Bundeswehr in Litauen :
NATO nimmt dauerhafte Stationierung deutscher Brigade hin

Von Thomas Gutschker, Brüssel
Lesezeit: 2 Min.
Der NATO-Oberbefehlshaber in Europa, Rob Bauer, am Montag auf einer Pressekonferenz in Brüssel
Der Vorsitzende des NATO-Militärausschusses sieht kein Problem darin, wenn Deutschland 4000 Soldaten dauerhaft in Litauen stationiert. Dann aber warnt er doch davor, alle Truppen an der Ostflanke zu fixieren.

Die NATO-Militärführung widersetzt sich nicht der Entscheidung der Bundesregierung, eine kampffähige Brigade mit 4000 Soldaten in Litauen zu stationieren. „Es widerspricht nicht dem, was in Madrid beschlos­sen worden ist“, sagte der Vorsitzende des Militärausschusses der Allianz, Admiral Rob Bauer, am Montag in Brüssel.

Auf dem Gipfel in der spanischen Hauptstadt habe man sich vor einem Jahr darauf verständigt, dass die acht Kampfgruppen an der Ostflanke in der „Minimalstärke“ eines Bataillons mit vorgelagerter Ausrüstung auf Brigadegröße verstärkt werden sollen, falls dies aufgrund von Warnungen und Aufklärung notwendig sei. „Wenn Deutschland und Litauen darin übereinstimmen, dass sie mehr machen wollen, ist das niemals ein Problem“, sagte Bauer. „Der Oberbefehlshaber für Europa (SACEUR) wird niemals sagen, dass das unmöglich ist. Das ist nach Lage der Dinge die Entscheidung der jeweiligen Nationen.“

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte das Bündnis vor einer Woche mit seiner Ankündigung überrascht, statt eines Vorauskommandos von fünfzig Personen nun doch eine komplette Brigade der Bundeswehr dauerhaft nach Litauen gebracht werden solle, unabhängig von einer akuten Bedrohungslage. Pistorius hatte die Entscheidung von der Zustimmung des SACEUR und der Bereitstellung entsprechender Infrastruktur durch Litauen abhängig gemacht.

„Wir wissen nicht, von wo der Feind kommt“

Die NATO-Militärführung, an deren Spitze neben Bauer der amerikanische General Christopher Cavoli als Oberbefehlshaber für Europa steht, hatte die neuen Verteidigungspläne für Europa unter der politische Maßgabe ausgearbeitet, dass die Kräfte erst im Konfliktfall verstärkt werden sollten. Dies wurde von hohen Militärs dann jedoch als einzige militärisch sinnvolle Lösung dargestellt, weil es die Truppen nicht alle gleichermaßen exponiere und dem SACEUR die Flexibilität lasse, sie dort zusammenzuziehen, wo Gefahren entstünden.

Diese Argumentation wollte der niederländische Admiral Bauer am Montag freilich nicht aufgeben. „Ich würde vorsichtig damit sein, alle Truppen entlang der östlichen Flanke zu fixieren“, sagte er. „Denn wir wissen nicht, von wo der Feind kommen wird. Und wenn er von woanders kommt, dann stehen diese Kräfte am falschen Ort. Das ist das militärische Problem.“ Diese Aussage stand in erkennbarem Widerspruch zu seinen anderen Äußerungen.

In NATO-Kreisen wird derweil erwartet, dass auch Kanada bis zum Gipfeltreffen in Vilnius eine feste Stationierung von Soldaten in Lettland ankündigt, wo es die 2017 geschaffene Kampfgruppe anführt. Die Rede ist von 1700 Soldaten. Allerdings kann Kanada seine Kräfte wegen der größeren Entfernung nicht so schnell verstärken wie Deutschland.

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Sonntag im ARD-Sommerinterview gesagt, dass er mit Pistorius lange über die Entscheidung gesprochen habe. „Wir haben eine gemeinsame Linie in dieser Frage“. Es sei gut, „dass da eine enge Abstimmung in der NATO über alles, was zu tun ist, stattfindet“.