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Landwirtschaft und Coronakrise

Corona-Panik: Weltweite Hamsterkäufe treiben die globalen Agrarpreise

Hamsterkäufe
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Dr. Olaf Zinke, agrarheute
am Montag, 23.03.2020 - 12:20 (2 Kommentare)

Die globale Corona-Epidemie löst weltweit Hamsterkäufe aus und könnte zu Versorgungsengpässen führen.

Regale mit Nudelverpackungen der Firma Barilla

Das befürchtet auch die Welternährungsorganisation FAO. Abdolreza Abbassian, leitender Ökonom der FAO sagte: „Sie brauchen nur Panikkäufe von großen Importeuren oder Regierungen, um eine Krise auszulösen. Was ist, wenn Großabnehmer glauben, im Mai oder Juni keine Weizen- oder Reisimporte mehr erhalten zu können? Das könnte zu einer globalen Nahrungsmittelkrise führen.“

Die Preise für Reis, Weizen und andere Grundnahrungsmittel schießen jedenfalls bereits nach oben und große Importeure versuchen ihre Lagerbestände aufzufüllen und Versorgungsengpässen vorzubeugen. Verschärft wird das Problem durch die großen logistischen Probleme infolge der sogenannten Lockdowns – also der massiven Sperrmaßnahmen wegen Corona und den damit verbundenen Logistik- und Arbeitskräfteproblemen.

Fakt ist, dass die Preise für Reis, Weizen und andere Nahrungsmittel in vielen asiatischen Ländern – wie etwa in China, Thailand, Vietnam, Philippinen, Indonesien und Malaysia - bereits massiv steigen und damit weitere Panik-Reaktionen bei Landwirten, Händlern und auch Regierungen auslösen. So kletterten die Reispreise beim Top-Exporteur Thailand vorige Woche fast auf ein 7-Jahreshoch.

Am Terminmarkt in den USA verzeichneten die Reispreise einen ähnlichen Anstieg wie in Asien und die Weizenpreise schossen in wenigen Tagen um 6 Prozent nach oben. Auch am europäischen Terminmarkt stiegen die  Weizenpreise in wenigen Tagen um fast 20 Euro auf zuletzt 191 Euro je Tonne. Die neue Ernte legte um 13 Euro auf 185 Euro je Tonne zu.

Hamsterkäufe auf der ganzen Welt

Lebensmittel Hamsterkäufe

FAO-Ökonom Abdolreza Abbassian hat darauf hingewiesen, dass Verbraucher auf der ganzen Welt - von Singapur, über Indonesien, Europa und die USA – in den letzten Wochen begonnen haben, sich in den Supermärkten anzustellen, um eine breite Palette wichtiger Artikel wie Reis, Grundnahrungsmittel, Desinfektionsmittel, Toilettenpapier und vieles mehr in großen Mengen zu kaufen und zu bunkern.

Angesichts der Panikkäufe bei Nudeln und Mehl und der  offensichtlichen Zunahme der globalen Exportnachfrage fällt es beispielsweise der Getreideindustrie in Frankreich schwer, genügend Personal und Lastwagen zu finden, um die Fabriken und Häfen zu zu versorgen. Die Nahrungsmittelversorgung und Transport wird auch durch die Schließung der Grenzen in andere EU-Länder erheblich gestört.  

Diese Entwicklung in Verbindung mit dem panikartigen Kauf von Grundnahrungsmitteln könnte einen sehr kräftigen Anstieg der globalen Nahrungsmittelpreise auslösen, glaubt der FAO-Ökonomen. Und dass obwohl es in wichtigen Exportnationen reichlich Grundnahrungsmittel, wie etwa Getreide und Ölsaaten gibt, sagte Abdolreza Abbassian.

Hohe Importnachfrage treibt die Getreidepreise

Getreideexporte

Die reichsten Nationen der Welt versuchen, die Weltwirtschaft und Welthandel mit großen finanziellen Anstrengungen am Laufen zu halten. Doch die Coronavirus-Fälle in Europa, in den Vereinigten Staaten und in vielen asiatischen Ländern schießen weiter in die Höhe. In Italien überstieg die Zahl der Todesfälle zuletzt die auf dem chinesischen Festland. Mit über 270.000 Infektionen und mehr als 11.000 Todesfällen versetzt die Epidemie die Welt in Schrecken und  löst panikartige Reaktionen in der Bevölkerung aus.

"Wir sind uns über die Nachfrage nicht sicher. Wie wird es im Juni oder Juli aussehen?", sagte ein in Singapur ansässiger Händler bei einem Mehlmühlenunternehmen, das in ganz Südostasien tätig ist, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. "Dabei ist das Restaurantgeschäft derzeit stark rückläufig, weshalb die Nachfrage aus der Gastronomie derzeit schwach ist", heißt es weiter.

Das passt mit ähnlichen Entwicklungen in Europa und den USA zusammen. Asiatische Weizenimporteure, darunter einer der größten Importeure der Region, Indonesien, kaufen größere Mengen Weizen aus der Schwarzmeerregion. Analysten glauben indessen, dass vor allem Öl exportierende Länder aus dem Nahen Osten, die große Netto-Getreideimporteure sind, finanzielle Probleme haben werden, da Rohöl mehr als 60 % seines Wertes verloren hat.

"Die Fähigkeit der Ölexporteure, Getreide und andere Nahrungsmittel (wie etwas Milchprodukte) zu kaufen, ist angesichts des Absturzes der Ölpreise und der Abwertung ihrer Währungen erheblich gesunken", sagte FAO-Ökonom Abbassian. "Es wird in diesen Ländern auch weniger Kapazitäten geben, um politische Maßnahmen zur Ankurbelung der Volkswirtschaften zu ergreifen."

In China werden Lebensmittel immer teurer

Menschen mit Atemschutzmasken in chinesischem Supermarkt

Die chinesischen Behörden melden derzeit sinkende Preise für Industriewaren und gleichzeitig einen anhaltenden Inflation der Nahrungsmittelpreise auf den höchsten Stand gut einem Jahrzehnt.  Die Coronavirus-Epidemie hat zu einem divergierenden Trend in der chinesischen Wirtschaft geführt: Steigende Lebensmittelpreise für Verbraucher und anhaltende Schwäche der Verkaufspreise für chinesische Industrie-Unternehmen, sagte Yang Weixiao, Ökonom aus Peking.

Die Lebensmittelpreise stiegen im Februar gegenüber dem Vorjahr um 21,9 % und erreichten damit den höchsten Stand seit April 2008. Diesmal treiben erhebliche Engpässe bei der Lebensmittelversorgung infolge von Transportbeschränkungen und Produktionsunterbrechungen die Preise. Hinzu kommen auch in China viele Menschen Lebensmittel zu horten, und damit die Lebensmittelpreise noch weiter die Höhe, teilte das chinesische Statistikamt vorige Woche mit.

Ein Rekordanstieg der Schweinefleischpreise im letzten Monat - sie stiegen im Februar gegenüber dem Vorjahr um 135,2% - "treibt die Nahrungsinflation besonders stark an. Viele Ökonomen hatten letztes Jahr erwartet, dass die Inflation bei Schweinefleisch Anfang dieses Jahres aufgrund des gestiegenen Angebots nachlassen wird.

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