tragen von Polyester-Textilien) in den Körper. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung ist aber das akute Vergiftungsrisiko durch Antimontrioxid (wird am häufigsten verwendet) gering.

Dennoch kann Antimon zu Krämpfen und Durchfall führen und auch unser Herz beeinflussen. Das Inhalieren von Antimon hat in Studien mit Ratten das Risiko von Lungentumoren erhöht. Ein Beleg für die Wirkung beim Menschen gibt es nicht.

Eine Studie von englischen und neuseeländischen Forschern fand zudem 1989 einen Pilz, der in antimonhaltigen Matratzen entstehen kann. Er soll den plötzlichen Kindstod bedingen. Neuere Studien konnten das allerdings nicht stützen.

Wofür wird Antimon verwendet?

Heute macht man aus Antimon selbst hauptsächlich Legierungen für Metalle. Lange wurde es aber auch in der Medizin verwendet – als Brechweinstein. Der besteht aus gereinigtem Weinstein und Antimonoxid und wirkt stark brechreizerregend. Als Antimon-Pille diente das Metall früher zudem als Abführmittel. Mittlerweile wird Antimon in der Medizin aber kaum noch verwendet. Die WHO stufte es 2003 als krebserregend ein, die EU Antimonverbindungen teilweise als giftig und ätzend.

Dennoch: Antimon-Verbindungen (besonders Oxide) werden bei der Herstellung von Reifen und Bremsen, als Flammschutz bei Matratzen und Textilien und als Katalysatoren in Plastikverpackungen und PET-Flaschen verwendet.

In welchen Alltagsgegenständen lauert Antimon?

In sehr vielen. „Antimontrioxid wird als Katalysator für die Herstellung von Polyester verwendet, steckt so in allen Textilien mit Polyester. Eine Antimon-freie Herstellung ist zwar technisch möglich, wird aber sehr selten gemacht. Für Verbraucher ist es deshalb kaum möglich, auf Antimon in Textilien zu verzichten“, so Hans-Peter Brix von der „Stiftung Warentest“.

Neben Kleidung und Matratzen kommt Antimon in den meisten Dingen vor, die Kunststoff enthalten. Es steckt sogar in Kinderspielzeug, kann so von den Kleinen verschluckt und oder durch den Abrieb eingeatmet werden.

Laut Umweltbundesamt steckt Antimon auch in unserer Nahrung (Gemüse, Fisch) – wenn auch in kleinen Teilen. Dahin gelangt es besonders durch die Verpackung. Da Antimon in Plastikflaschen (PET) steckt, gelangt es auch in unsere Getränke. Bei einer Untersuchung von 79 Erfrischungsgetränken wurden in 61 Antimon nachgewiesen. In zehn Proben lag der Gehalt sogar über einem Mikrogramm je Liter.

Wie gefährlich ist Antimon für den Menschen?

Das lässt sich nicht sagen. Denn Antimon nehmen wir ja kaum direkt zu uns. Deshalb kann man nicht sagen, welche Folgen es genau hat. Hans-Peter Brix von der „Stiftung Warentest“: „Die Mengen, die wir zum Beispiel beim Schlafen auf Antimon-Matratzen einatmen, ist sehr gering, und es ist nicht klar, welche Folgen das hat. Heißt: Wir wissen zwar, dass Antimon in vielen Alltagsgegenständen steckt, und auch, dass es gefährliche Risiken haben kann. Aber das konkrete Risiko ist trotzdem eher gering, weil eindeutige Beweise und Beispiele für die Gefährlichkeit von Antimon im täglichen Umgang fehlen.“

Zudem werden selten die gesetzlichen Grenzwerte überschritten. In einer Veröffentlichung des Bundesinstituts für Risikobewertung heißt es zum Beispiel: „In Mineralwasser wurden Konzentrationen von bis zu zwei Mikrogramm Antimon pro Liter nachgewiesen. Diese Werte unterschreiten den Grenzwert für den Übergang von Antimon aus Verpackungsmaterialien auf Lebensmittel deutlich.“

Des Weiteren herrsche selbst bei einer kurzfristigen Überschreitung der Grenzwerte noch kein Risiko für unsere Gesundheit.

Und wie sieht das bei Kindern aus?

Die Antimon-Belastung von Kindern ist sehr gut untersucht. Grundsätzlich sind die Werte von Antimon im Körper aber auch bei den Kleinen gering. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung nimmt ein Kind täglich 0,87 Mikrogramm Antimon pro Kilogramm Gewicht oral auf – über Nahrung, Trinkwasser, Muttermilch und Hausstaub und Ähnliches.

Aber: Damit wird der von der WHO festgelegte tolerierbare Wert nur zu circa 30 Prozent erreicht. Laut einer Untersuchung des Umweltbundesamtes stecken zum Beispiel im Urin von Kindern (drei bis 14 Jahre) rund 0,3 Mikrogramm Antimon je Liter. Zum Vergleich: Bei Arsen liegen die Werte bei 15 Mikrogramm, bei Quecksilber bei 0,4 Mikrogramm.

Gibt es gesetzliche Grenzwerte?

Ja, mehrere. Innerhalb der EU wurde der Grenzwert für Antimon in Trinkwasser auf fünf Mikrogramm je Liter festgelegt. In der Richtlinie „RL 2009/48/EG“ ist geregelt, dass von Kinderspielzeug höchstens 560 Milligramm Antimon pro Kilo abschabbar sind. Für den Übergang von Antimon aus Verpackungen auf Lebensmittel hat die EU-Kommission den Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kilogramm Lebensmittel festgelegt.

Wie kann ich Antimon vermeiden?

Das ist schwierig. Mittlerweile gibt es Antimon-freie Matratzen und Textilien. Allerdings müssen Verbraucher lange danach suchen. Ein spezielles unabhängiges Siegel gibt es nicht. Hilfreich ist der „Oeko-Tex Standard 100“. Produkte mit dem Siegel „Textiles Vertrauen“ unterschreiten einen Grenzwert von 30 mg pro Kilo.

Bei Spielzeug sollten Sie auf die Angabe „EN 71“ achten. Dieses hält nicht die deutsche Richtlinie, sondern die strengere „Europäische Norm für Spielzeugsicherheit“ und die damit verbundenen Grenzwerte für Schadstoffe ein, enthält höchstens 60 Milligramm Antimon pro Kilogramm. Bei Lebensmitteln und Getränken können Sie nur auf PET- und sonstige Plastikverpackungen verzichten.

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