Covid-19 Studie gibt Prognose zur Dunkelziffer der Fälle

Ein Mitarbeiter der philippinischen Gesundheitsbehörde desinfiziert eine Passantin, bevor sie ein Regierungsgebäude betritt
© Ezra Acayan / Getty Images
Weltweit steigen die Infektionszahlen mit dem Coronavirus. Doch die gemeldeten Fälle sind womöglich nur die Spitze des Eisbergs, sagen Experten. In einer Studie geben Forscher eine Prognose zu der Dunkelziffer.

Die Zahl der Infizierten mit dem Coronavirus steigt weiter: Nach Angaben der US-amerikanischen "Johns Hopkins University" haben sich weltweit bislang 244.000 Menschen mit Sars-CoV-2 infiziert - rund 10.000 starben. Dabei handelt es sich jedoch nur um die Anzahl der Menschen, die sich nachweislich mit dem Erreger angesteckt hat. Die tatsächliche Anzahl aller Infizierten dürfte weitaus höher liegen, sagen Experten. Sie setzt sich aus den offiziell Erkrankten plus einer gewissen Anzahl an unerkannten Fällen - der sogenannten Dunkelziffer - zusammen.

Dass es bei Covid-19 eine große Anzahl an unentdeckten Fällen geben muss, war bereits in der frühen Phase der Epidemie abzusehen. Ende Januar grassierte das Virus zunächst in der chinesischen Region Hubei, doch nach und nach gab es auch in umliegenden Ländern wie Thailand bestätigte Einzelfälle. Schon damals sagten Wissenschaftler: Diese Art von Verbreitung war mit der offiziellen Anzahl von rund 300 Fällen nicht zu erklären. Es müsse eine beträchtliche Anzahl an nicht erkannten Infizierten geben, sodass es auch zu Fällen im Ausland kommen könne. Für diese Art von Thesen stützen sich Forscher auf sogenannte Modellrechnungen. Sie sind ein übliches Werkzeug, um Ausbruchsgeschehen bewerten und analysieren zu können.

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Bis zu 153.000 Infizierte in Deutschland

Unklar war bislang, wie groß die Dunkelziffer bei Covid-19 ausfällt. Eine erste Größenordnung liefert eine Studie US-amerikanischer Forscher um Jeffrey Shaman von der Columbia University, die im Fachblatt "Science" erschienen ist: Auf einen bestätigten Fall kommen demnach fünf bis zehn unentdeckte Infektionen. Rechnet man diese Schätzung auf die aktuellen Fallzahlen hoch, wären zwischen 1,2 und 2,4 Millionen Menschen weltweit infiziert. In Deutschland würde sich die tatsächliche Anzahl aller Fälle aktuell zwischen 77.000 und 153.000 Infektionen einpendeln.

Sars-CoV-2 löst eine große Bandbreite an Symptomen aus: Husten, Fieber, Halsschmerzen, aber auch Durchfall. Die Schwere der Verläufe variiert stark. Rund vier von fünf Infektionen verlaufen mild, bis hin zu keinen Symptomen. In einem von fünf Fällen ist ärztliche Hilfe nötig. Gerade weil das Virus auch bei nur sehr milden Symptomen übertragen werden kann, richten sich Eindämmungsmaßnahmen wie Ausgangssperren auch an die gesamte Bevölkerung - nicht nur an einzelne, besonders schwer Erkrankte. Menschen mit milden Symptomen neigen aber dazu, die Beschwerden nicht beim Arzt abzuklären - ihre Krankheit bleibt unentdeckt.

Ahnungslose Infizierte

Am Beginn der Epidemie in China wurden nach Auffassung der Forscher nur etwa 14 Prozent der Coronavirus-Fälle erkannt und richtig diagnostiziert. 86 Prozent aller Infektionen blieben demnach unerkannt. "Diese Ergebnisse erklären die schnelle geografische Ausbreitung von Sars-CoV-2 und weisen darauf hin, dass die Eindämmung dieses Virus besonders schwierig sein wird", schreiben die Forscher. Solange es in China keine offiziellen Reisebeschränkungen gab, konnte sich das Virus ungebremst ausbreiten - übertragen von Menschen, die gar nicht ahnten, welche Gefahr von ihnen ausgeht.

Merkels Ansprache zum Coronavirus: "Es ist ernst – nehmen Sie es auch ernst!"

12:42 min

Vor diesem Hintergrund erscheinen Maßnahmen wie soziale Distanz umso wichtiger, wie sie auch Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer gestrigen TV-Ansprache einforderte. "Es kommt auf jeden an. Wir sind nicht verdammt, die Ausbreitung des Virus passiv hinzunehmen. Wir haben ein Mittel dagegen: Wir müssen aus Rücksicht voneinander Abstand halten", betonte Merkel. Der Rat der Virologen sei eindeutig: "Kein Handschlag mehr, gründlich und oft die Hände waschen, mindestens eineinhalb Meter Abstand zum Nächsten und am besten kaum noch Kontakte zu den ganz Alten, weil sie eben besonders gefährdet sind."

Quelle: "Science"

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