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Rope-Skipping-Artistin aus Frankfurt: „Nur am Stück hüpfen ist doch lame“

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Mira Waterkotte trainiert oft im Frankfurter Hafenpark unweit der EZB: Sie unterrichtet persönlich, aber auch seit der Corona-Pandemie auch über Zoom. © Renate Hoyer

Mira Waterkotte springt nicht einfach Seil. Die Frankfurterin bewegt sich zwischen Artistik und Tanz. Nicht nur in Frankfurt, sondern weltweit buchen Leute ihre Kurse.

Frankfurt - Mira Waterkotte verdient ihr Geld mit Seilspringen. Der auslösende Moment, das Seilspringen zum Beruf zu machen, passiert auf einer Müllkippe in Tansania. Dort bringt die Frankfurterin vor ein paar Jahren drogenabhängigen Teenies und Waisenkindern das Seilspringen bei. „Und auch wenn das jetzt vielleicht kitschig klingt, aber das Glitzern in den Augen dieser Kinder, dieser eine Moment, in dem sie alle ihre Sorgen vergessen, diese Freude hat mich inspiriert, Seilspringen zu unterrichten“, sagt Waterkotte.

Überhaupt mache Hüpfen einfach glücklich. „Wenn man sich freut, also wenn beispielsweise ein Tor beim Fußball fällt, dann springt man immer auf. Das setzt Endorphine frei. Man ist sofort besser gelaunt.“ Das Seilspringen sei zudem ein Ganzkörpertraining. „Es ist die beste Ausdauersportart, um Kalorien zu verbrennen. In zehn Minuten verbrennt man 150 Kalorien“, sagt die Rope-Skipping-Artistin. So lautet ihre Berufsbezeichnung.

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Auch Handstand geht mal zwischendurch. Für Mira Waterkotte kein Ding. © Renate Hoyer

Rope-Skipping-Artistin aus Frankfurt: Eine Mischung aus Akrobatik und Tanz

An diesem Tag trainiert Waterkotte wie so oft am Frankfurter Hafenpark unweit der EZB. Meistens ist sie auf dem Basketball- oder Fußballplatz, weil sich der weiche Gummiboden besonders gut fürs Springen eigne. Das, was sie zeigt, ist kein normales Seilspringen: Die Sprünge sind eine Mischung aus Akrobatik und Tanz. Sie springt so schnell wie hoch, macht nebenbei auch mal einen Handstand oder Spagat.

Nie sieht sie dabei angestrengt aus, sondern sie hat immer ein Lächeln im Gesicht. „Sobald ich ein Springseil in der Hand halte, kann ich nicht anders als loszuhüpfen oder damit zu spielen“, sagt sie. Sie redet ungefähr so schnell, wie sie springt. „Ich muss mir immer neue Choreos ausdenken, auch für Turnvereine, die mich anfragen“, erzählt sie. Ihr Alter will sie nicht in der Zeitung veröffentlichen. „Ich selbst habe kein Problem mit meinem Alter. Aber in den sozialen Medien herrscht ein enormer Druck, jung zu sein. Jemand, der 25 ist, gilt als alt und damit automatisch als uncool. Deswegen veröffentliche ich mein Alter nicht. Aber wenn mich jemand direkt fragt, sage ich es natürlich.“

Frankfurt: Mehrfach gewinnt Waterkotte Deutsche Meisterschaften

Auf Instagram hat Waterkotte bereits über 20 000 Abonnenten. Sie unterrichtet Gruppen oder gibt Einzeltrainings. Außerdem tritt sie bei Hochzeiten oder Varietéshows auf. „Alle meine Showauftritte sind aber wegen Corona dieses Jahr abgesagt worden. Covid-19 hat mich businessmäßig bewegt, aus der Komfortzone zu kommen. Seit einem halben Jahr gebe ich nun auch Onlinekurse über Zoom.“ Anfängerkurse gibt sie nur im Einzelunterricht. „Weil die Vorkenntnisse einfach viel zu unterschiedlich sind“, sagt Waterkotte.

