DHL kämpft mit Liefer-Problemen: Kunden beschweren sich über lange Wartezeiten

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Warten Sie auch auf ein Paket von DHL? Dann tut uns das leid. Der deutsche Lieferdienst hat angesichts der zunehmenden Paketflut derzeit alle Hände voll zu tun. Mitarbeiter sind größtenteils überfordert und lassen Pakete sogar über mehrere Tage in den Zustellzentren liegen. Beim Konzern will man davon nichts wissen.

Weil die Läden coronabedingt geschlossen waren, versorgten sich Verbraucher mit wichtigen Produkten wie Kleidung, Elektronik oder Blumen ausschließlich aus dem Netz. Noch nie wurde online so viele Produkte verkauft und noch nie mussten die Boten so viel Ware ausfahren.

Knapp neun Millionen Pakete mussten die Boten um die Osterzeit herum täglich mit sich herumkarren. Solche Zahlen erreicht DHL nicht einmal in der Vorweihnachtszeit. Normalerweise seien es fünf Millionen Pakete, wie DHL auf Anfrage mitteilt. Doch nun sind die Läden wieder größtenteils geöffnet. Keine Einschränkungen, sondern eher Lockerungen bestimmen den Alltag vieler Menschen. Wie ist also die Lage bei DHL?

Auf Anfrage erklärt DHL, dass sich die Arbeitsauslastung weiterhin auf einem "überdurchschnittlichen Niveau" befinde. "Allerdings nicht mehr in der Größenordnung wie in der Zeit um Ostern herum. Der Zuwachs liegt gegenüber dem Vorjahr aber weiter im zweistelligen Bereich", heißt es weiter.

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DHL will nichts von Problemen wissen

Während Amazon über den hauseigenen Lieferservice bereits damit beginnt, Same-Day-Optionen schrittweise wieder auszurollen, kann bei DHL derzeit nicht die Rede von "Normalität" sein. Die Redaktion erreichen immer wieder Nachrichten von frustrierten Usern, die oft Tage auf ihr Paket warten.

Auch im Internet bilden sich eigenständige Gruppen, in denen sich tausende Mitglieder austauschen (Zum Beispiel hier oder hier). Vermutlich weil das Social-Media-Team bei DHL keine wirkliche Hilfe ist (siehe hier). Händler und Privatkunden schildern dort ihre schlimmsten Erfahrungen. Brisant ist, dass die Beiträge in den letzten Wochen stark zunehmen. Pro Tag werden mehr als 20 Beiträge neu verfasst.

DHL selbst will davon nichts wissen. Als wir die Pressestelle darauf hinweisen, heißt es lediglich: "Wenngleich die Situation im Paketbereich Corona-bedingt immer noch herausfordernd gegenüber normalen Zeiten ist, haben wir die Lage gut im Griff und es sind uns keine besonderen Auffälligkeiten, wie von Ihnen beschrieben, bekannt".

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Was tut DHL, um sich vor einem weiteren Ansturm zu wappnen?

Die Paketflut erreichte DHL und Co. praktisch im Tiefschlaf. Das Verständnis der Kunden war genauso groß wie die Wartezeit. Doch sollte der Ist-Zustand länger anhalten, könnte das schwerwiegende Folgen für die Wirtschaft haben. Aus diesem Grund reagiert das Unternehmen mit einer Reihe von Maßnahmen. Knapp 4.000 Mitarbeiter sollen zusätzlich eingestellt werden, um die Paketflut zu bewältigen. Wie viele davon aus Fremdfirmen kommen sollen, ist unklar.

Nach eigenen Angaben beschäftigt der Unternehmensbereich "Post & Paket Deutschland" rund 155.000 Mitarbeiter. Ein Großteil – nämlich 112.500 – arbeitet in der Zustellung. "Wie alle Unternehmen, die flexibel auf Zeit- und Mengenschwankungen reagieren müssen, setzen auch wir in geringem Umfang Servicepartner für die Erbringung von Dienstleistungen ein", schreibt DHL.

"Die Vergabe von Zustellbezirken an Servicepartner in der Paketzustellung liegt dabei im niedrigen einstelligen Prozentbereich." Nach CHIP-Informationen sind es rund etwa 10.000 Zusteller, die über Zeitarbeitsfirmen angestellt sind.

Mit Hygienekonzepten und intensiven Tests in ausgewählten Betriebsstätten will man die Mitarbeiter vor einer möglichen Covid-19-Infektion schützen. Bereits 5.000 Mitarbeiter seien prophylaktisch getestet worden.

Paket wurde über mehrere Tage "ins Zustellfahrzeug geladen"

Doch neben den vielen Corona-Tests gibt es auch Beschwerden. Besonders häufig werden Pakete "ins Zustellfahrzeug geladen". Unter normalen Bedingungen bedeutet das, dass Pakete für die Zustellung vorbereitet werden. Doch das stimmt nicht.

Ein Paketbote von DHL aus München erklärt auf Anfrage: "Wenn in der App steht, dass das Paket für die Zustellung vorbereitet wird, heißt das nicht, dass es auch am gleichen Tag ausgeliefert wird." So auch im Fall von Brigitte F. aus München.

Sie hatte sich etwas bei Bücher.de bestellt. Die DVD-Kollektion traf am 9. Juni am Zustellort (München, Neubiberg) ein und wurde am gleichen Tag zurück nach Augsburg geschickt. Nachdem die Lieferung erneut ins Münchner Neubiberg gekarrt wurde, wird es am 12. Juni "voraussichtlich" zur Lieferung ausgefahren. "Ich denke vor Montag wird das nichts", sagt die Userin. Mit DHL hatte sie bereits telefonischen Kontakt. "Der Mitarbeiter sagte nur, mein Paket ist unterwegs."

In einem anderen Fall sollte das Paket von Oliver Dorn von Hamburg nach München geliefert werden. Der Maler hatte für einen Kunden mehrere Schablonen bestellt. Zunächst ging das Ein-Kilo-Paket nach Bochum, wo es erstmal zwei Tage eingelagert wurde. Später wanderte es nach Nürnberg, um von dort nach Frankfurt und schließlich erneut über Bochum nach Augsburg geliefert zu werden. Das Paket war 15 Tage unterwegs. "Immerhin war das Paket nicht beschädigt", sagt CHIP-Leser Oliver Dorn. Auf Anfrage sagte im DHL, dass ein Problem auf dem Aufkleber vermutlich die Zustellung verzögerte. Die Wohnung des Kunden strich Dorn trotzdem. Die Wandmalerei kam erst Tage später hinzu.

Karen O. wartete vergeblich auf eine Expresslieferung eines Sanitätshauses. "Normalerweise bekomme ich das mit Kurierdienst geliefert. Doch wegen Corona hatte das Sanitätshaus mit DHL kooperiert", erzählt Karen. Die Gehbehinderte war auf die Lieferung angewiesen, daher wurde eine DHL Express-Lieferung vereinbart. Obwohl sie zu Hause war und sie sich den Zustellstand per SMS aktiviert hatte, klingelte der Bote nicht und hinterließ lediglich einen Zettel mit der Info, dass sie das Paket am Folgetag in der Postfiliale abholen kann. "Ich musste mir das Paket erneut zuschicken lassen, weil mir in der Corona-Krise niemand beim Abholen wollte."