Einkommen, Pension, Versicherung Beamte gegen Angestellte - bekommen Staatsdiener wirklich mehr Geld?

Beamte gegen Angestellte: Wer verdient mehr?
© Photick/James Hardy
Beamte müssen keine Sozialleistungen berappen und können sich auf eine im Vergleich satte Pension im Alter freuen. Dafür sind Angestellte flexibler, können eher Karriere machen. So zumindest lauten die Vorurteile - aber stimmt das so überhaupt?

Der Streit ist schon ewig alt: Beamte zahlen nichts in die sozialen Kassen ein und erhalten meist als Privatversicherte deutlich bessere Leistung im Krankheitsfall. Und auch nach dem Arbeitsleben dürfen sich Staatsdiener über saftige Pensionen freuen, meckert das Heer der sozialversicherungspflichtigen Angestellten. Von ihrem Bruttogehalt würden bergeweise Abgaben fällig, übrigens auch, um die Beamten zu finanzieren. Und die Rente würde sowieso nicht reichen. Um sich im Alter keine Sorgen zu machen, muss zusätzlich zu den Zahlungen in die staatliche Rentenversicherung auch noch privat vorgesorgt werden. Unfair!

Aber stimmt das alles so? Rund 1,8 Millionen Beamte gibt es in Deutschland. Sie sind Feuerwehrleute, Polizisten, Soldaten, arbeiten im Justizvollzug oder in Behörden. Lehrer sind zum Teil auch verbeamtet, in Bayern sind es rund 92 Prozent der Lehrer. Sie müssen sich per Schwur der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verschreiben - und die gilt auch außerhalb des Dienstes. Sie haben eine Vorbildfunktion. Streiken dürfen sie nicht und haben die Anweisungen des Dienstherren zu befolgen. Dafür müssen sie sich nicht um den Lebensunterhalt sorgen, sie werden vom Staat alimentiert, also vom Staat versorgt. Damit stehen sie außerhalb das Sozialsystems, in das die rund 33 Millionen Sozialversicherungspflichtigen einzahlen müssen. Viele Beamte wählen die Privatversicherung bei der Krankenversicherung, da der Staat den Arbeitgeberanteil bei der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übernimmt, aber eine Beihilfe im Krankheitsfall zahlt. Darüber hinaus müssen Beamte eine Berufliche Versetzung hinnehmen. Arbeitslos werden können sie hingegen nicht. 

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Was Beamte und Angestellte verdienen

Also geht es Beamten wirklich besser? Ein Angestellter verdient im Durchschnitt rund 37.900 Euro im Jahr brutto, ein Beamter kommt laut statistischem Bundesamt auf rund 48.000 Euro. Diese Lücke ist erklärbar: Der Anteil von Hochschulabsolventen ist bei Beamten höher als bei Angestellten, sie verdienen dementsprechend mehr. Auch angestellte Akademiker verdienen über dem Durchschnitt, nämlich rund 43.500 Euro.  

Allerdings sind das die Bruttolöhne. Angestellte müssen einem ordentlichen Batzen davon in die sozialen und staatlichen Kassen schieben. Lohnsteuer und Sozialbeiträge zusammengenommen lagen im Jahr 2017 bei rund 33,8 Prozent. Beamte hingegen müssen nur die Lohnsteuer zahlen. Allerdings werden noch die Beiträge für die private Krankenversicherung fällig (Rund 98 Prozent der Beamten sind privat versichert). Eine Untersuchung der Schutzgemeinschaft angestellter Lehrerinnen und Lehrer in Nordrhein-Westfalen ergab kürzlich, dass der finanzielle Unterschied zwischen Angestellten und Beamten in diesem Bundesland groß sein kann. Bis zu 1000 Euro netto seien möglich. Auf ein Arbeitsleben gerechnet kann der Unterschied zwischen 176.000 und 275.000 Euro ausmachen. Ähnliches hat auch Michael Popp in seiner Dissertation für Bayern errechnet. Dort liegt der maximale Unterschied bei rund 206.000 Euro bei ledigen Lehrern. Ein verheirateter Lehrer mit zwei Kindern verdient auf Lebenssicht sogar netto 372.000 Euro mehr. Sein Fazit: "Den Angestellten wird Neid unterstellt und die Beamten-Vorurteile kennen wir ja", sagt Popp der "Süddeutschen Zeitung". Was ihn ärgert ist die Gleichmacherei. Ein verbeamteter Lehrer, der seit zig Jahren die gleichen Folien nutzt, bekommt doppelt so viel wie ein angestellter, junger Lehrer, der sich reinkniet. Aber das Engagement sei egal, mehr Geld würde dieser nicht bekommen.

