Dank IoT und Konnektivität

Smart Cities: Vom Traum zur Realität

12.06.2017 von Anthony Bartolo
In den vergangenen Jahren ist ein wahrer Hype rund um das Konzept von Smart Cities entstanden. Heute sind die notwendigen Sensoren, eine überall verfügbare Netzverbindung, die Cloud und Data Analytics-Funktionen sowie Plattformen für das Internet der Dinge vorhanden, um den Traum einer intelligenten Stadt zu verwirklichen.

Weltweit liefern sich Städte ein Wettrennen um die erste umfassende Smart City-Installation. Hierzu werden neue Technologien in der Gebäudeverwaltung, im Transportwesen und der Energieversorgung getestet. Die jeweiligen Ansätze unterscheiden sich erheblich: In aufstrebenden Märkten wie Indien ist es beispielsweise möglich, eine Smart City auf der grünen Wiese komplett neu zu errichten. In den Industrienationen müssen Stadtentwickler neue Installationen um bestehende Infrastrukturen herum aufbauen und die Lösungen an die bestehende Legacy IT-Systeme anpassen, was eine deutlich größere Herausforderung ist.

Ohne Altlasten: Die Gujarat International Finance Tec City (GIFT) wird komplett neu errichtet.
Foto: GIFT

Smart Cities und Villages

Eine der führenden Nationen in der Entwicklung von Smart Cities ist Indien. Städte wie Kochi (Bundesstaat Kerala), Coimbatore (Tamil Nadu) und Bhubaneswar (Odisha) haben vielversprechende Pläne für eine smarte Zukunft, von denen die Stadtbewohner, Geschäftsleute und die Gesellschaft gleichermaßen profitieren. So ist im Westen von Indien mit Gujarat International Finance Tec City (GIFT) bereits ein konkretes Projekt gestartet.

Investitionen in Milliardenhöhe sollen die Stadt nicht nur zu der ersten echten Smart City in Indien machen, sondern diese auch in Wettbewerb zu den großen globalen Finanzmarktplätzen wie Hong Kong, London, New York und Singapur setzen. Die Wertpapierbörse "Bombay Stock Exchange" hat bereits eine internationale Börse in GIFT eröffnet. Darüber hinaus entstehen dort derzeit Rechenzentren sowie die Netzinfrastruktur, die die Grundlage für die Smart City bilden.

Das Konzept einer Smart City ist in Indien besonders wichtig für den Bereich der Stadtentwicklung, da Verkehrsstaus und Stromausfälle vielerorts an der Tagesordnung sind. Entsprechende Projekte nehmen sich daher den Herausforderungen des explosionsartigen Städtewachstums an und nutzen die Stärke von vernetzten IT- und IoT-Systemen für die Verkehrssteuerung, Parkplatzsuche, Kommunikation, Energiemanagement und viele weitere Themen.

Besonders faszinierend an den Projekten ist, dass sich diese nicht nur auf die Städte beschränken. Der Bundesstaat Rajasthan im Nordwesten von Indien plant die Entwicklung von über 3.000 smarten Dörfern. Dort werden Versorgungssysteme vernetzt, um so den Zugang zu Trinkwasser zu ermöglichen. Weiterhin ist der Ausbau von WLAN-Netzen geplant und es entstehen E-Libraries, eine intelligente Straßenbeleuchtung sowie E-Health-Stationen.

Es geht los: Smart Cities in Europa

In Deutschland fokussieren sich die Planer häufig auf die Verbesserung von innerstädtischen Verkehrsnetzwerken sowie von der Wasserversorgung und der Abfallentsorgung. Außerdem geht es um effizientere Beleuchtungssysteme und Heizanlagen für Gebäude. Darüber hinaus wird aber auch nach Möglichkeiten gesucht, mit smarten Systemen die Stadtverwaltung bürgernäher zu gestalten, die Sicherheit an öffentlichen Plätzen zu verbessern sowie die Anforderungen einer alternden Bevölkerung zu erfüllen.

Schon im Jahr 2011 startete in Deutschland die sogenannte Morgenstadt-Initiative, um zukünftige Smart City-Projekte in Köln, Hamburg und München zu unterstützen. Hervorzuheben ist hier insbesondere Köln, denn dort startete das Projekt in einem Wohngebiet, das in den 1950er Jahren entstanden ist. Die Dewog- und Stegerwald-Siedlungen erhalten vernetzte Elektrofahrräder und eine Car-Sharing-Plattform für E-Fahrzeuge. Außerdem sind eine Internet-gesteuerte Stromversorgung sowie modernste Photovoltaikanlagen und Kommunikationssysteme vorgesehen.

Aber auch in Großbritannien entstehen Smart Cities, wie beispielsweise in Glasgow, Milton Keynes und Cambridge. In Bristol sind die Herausforderungen der Luftverschmutzung sowie die Unterstützung von älteren Menschen Bestandteil des Projekts. Erprobt wird die Interaktion von Maschinen untereinander: So entwickeln Unternehmen autonome Fahrzeuge, die über Funktechnologie mit der Smart City-Infrastruktur kommunizieren. Neue Unterhaltungsmöglichkeiten könnten mit Videoinstallationen entstehen, die über Sensoren auf ihre Umgebung reagieren.

