Tote Fichten, gesperrte Straßen: Borkenkäfer machen es dem Harz schwer
Vom Borkenkäfer zerstörte Fichten stehen und liegen im Nationalpark Harz nahe dem Torfhausmoor.
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Braunlage. Wer im Oberharz unterwegs ist, sieht viele Baumleichen. Zwischen Braunlage und Torfhaus zum Beispiel stehen auf beiden Seiten der Straße mehr tote als lebende Fichten. Schuld ist der Borkenkäfer, der die Bäume zum Absterben bringt.
Und inzwischen ist die Borkenkäferplage für Besucher des Oberharzes nicht mehr nur eine optische Beeinträchtigung. Autofahrer und Wanderer müssen mittlerweile mit der Sperrung von Straßen und Wegen rechnen. „Bevor die toten Fichten unkontrolliert umstürzen, sollen sie gefällt werden“, sagt der Sprecher der Landesforsten, Michael Rudolph.
Straßen und Wanderwege gesperrt
Konkret trifft es ab Dienstag (11.6.) Autofahrer auf der Bundesstraße 498. Die Verbindung von Goslar nach Altenau im Oberharz wird im Okertal für zwei Wochen
auf einem längeren Abschnitt gesperrt. „In dieser Zeit sollen am Steilhang oberhalb der Fahrbahn rund 3000 abgestorbene Fichten gefällt werden“, sagte Forstsprecher Rudolph. Betroffen sei vor allem der Bereich zwischen Oker und Romkerhall. „Für Verkehrsteilnehmer bedeutet die Sperrung zum Teil erhebliche Umwege“, sagt ein Sprecher des Landkreises Goslar.
Auch Wanderer und Mountainbiker müssen wegen des Borkenkäfers mit Einschränkungen rechnen. Am Wurmberg bei Braunlage zum Beispiel sind bereits Wege gesperrt. Dort müssen ebenfalls großflächig geschädigte Fichten gefällt werden. Auch rund um den Burgbau bei Bad Harzburg sind Sperrungen nach Angaben der Landesforsten wahrscheinlich.
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Profitiert vom aktuellen Klima: Die Borkenkäfer drohen in Massen die Wälder im Land zu befallen.
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Forstarbeiten nicht ohne Risiko
Für die Forstarbeiter sei das Fällen der Fichten vielfach nicht ohne Risiko, sagt Rudolph. An der B 498 sei das Gelände sehr steil. Gefällte Bäume könnten zudem leicht auf die Bundesstraße stürzen, so dass eine Vollsperrung unumgänglich sei.
Im Harz sind derzeit viele Fichtenwälder vom Borkenkäfer befallen. In dem vom Orkantief Friederike umgeworfenen Nadelbäumen hatten die Tiere beste Voraussetzungen für eine massenhafte Vermehrung vorgefunden. Begünstigt wurde die Ausbreitung auch durch den trockenen heißen Sommer 2018. Schon im vergangenen Jahr hatten die Landesforsten im großen Stil betroffene Fichten fällen müssen.
Experten der Forstlichen Versuchsanstalt in Göttingen hatten deshalb für diesen Sommer eine Borkenkäferplage vorausgesagt. 200 000 Fichten wurden seit dem vergangenen Sommer geschlagen, dieses Jahr werden es laut Rudolph noch mehr. "Das ganze Ausmaß der Plage lässt sich derzeit noch nicht abschätzen", sagt er. Auf jeden Fall seien weitere Straßen- und Wegsperrungen im Harz zu erwarten.
Positiv: Artenvielfalt nimmt zu
Der starke Borkenkäferbefall wird im Harz sehr unterschiedlich bewertet. Während die Wirtschaftswaldbesitzer darüber klagen, dass die in großen Massen zwangsweise gefällten Fichten nur schwer und unter Preis zu verkaufen seien, freut man sich beim Nationalpark Harz darüber, dass der Borkenkäfer die natürliche Entwicklung weg vom Nadel- und hin zum Mischwald beschleunigt.
„Die abgestorbenen Bäume sehen zwar nicht schön aus“, erklärte Nationalparkleiter Andreas Pusch vor wenigen Tagen bei einer gemeinsamen Wanderung mit den Ministerpräsidenten Stephan Weil(Niedersachsen) und Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt) auf den Brocken. „Aber die Artenvielfalt nimmt zu.“ In Bereichen, die der Borkenkäfer schon vor mehr als zehn Jahren heimgesucht hat, seien zwischen den toten Fichten längst junge Laubbäume nachgewachsen. Und es gebe mehr Tierarten.
Dies hat auch ein Monitoring des Umweltverbands Nabu bestätigt. Danach lebten auf dem ebenfalls vom Fichtensterben betroffenen 925 Meter hohen Achtermann-Berg nahe Königskrug vor zehn Jahren 20 Vogelarten. Inzwischen seien es deutlich mehr als 30.
Kommentar: Die Förster müssen ihre Wälder verändern – doch dafür braucht es Zeit
Von RND/dpa
HAZ