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Kowall

Tote Piloten liegen seit 70 Jahren im Moor

Eine Trauerparade am 18. Januar 1936 für eine andere Besatzung auf dem Fliegerhorstgelände.

Kowall. Ein Moorstück bei Kowall birgt bis heute die Leichen dreier junger Männer. Im Sommer 1944 stürzte unweit der Landstraße Greifswald — Stralsund ein Flugzeug des Typs Junkers 88 bei einem Übungsflug ab. Die vier Besatzungsmitglieder der in Greifswald-Ladebow stationierten Ju 88 starben. Einer der Männer war in panischer Angst aus der Maschine gesprungen, um sich zu retten. Vergeblich. Drei weitere tote Flieger sitzen noch heute in der im Moor verborgenen Unglücksmaschine.

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„Ich hoffe, dass die Männer geborgen und auf einem Soldatenfriedhof würdig beigesetzt werden“, sagt Alfred Koch. Der Hobbyhistoriker beschäftigt sich mit der Geschichte der Fliegerei in unserer Region. Kochs Hoffnung nährt sich aus der Bergung eines deutschen Piloten im Kreis Ludwigslust-Parchim (die OZ berichtete).

Das Kowaller Flugzeug wurde schon 1978 bei Meliorationsarbeiten entdeckt. Polizei, Staatssicherheit und Munitionsbergungsdienst wurden aktiv. „Das Flugzeug lag in drei bis bis fünf Meter Tiefe“, erzählt Hans Hein, der damals beim Meliorationskombinat arbeitete. „Der Fund war natürlich das große Thema in unserem Betrieb.“ Eine öffentliche Berichterstattung gab es nicht. „Alles wurde wieder zugeschüttet“, erzählt Hein. Der Graben, den die Meliorationsarbeiter anschließend zogen, mache heute einen Bogen um das Fliegergrab.

In Greifswald hofft eine Gruppe von Luftfahrtexperten wie Horst Dörn, Rolf Stubbe und Frank Gehrmann nun auf eine würdige Beisetzung der jungen Männer. „Nach Aussage des früheren Staffelkapitäns Meier gab es 1944 eine Scheinbeerdigung“, erzählt Horst Dörn. „Damit die Särge das nötige Gewicht hatten, wurden nicht mehr verwendbare Kurbelwellen von Flugzeugmotoren hineingelegt.“

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Dörn geht davon aus, dass bis Kriegsende in der Region 30 bis 40 weitere Flugzeuge abstürzten. Beispielsweise nahe Franzburg, Göhren und Tutow.

Auf dem für Ladebow zuständigen Wiecker Friedhof scheinen die Särge mit den Kurbelwellen nicht beigesetzt worden zu sein. Pastorin Beate Mahlburg hat für die OZ in den Unterlagen nachgeschaut, aber keine Hinweise auf so ein Ereignis 1944 gefunden. Nach den Recherchen von Horst Dörn wurden die Särge an einer Mauer beigesetzt — auch die gibt es auf dem Wiecker Friedhof nicht.

Der schon verstorbene Thomas Günther hatte einen Erinnerungsbericht verfasst. Dort heißt es: „Durch einen Bedienfehler der noch sehr jungen und unerfahrenen Mannschaft ist es zu dem tragischen Ende dieses Fluges gekommen. Vermutlich wurde bei einem Manöver der Motorengasgriff mit dem Auslösehebel der Sturzflugbremse verwechselt, die sich beide gemeinsam auf der linken Seite der Armaturentafel im Cockpit befanden... Bei der anschließend eingeleiteten Such- und Bergungsaktion fand man nur ein Besatzungsmitglied, das ohne Fallschirm die stürzende Maschine verlassen hatte und nur wenige Flugzeugtrümmer. Die Suche wurde daraufhin eingestellt und die Bergung des Wracks wegen des unwegsamen Geländes gar nicht vorgenommen.“ Über die Meliorationsarbeiten 1978 schreibt Günther: „Während der Drainagearbeiten stieß man auf ein im Erdreich liegendes Hindernis. Die Polizei wurde alarmiert und auch der Staatssicherheitsdienst zeigte sich interessiert, die Fundstelle wurde zum Sperrgebiet erklärt und der Munitionsbergungsdienst bestellt. Zunächst wurde eine große Vertiefung in den moorigen Untergrund eingebracht, bis man schließlich auf die aufgerissene Oberseite eines Flugzeugrumpfes in etwa drei Metern Tiefe stieß. Zwei Mitarbeiter des Munitionsbergungsdienstes konnten dann auch in das Innere des Rumpfes kriechen. Im Flugzeugrumpf befanden sich noch die sterblichen Überreste der drei bis zuletzt auf ihren Plätzen sitzenden Besatzungsmitglieder. Nur die Erkennungsmarken, soweit vorhanden, wenige Schuss Bordmunition und Dokumente und ein unversehrt gebliebener gepackter Rettungsschirm wurden an die Erdoberfläche gebracht.“

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Eckhard Oberdörfer

OZ

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