Großer Zoff und Pension und Rente

Der größte Zoff entbrennt aber beim Thema Pension und Rente - hier scheinen sich die größten Unterschiede zu zeigen. Tatsächlich bekommen Beamte je nach Bund oder Land zwischen effektiv 71,75 und 72,16 Prozent des höchstmöglichen Pensionssatzes nach mindestens 40 Dienstjahren. Das klingt erstmal erstaunlich viel, schließlich liegt das derzeitige Rentenniveau von Angestellter bei nur noch 48 Prozent. Doch es lohnt sich, genauer hinzusehen. Denn nicht wenige Angestellte bekommen noch mehr Rente: Knapp 60 Prozent aller Arbeitnehmer erhalten eine Betriebsrente, rund 17 Millionen Menschen sind also über diesen Weg zusätzlich abgesichert. Unternehmensberatung Willis Towers Watson hat Versorgungswerke von 200 Unternehmen ab einer Größe von 500 Mitarbeitern geprüft. Das Ergebnis: 95 Prozent der Unternehmen bieten in irgendeiner Form eine betriebliche Zusatzsicherung. Allerdings in welche Höhe die Beträge später ausgezahlt werden, ist höchst unterschiedlich. Der Beamtenbund macht in einer Faltbroschüre mit dem launigen Namen "7 Irrtümer über die Beamtenversorgung" klar, dass Angestellte im öffentlichen Dienst bei 45 Beschäftigungsjahren noch einmal 18 Prozent "oben drauf" bekommen würden. Allerdings muss hier zwischen der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst (eine Art tarifvertragliche Pflichtveranstaltung) und der Betriebsrente unterschieden werden. Als betriebliche Altersvorsorge gelten auch freiwillige Zusagen von Arbeitgebern oder Arbeitnehmer wandeln einen Teil ihres Gehalts in eine Betriebsrente um (dann spart allerdings nur der Arbeitnehmer). Die Höhe der betrieblichen Altersvorsorge zumindest ist ernüchternd: "22 Prozent der Männer, aber nur 7 Prozent der Frauen erhalten eine Betriebsrente von mehr als 700 Euro. Für den größten Teil der Männer und den weit überwiegenden Teil der Frauen fallen die Betriebsrenten aber nur sehr niedrig aus: Weniger als 200 Euro erhalten 45 Prozent der Männer und 64 Prozent der Frauen", schreibt die Bundeszentrale für politische Bildung.  

Die Nachteile der Beamten

Kurz gesagt: Gerade bei der Pension und Rente zeigen sich große Lücken. Sicherlich, der Angestellte kann privat vorsorgen - doch dieses Geld fehlt dann Monat für Monat während der Arbeitszeitphase. Die Aussichten auf den Ruhestand sind also für Beamten deutlich rosiger - und somit sicherer. Das lockt Nachwuchs an. Laut einer Umfrage von Ernst&Young kann sich jeder dritte Student vorstellen, später als Beamter zu arbeiten. Dabei spielt die Sicherheit im Job eine wichtige Rolle. Vor allem Juristen und Geisteswissenschaftler zieht es zu Vater Staat. 

