Dr. Windows

Microsoft und Intel: Das Ende der Monogamie

Surface Intel AMD Snapdragon Logos

Abseits der schicken neuen Surface-Hardware gibt es zum heutigen Tage eine Geschichte, die auf jeden Fall erzählt werden muss. Es ist die Geschichte von Microsoft, Intel und dem endgültigen Ende ihrer über Jahrzehnte hinweg monogamen Beziehung.

Richtig, Microsoft hat zwischendurch bei Windows RT mit Nvidia gekuschelt, und AMD steuert traditionell die CPUs für die Xbox bei. Aber die Stückzahlen waren vernachlässigbar gering und die Produkte waren bzw. sind nicht bedeutend genug, als dass sie am heiligen Bund zwischen Windows und Intel hätten rütteln können.

Es sind im Wesentlichen drei historische Meilensteine, die man betrachten muss, will man verstehen, warum der heutige Tag eine Zäsur darstellt.

Windows RT

Mit Windows RT hat Microsoft im Jahr 2012 den ersten Giftpfeil in Richtung Intel geschossen. Die Redmonder wollten dünne, lüfterlose Windows Tablets, die es mit dem iPad aufnehmen können. Intel konnte und wollte nicht liefern, also schuf man Windows RT. Das war der Weckruf für Santa Clara, in Rekordzeit stampfte Intel die Atom-Plattform aus dem Boden, die Windows RT überflüssig machte. Microsoft beerdigte das Produkt mit zufriedener Ruhe – es hatte seinen Zweck erfüllt.

Windows Mobile

Als Microsoft erkennen musste, im Smartphone-Markt nicht bestehen zu können, entstand der Plan für das, was erstmals unter dem Namen “Surface Phone” die Runde machte. Der Name wird heute noch gerne von primitiven Klickfischern benutzt, um die Hoffnungen der naiven Fans und den Traffic auf der eigenen Seite zu erhalten – aber das ist eine Geschichte für einen anderen Tag.

Tatsächlich gab es die Idee für ein solches Gerät. Gemeinsam mit Intel wollte man die Symbiose aus PC und Telefon schaffen. Dann aber stampfte Intel sein mobiles Business komplett ein und Microsoft tat es ihnen in der Folge gleich. Ich weiß, dass der Rückzieher von Intel Microsoft seinerzeit völlig unvorbereitet traf, was wiederum ein historisch einmaliges Ereignis darstellte: Intel war plötzlich nicht mehr der Partner, auf den man sich immer blind verlassen kann.

Windows on ARM

Windows on ARM wird gerne als Neuauflage von Windows RT bezeichnet. Das ist völlig falsch, denn während RT darauf ausgerichtet war, eben nicht kompatibel mit Windows-Programmen zu sein, ist das bei WOA das erklärte Ziel.

In einem Punkt aber trifft der Vergleich ins Schwarze: Wieder sah sich Microsoft genötigt, Intel einen Tritt in den Allerwertesten zu verpassen, denn die Entwicklung bei den PCs war ins Stocken geraten. Die neue Plattform versprach überall dort große Sprünge, wo x86 nur noch kleine Fortschritte machte: Beim Standby, bei der Konnektivität und bei der Akkulaufzeit.

Die Antwort von Intel ließ wieder nicht lange auf sich warten: Project Athena soll die selben Ziele erreichen, die ersten vielversprechenden Geräte sind schon angekündigt. Sogar der Slogan “Always on, always connected”, der für Windows-Geräte mit Qualcomm-Chip steht, wird von Intel und den OEMs schamlos kopiert.

Dass Microsoft eigene Geräte mit AMD- und Qualcomm-Prozessoren just zu dem Zeitpunkt vorstellt, zu dem Intel das Marketing für Project Athena hochfährt, ist ein kleines bisschen Zufall, aber dennoch ein klares Signal: Microsoft will sich nicht mehr von Intel um den Finger wickeln lassen, man gibt sich nicht mehr damit zufrieden, dass sich der Ehepartner ins Zeug legt und hofft, die Affäre wird dann beendet. Die Nebenbuhler sind in die gemeinsame Wohnung eingezogen, und Intel wird sich mit ihnen arrangieren müssen.

Ich habe in der Einleitung vom “endgültigen Ende” gesprochen, obwohl ich lange genug in der Branche bin, um zu wissen, dass man solche Formulierungen nicht verwenden sollte. Natürlich ist nichts endgültig. Den Konkurrenzkampf, den Microsoft zwischen Intel, Qualcomm und AMD ausgerufen hat, werden die Redmonder jedoch schon aus ureigenem Interesse nicht so schnell wieder beenden.

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