Eine Stunde Personal Training kostet 100 Euro, schließlich bringe sie über 20 Jahre Expertise mit, bilde auch Trainer beim Hessischen Turnerverband aus. Waterkotte ist in Darmstadt geboren und in Crumstadt aufgewachsen. Mit sieben Jahren fängt sie beim Turnverein TV Crumstadt mit Rope Skipping an. Rope Skipping gilt als anerkannte Sportart. „Meine beste Freundin hat mich da hingeschleppt. Am Ende war ich die Einzige, die weitermachte. Ich war da schnell ganz gut“, sagt sie und lacht. Sie tritt bei Wettbewerben an, vertritt Deutschland bei Europa- und Weltmeisterschaften.

Informationen

Kurse und Infos zu Mira Waterkotte finden sich unter www.mirawaterkotte.com. Auf Instagram ist sie unter www.instagram.com/mira_wate zu finden.

Mehrfach gewinnt Waterkotte die Deutschen Meisterschaften. „Aber man hat leider als Leistungssportlerin keine Chance, mit Rope Skipping Geld zu verdienen.“ Nach der Schule macht sie zunächst eine Ausbildung zur Sport- und Fitnesskauffrau. Fünf Jahre arbeitet sie im Vertrieb für eine große Fitnesskette. 2013 geht sie dann für die Fitnesskette für ein Jahr nach Melbourne, Australien. „Als ich nach Frankfurt zurückkam, habe ich mich bei der Arbeit unterfordert gefühlt und entschieden, spontan zu kündigen und mit meinem damaligen besten Freund auf Weltreise zu gehen.“ Dann beginnt sie zunächst in Südafrika, mit Jump-Rope-Freunden armen Kindern in den Townships das Seilspringen beizubringen. Danach folgten viele weitere soziale Projekte. Bis eben zum Unterricht auf der Müllkippe in Tansania, später engagiert sie sich auch in Porto Alegre in Brasilien.

Am Ende ihrer Weltreise wird sie in Hongkong für ein Sportcamp für Kinder gebucht. Nach zweieinhalb Jahren Weltreise kehrt sie dann im April 2019 nach Frankfurt zurück. Das Seilspringen wird ihr Beruf.

Seilspringen wird zu Beruf: Trainings über Zoom - Teilnehmer aus der ganzen Welt

Ihre Schülerinnen und Schüler sind Mitte 20 bis Mitte 50: Sie schalten sich aus Irland, Chile, USA und Thailand bis Brasilien zu. Über Zoom zeigt sie Hüpfkombinationen, Tricks mit dem Seil. Bei der TG Bornheim unterrichtet sie auch Jugendliche im Jump Rope Dance. Dabei springt man zum Beat der Musik auf eine Choreo. „Ich gebe auch Springseilkurse in Firmen zum Teambuilding, da springt man mit Kollegen und oder dem Chef. Ich gehe auch an Schulen. Seilspringen hilft auch bei mentalen Problemen oder wenn Kinder aggressiv sind. Das Seil fungiert als Connector, Balance zu schaffen, Leute zusammenzubringen.“

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Mira Waterkotte hat mit sieben Jahren mit dem Seilspringen im Turnverein angefangen. © Renate Hoyer

Aber Waterkotte will mehr: „Ich will ein Springseil produzieren lassen, das fair hergestellt wird. Und wenn man ein Seil kauft, soll ein zweites Seil automatisch an ein sozial benachteiligtes Kind in Afrika oder Deutschland gehen.“ Am liebsten würde sie es gleich und sofort machen. „Aber leider bin ich da abhängig von den Herstellern.“

Ach ja, ist Seilspringen alterslimitiert? Waterkotte sagt ganz deutlich „Nein. Seilspringen kann man immer lernen.“ Beeindruckt sei sie besonders von einer 65-jährigen Finnin gewesen. „In einer Stunde wollte sie den Double Under, also einmal hochspringen und zweimal das Seil unter den Füßen rotieren, lernen. Und ohne große Vorkenntnisse schaffte sie das auch.“

Wie viele Sprünge schafft Waterkotte eigentlich am Stück? Sie lacht und sagt: „Das werde ich so oft gefragt. Aber immer nur am Stück hüpfen ist doch lame.“ (Von Kathrin Rosendorff)

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