Von Beitragszahler bis Umlageverfahren

01:33 min

Doch es gibt auch Nachteile für Beamte - auch wenn man die ein wenig zwischen den Zeilen herauslesen muss. So sind Beamte häufiger krank als Angestellte. Die Beamten in der Berliner Verwaltung kamen laut Recherchen von stern -TV im Jahr 2012 auf 42 Krankheitstage. Normale Angestellte waren nur an 13 Tagen krank. Begründet wird dieser hohe Krankenstand mit Arbeitsverdichtung und Stress. Tatsächlich melden sich Beamte häufiger wegen psychologischer Erkrankungen ab. Allerdings: Während Angestellte nach einer gewissen Zeit Abschläge beim Gehalt hinnehmen müssen (Stichwort Krankengeld), bekommen Beamte auch bei langer Krankheit weiter das volle Gehalt. Das erhöht nicht unbedingt den wirtschaftlichen Druck, an den Schreibtisch zurückzukehren. "Es muss auch die Frage nach einer motivierenden Verwaltungskultur gestellt werden: Der Anteil der Fehltage ist im öffentlichen Dienst überdurchschnittlich groß", sagt Sandra Düsing, Expertin bei PWC im Bereich People and Organisation. "Die Wahrscheinlichkeit, aus psychischen Gründen arbeitsunfähig zu werden, ist im öffentlichen Dienst um zwei Drittel erhöht. Beamte scheiden zudem doppelt so häufig aufgrund von Dienstunfähigkeit aus dem Dienst aus als andere Beschäftigte. Das spricht nicht für ein motivierendes Arbeitsumfeld." Wenig Entfaltungsmöglichkeiten, kaum Eigenverantwortung, mangelnde Vertrauenskultur - die Expertin sieht Handlungsbedarf bei den Behörden. 

Hier punktet die Privatwirtschaft: Kreativität, Teamwork und Eigenverantwortlichkeit werden von Arbeitgebern eingefordert. Und: Ingenieure oder Wirtschaftsexperten zieht es seltener in den Staatsdienst. Sie verdienen bei Unternehmen deutlich mehr als Beamte. 

Der Streit zwischen Beamtentum und Angestelltenheer lässt sich nur schwer beenden. Die Nörgelei, dass Steuerzahler für die saftigen Pensionen aufkommen müssen, wird weitergehen. 

Das Bundesfinanzministeriums legte im Sommer 2018 neue Zahlen vor. Demnach seien die zu erwartenden Kosten für Pensionen und Beihilfen 2017 auf 687,9 Milliarden Euro gestiegen, das entspricht einem Plus von 60 Milliarden Euro zum Vorjahr. Die Pensionsverpflichtungen für Bundesbeamte belaufen sich auf 520 Milliarden Euro (42 Milliarden Euro mehr als 2016). Eingerechnet sind Ansprüche ehemaliger Bahn-Beamter in Höhe von 71,5 Milliarden Euro und ehemaliger Post-Beamter von 182 Milliarden Euro. Hinzu kommen Beihilfen für Bundesbeamte bei Krankheits-, Geburts-, Pflege- und Todesfällen. Diese Ansprüche sind 2017 von 149 auf 167,5 Milliarden Euro gestiegen.

Die Bundesbank beobachtet diese Entwicklung mit Sorge und forderte erst kürzlich, dass für Beamte gelten müsse, was man Angestellten längst zumute: Das Pensionseintrittsalter solle auf 67 Jahre erhöht werden. Der Beamtenbund hält - erwartungsgemäß- wenig von dem Vorschlag. Was die Bundesbanker eigentlich wollen, ist das Pensionsalter von verbeamteten Lehrern zu erhöhen. Denn die meisten Beamten (beim Bund und in zwölf Ländern) haben bereits heute eine Eintrittsalter von 67 Jahren. 

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