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Österreichische Zollwache-Beamte an der Grenze bei Thörl-Maglern zu Italien beim Entfernen eines Zoll-Schildes.

Foto: APA/Eggenberger Gert

Wien – Drei Monate ist die Schengen-Osterweiterung schon her, und man hat die Warnungen vor mehr Kriminalität und illegaler Einwanderung noch im Ohr. Die Grenzöffnung "verschärft natürlich die Sicherheitslage", meinte etwa der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber. Doch halt: Seine Aussage datiert vom Juli 1997 und bezog sich auf den Schengen-Beitritt Österreichs, der erst nach monatelangem Tauziehen mit den EU-Partnern zustande kam. Am Dienstag jährt sich der Wegfall der Grenzkontrollen zwischen Österreich und seinen EU-Nachbarn Deutschland und Italien zum zehnten Mal.

Der Weg Österreichs zur Schengen-Reife war nicht minder steinig als jener der neun mittel- und osteuropäischen EU-Neumitglieder, die seit Weihnachten zum erlauchten Kreis der EU-Staaten mit grenzenloser Reisefreiheit zählen. Fast drei Jahre musste Österreich von der Unterzeichnung des Schengen-Abkommens am 27. April 1995 bis zum endgültigen Wegfall der Grenzkontrollen am 1. April 1998 warten.

"Größte Zurückhaltung"

Wäre es nach Bayern gegangen, hätte sich die Grenzöffnung zu Österreich sogar bis zum Jahr 2000 verzögert. "Ich bin für größte Zurückhaltung, damit die Schengen-Idee nicht in Misskredit kommt", schlug der damalige bayerische Innenminister Günther Beckstein im März 1997 einen "Stufenplan" für den Schengen-Beitritt Österreichs vor. Einer der darin enthaltenen Punkte: Man sollte gleich auch die EU-Kandidaten Ungarn und Tschechien ins Schengen-System integrieren, um die illegale Einwanderung aus dem Osten besser bekämpfen zu können. Die 1.450 Kilometer lange österreichische Grenze zu Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Slowenien sei nämlich nur schwer kontrollierbar, argumentierte der CSU-Politiker.

Eine Aussage, die in Wien als Affront gewertet wurde. Schließlich hatte die österreichische Regierung rund zwei Milliarden Schilling (145 Mio. Euro) in die Grenzsicherung investiert. Um der illegalen Einwanderung einen Riegel vorzuschieben, wurden 2.000 Beamte an die künftige Schengen-Außengrenze verlegt, Hunderte Wärmebildfahrzeuge, CO2-Sonden, Nachtsichtgeräte, Metalldetektoren und Hohlraumsonden wurden angeschafft. Auch das Bundesheer stockte seinen Assistenzeinsatz zur Kontrolle der grünen Grenze personell und materiell auf. In bilateralen Verträgen mit Deutschland und Italien wurde zudem die grenzüberschreitende Polizeikooperation verstärkt, etwa durch die Möglichkeit der "Nacheile" (Verfolgung von Straftätern über die Grenze). Österreich habe "enorme Anstrengungen" unternommen, lobte die Schengen-Kontrollkommission in einem Prüfbericht im Juni 1997.

Dreiertreffen

Mag Österreich seine Hausaufgaben auch noch so gut gemacht haben, die Schlagbäume gingen erst auf erheblichen politischen Druck hoch. So drohte der damalige Außenminister Wolfgang Schüssel Ende Juni 1997 mit einer Blockade des gerade erst beschlossenen neuen EU-Vertrags von Amsterdam, sollte Österreich weiter hingehalten werden. Schließlich hatte man Wien die Schengen-Mitgliedschaft ursprünglich für Herbst 1997 in Aussicht gestellt. Daraufhin lenkte Deutschland ein. Bei einem Dreiertreffen in Innsbruck vereinbarten der damalige Bundeskanzler Viktor Klima, der deutsche Kanzler Helmut Kohl und der italienische Premier Romano Prodi am 17. Juli 1997, dass die Grenzkontrollen zwischen den drei Staaten am 1. April 1998 fallen werden.

Schengen-Vollmitglied sollte Österreich bereits am 1. Dezember 1997 werden. An diesem Tag fielen auch schon die Kontrollen an einigen kleineren Grenzübergängen sowie bei Flugreisen nach Deutschland, Frankreich, Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Spanien, Portugal und Italien, das selbst erst Ende Oktober dem Schengen-Raum beigetreten war.

"Unrechtsgrenze"

Die Öffnung der Grenzbalken an großen Grenzübergängen wie Walserberg, Brenner und Arnoldstein sparte man sich aber für den 1. April 1998 auf. Besonders symbolträchtig war der Händedruck zwischen Innenminister Karl Schlögl und seinem italienischen Amtskollegen Giorgio Napolitano am Brenner, wo zahlreiche Tiroler den Wegfall der Kontrollen an der "Unrechtsgrenze" (Tirols Landeshauptmann Wendelin Weingartner) zu Südtirol feierten. Vor diesem historischen Hintergrund verstummte auch die Münchner Kritik an der Schengen-Reife Österreichs. Vier Jahre später streute sich der bayerische Innenminister sogar Asche aufs Haupt. "Ich habe erwartet, dass man sich mit einem gewissen Anstieg der Kriminalität zufriedengeben muss", sagte Beckstein im April 2001 bei einem Schengen-Symposium in Salzburg. "Ich bin eines Besseren belehrt worden." (Stefan Vospernik/APA)