Singapur: Datenerhebung und -analyse sollen vor Epidemien und anderen Katastrophen schützen.
Foto: Prasit Rodphan - shutterstock.com

In Asien ist insbesondere Singapur hervorzuheben: Hier entsteht das vermutlich anspruchsvollste Vorhaben für die Datenerhebung und Datenanalyse innerhalb einer Smart City-Initiative. Über die ganze Stadt verteilte Sensoren und Kameras überwachen kontinuierlich die Menschendichte und den Verkehrsfluss. Das übergeordnete Ziel ist, künftig auf sich ausbreitende Infektionskrankheiten reagieren zu können und bei Naturkatastrophen die Rettungskräfte besser unterstützen zu können.

Was braucht eine Smart City?

Wie diese Beispiele zeigen, sind die Einsatzmöglichkeiten schier grenzenlos. Dennoch existieren drei kritische Elemente, die über den Erfolg entscheiden: das Internet der Dinge, die dem IoT zugrundeliegende Netzanbindung und eine Cloud-Infrastruktur.

In Indien wurde daher mit der Installation des weltweit größten IoT-Networks begonnen. Dies basiert auf der LoRa (Long Range) Low Power WAN-Technologie, einem Netzwerkprotokoll, das speziell für Kommunikation im IoT entwickelt wurde. In der ersten Phase wird die Installation über 400 Millionen Menschen erreichen. Neben erfolgreichen Testprojekten in Mumbai, Delhi und Bangalore werden aktuell weitere 35 Proof-of-Concept-Anwendungen erprobt.

Das IoT-Netzwerk wird über eine bislang unerreichte Reichweite und Signalstärke verfügen und somit eine Kommunikation bis in eine Tiefe von 50 Metern ermöglichen. Damit eignet sich die Lösung ideal für U-Bahn-Stationen und Tiefgaragen. Auch innerhalb von Gebäuden lassen sich Signale über rund ein halbes Dutzend Wände weiterleiten. Entstanden ist das Netzwerk als ein Gemeinschaftsprojekt mit Partnern wie beispielsweise HPE.

Für die Installation neuer IoT-Services ist die Verwendung der jeweils passenden IoT-Plattform wichtig. Da der Markt noch im Entstehen ist, entwickelt sich rund um das IoT ein fragmentiertes Ökosystem mit ganz unterschiedlichen Anforderungen an die Geräte, an die TK-Systeme (BSS und OSS) sowie an die eingesetzten Applikationen und Services.

Letztlich wird jedes Unternehmen seine eigene IoT-Plattform auswählen wollen. Daher ist es wichtig, dass die technologische Umsetzung mit minimalen Investitionsausgaben erfolgen kann und gleichzeitig eine hohe Reichweite und Agilität der Plattform erreicht wird. Wichtig sind aber auch Geschäftsmodelle, die neue Umsätze durch IoT-Services erzeugen. Mithilfe einer cloudbasierenden IoT-Plattform und einer global verfügbaren Netzanbindung gelingt es jeder Organisation mit Smart City-Ambitionen, neue IoT-gestützte Dienste kontrolliert und transparent zu steuern.

Sicherheit in der hypervernetzten Stadt

Neue Netzwerktechnologien führen häufig auch zu Sicherheitsbedenken. Mehrere Hundert vernetzte IoT-Geräte in einer Stadt sind daher eine echte Herausforderung für die Netzwerksicherheit. Jedes Gerät ist potenziell angreifbar und könnte von Cyberkriminellen zu Angriffen wie eine DDoS-Attacke verwendet werden. Die Auswirkungen sind kaum vorstellbar und könnten die gesamte Stadt zum Erliegen bringen.

Für alle IoT-Anwendungen ist ein DDoS-Schutz bereits verfügbar. Es ist jedoch entscheidend, dass neue Smart City-Systeme von Grund auf so konzipiert werden, dass die Sicherheit im Mittelpunkt steht. Außerdem müssen Betreiber die Lösung kontinuierlich aktualisieren, um so auf potenziell neue Angriffswege zu reagieren.

Dennoch gilt: Je mehr sich eine Stadt vernetzt, desto angreifbarer wird sie. Hypervernetzte Systeme, in denen jedes Gerät auf andere Komponenten angewiesen ist, bergen die Gefahr eines Single-Points-of-Failure, also einer zentral angreifbaren Stelle, die zu einem kompletten Systemausfall führen könnte. Daher ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Regierungsstellen und dem privaten Sektor rund um das Thema IT und Netzwerksicherheit in der Smart City notwendig. Anstelle des öffentlichen Internets sollten beispielsweise hochgradig gesicherte und ausfallsichere private oder hybride Netzwerke für die IoT-Anwendungen zum Einsatz kommen.

Fazit

Was als eine Vision begann, ist in Deutschland und vielen anderen Teil der Welt in der Realität angekommen. Die Marktanalysten von IHS Markit schätzen, dass es im Jahr 2025 mehr als 88 Smart Cities weltweit geben wird. Im Jahr 2013 zählte IHS noch 21. All diese Projekte werden auf der Basis von modernen und extrem schnellen Netzen und einer Cloud-Infrastruktur entstehen - diese bilden die Grundlagen für IoT-fähige Anwendungen in einer Smart City. Daraus entstehen High-Tech-Innovationen und neue Geschäftspotenziale für Unternehmen. Noch bedeutsamer ist jedoch, dass diese Technologien dazu beitragen, das Leben der Menschen in den Städten zu verbessern.